# taz.de -- Union nach nach der Wahl: Ab in die Opposition
       
       > CDU und CSU sind in einem so desolaten Zustand, dass sie keinesfalls
       > regieren sollten. Eine Erneuerung steht an – aber bitte in der
       > Opposition.
       
 (IMG) Bild: Einpacken für die Opposition: Banner in Stralsund
       
       Es ist ein wahres Trauerspiel, das die Union seit Sonntagabend aufführt.
       Kanzlerkandidat Armin Laschet klammert sich verzweifelt an die Hoffnung auf
       eine Jamaika-Koalition, um seine politische Karriere zu retten. CSU-Chef
       Markus Söder demontiert Laschet, was das Zeug hält. Und im Hintergrund
       laufen sich die Spahns, Röttgens und Merzens bereits warm, um die CDU zu
       übernehmen. Es hat etwas Selbstzerstörerisches, was da gerade zu beobachten
       ist.
       
       Dabei wird jeden Tag klarer: Die Union gehört in die Opposition. Sie hat
       die Bundestagswahl verloren, die SPD liegt anderthalb Prozentpunkte vorne
       und hat deutlich zugelegt, CDU und CSU dagegen sind eingebrochen. Und der
       übergroße Teil der Bevölkerung will Laschet laut Umfragen nicht als
       Kanzler.
       
       Natürlich kann grundsätzlich auch der Zweitplatzierte den Kanzler stellen;
       bei [1][Brandt (1969)] und Schmidt (1976 und 1980) war das der Fall. Aber
       die Union ist in so schlechter Verfassung, dass man ihr die Geschicke
       dieses Landes schon allein deshalb nicht anvertrauen mag. Seitdem Angela
       Merkel ihren Abschied angekündigt an, kreist die CDU um sich selbst. Das
       Kanzleramt aber ist nicht der richtige Platz für eine Selbsthilfegruppe.
       
       Nach 16 Jahren Kanzlerschaft ist die CDU, wie der
       [2][Politikwissenschaftler Thomas Biebricher] es nennt, eine „erschöpfte
       Partei“. Sie ist personell in desolatem Zustand, auch wenn es in der
       Generation nach Merkel und Laschet Talente wie Jens Spahn oder Daniel
       Günther gibt. Inhaltlich ist die CDU ausgehöhlt und gespalten, zuletzt
       haben das zwei Wahlen zum Parteivorsitz, die eigentlich 50:50 ausgingen,
       und die brutale Auseinandersetzung um die Kanzlerkandidatur deutlich
       gezeigt. Im Wahlkampf hat die CDU kein Thema gefunden, am Ende zauberte sie
       verzweifelt eine Rote-Socken-Kampagne hervor, um zumindest die Kernklientel
       zu mobilisieren.
       
       Nun ist durchaus möglich, dass die CDU in der Opposition nach rechts rückt
       und sich vielleicht auch im Zusammenspiel mit der AfD radikalisiert.
       Während etwas mehr konservatives Profil nicht Union nach Merkelschaden
       würde, weil es die Unterschiede zwischen den Parteien klarer macht,
       politischen Disput entfacht und damit der Demokratie eher nutzt als
       schadet, wäre ein anderer Weg gefährlich: das Abbiegen auf einen
       populistischen Kurs oder gar eine Annäherung an die AfD.
       
       Dagegen sprechen zwei Ergebnisse des Wahlabends: Zum einen hat Hans-Georg
       Maaßen, der Ex-Verfassungsschutzchef und CDU-Rechtsaußen, [3][den Kampf um
       ein Direktmandat in Südthüringen deutlich verloren] und damit gezeigt, dass
       ein Anbiederungskurs an die AfD für die CDU nicht erfolgreich ist. Zum
       anderen wurde wieder einmal klar, dass die Bundestagswahl in der Mitte
       gewonnen wird. Die Union hat auch deshalb so derbe verloren, weil sich
       Wähler:innen, die Merkel neu an die CDU gebunden hatte, von dieser
       abwandten. Und sie orientierten sich in der großen Mehrheit eben nicht nach
       rechts, sondern votierten für SPD und die Grünen.
       
       Trotz all dem sind in der CDU weiter Stimmen zu hören, die meinen, dass die
       Partei Stimmen von der AfD zurückgewinnen oder ihr Glück mit Friedrich Merz
       versuchen soll. In die Zukunft aber führt man die CDU ganz gewiss nicht mit
       einer Volte in die Vergangenheit. Auch die Lage in Ostdeutschland, [4][wo
       die CDU große Probleme hat und die AfD stark ist], spricht gegen eine
       Jamaika-Koalition. Denn Schwarz-Grün-Gelb würde das Votum der
       Wähler:innen dort schlicht nicht repräsentieren.
       
       Nun besteht das Risiko, dass sich die Union in der Opposition so richtig
       zerlegt. Die Disziplinierung der Regierungsbeteiligung würde wegfallen, die
       Fliehkräfte sind groß. Größer aber scheint derzeit die Gefahr, dass sich
       die CDU als Teil einer Koalition noch vier weitere Jahre durchwurstelt –
       und am Ende noch desolater als heute dasteht. Das kann sich niemand
       wünschen, auch wenn man die Positionen der Partei nicht teilt. Schließlich
       erfüllen die Christdemokrat:innen eine wichtige Funktion im
       demokratischen Parteienspektrum.
       
       1 Oct 2021
       
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 (DIR) [2] /CDU/CSU-in-der-Krise/!5797034
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