# taz.de -- Rüstungsfirma will Staatsbeteiligung: U-Boote aus der Staatswerft?
       
       > Die Kieler Rüstungsfirma TKMS wünscht sich eine Beteiligung des Bundes,
       > um beim Wettbewerb um internationale Aufträge bessere Chancen zu haben.
       
 (IMG) Bild: Verkauft an die ägyptische Marine: U-Boot der Klasse HDW 209/1400mod auf der Kieler Werft von TKMS
       
       HAMBURG taz | Die Kieler Werftengruppe Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS)
       ist im April 2016 in einem Auswahlverfahren zum Bau von zwölf neuen
       U-Booten für Australien unterlegen. Das Rennen machte der französische
       Konkurrent DCNS, heute Naval Group – ein Staatsunternehmen. Das entgangene
       Auftragsvolumen betrug rund 35 Milliarden Euro.
       
       Zwar hatte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber der
       australischen Regierung in Canberra für den Deal stark gemacht, doch
       letztlich machen Privatunternehmen in Deutschland die Rüstungsgeschäfte
       selber – oder gehen eben leer aus. So hatte die französische DCNS den
       Vorteil, als Staatsunternehmen volle Rückdeckung von der Pariser Politik zu
       erhalten und ein kompaktes Paket schnüren zu können.
       
       Unerwartete Kehrseite der Medaille: Mitte September trat ein noch stärkerer
       Player auf den Plan: [1][Hinter dem Rücken des Nato-Partners Frankreich
       vereinbarten Großbritannien und die USA ein neues Sicherheitsbündnis mit
       Australien, das auch den Bau der U-Boote umfasst.] Paris war so verstimmt,
       dass es seine Botschafter aus Washington und Canberra zurückrief – ein
       diplomatischer Eklat.
       
       Trotzdem dürfte der geplatzte Australien-Auftrag für Oliver Burkhard, dem
       starken Mann bei TKMS, ein Schlüsselerlebnis gewesen sein. Am Rande der
       Grundsteinlegung für eine neue U-Boot-Halle in Kiel ließ der
       Aufsichtsratsvorsitzende der maritimen Thyssen-Krupp-Division kürzlich
       durchblicken, dass TKMS eine staatliche Beteiligung für wünschenswert
       halte.
       
       Schon länger wünschen sich auch führende maritime Politiker in der Großen
       Koalition, darunter der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse,
       einen nationalen Champion im Marineschiffbau. Der könne im Kern aus den
       beiden großen Werftgruppen in Deutschland, TKMS und Lürssen (unter anderem
       Blohm+Voss), bestehen und es mit der europäischen Konkurrenz besser
       aufnehmen. Auch an den anderen wichtigen Konkurrenten, den großen
       Marinewerften in Italien und Spanien, ist der Staat maßgeblich beteiligt.
       
       Der seit Jahrzehnten immer wieder von Managern und Politikern ins Spiel
       gebrachte Vorschlag eines „Marine-Airbus“ scheiterte bislang an nationalen
       Interessen und den Interessengegensätzen zwischen staatlichen und privaten
       Konzernen. Eine Staatsbeteiligung an TKMS könnte also den Weg freimachen
       für einen europäischen Champion. Der würde, so die Erwartung der
       Befürworter, auf dem angesichts zunehmender globaler Konflikte rasant
       wachsenden Weltmarkt für U-Boote, Fregatten und andere Kriegsschiffe mehr
       Durchschlagskraft entwickeln.
       
       „Doch seit der Ankündigung vor mehr als 18 Monaten ist in Sachen
       Konsolidierung nichts passiert“, klagt Burkhard über die Bundesregierung.
       So schließt der Aufsichtsratsvorsitzende von TKMS auch eine staatliche
       Beteiligung am Konzern nicht aus: „Wir können uns das vorstellen und loten
       da alles aus.“
       
       Über volle Auftragsbücher verfügt TKMS bereits. Erst im Juli wurde das
       vierte U-Boot an die Marine Ägyptens in Kiel übergeben. Und das Unternehmen
       mit rund 4.000 Beschäftigten ist nach einem Bericht des NDR in der engeren
       Auswahl für den Bau neuer niederländischer Unterseeboote. Seit den
       1960er-Jahren verkauften die Kieler über 160 U-Boote an Dutzende Marinen.
       Damit sehen sie sich als Weltmarktführer
       
       TKMS hat sich spezialisiert auf „grüne“ Antriebe mit Brennstoffzelle, sie
       sind weltweit die ersten außenluftunabhängigen Boote. Eine Rekordfahrt der
       Deutschen Marine dauerte 18 Tage unter Wasser. Die Brennstoffzellen-Boote
       von TKMS gelten zudem als besonders leise und ideal für flache Gewässer wie
       die Mittelmeerküste oder skandinavische Fjorde. Torpedos und weiteres
       Equipment liefert die Tochtergesellschaft Atlas-Elektronik in Bremen, die
       mehr als 1.500 Menschen beschäftigt.
       
       Am gleichen Tag, als das Platzen des U-Boot-Geschäfts der Franzosen bekannt
       wurde, haben Aufsichtsratsboss Burkhard und Oberbürgermeister Ulf Kämpfer
       (SPD) auf dem Werftgelände in Kiel den Grundstein für eine neue hochmoderne
       Schiffbauhalle gelegt. In den kommenden Jahren will TKMS insgesamt 250
       Millionen Euro in den Standort investieren, um nach eigenen Angaben auch
       künftig die modernsten U-Boote der Welt zu bauen.
       
       In der direkt an der Förde gelegenen Halle sollen ab dem Jahr 2023 U-Boote
       vom Typ 212 CD gebaut werden. Thyssenkrupp hatte im Juli den Auftrag von
       Norwegen und Deutschland zum Bau von sechs U-Booten der Klasse 212 CD
       bekommen. Zuvor hatte der Bundestag in Berlin über mehrere
       milliardenschwere Rüstungsaufträge entschieden. Für die zwei deutschen
       Boote wurden 2,8 Milliarden Euro bewilligt. Norwegen wird vier Boote
       abnehmen für rund 4,5 Milliarden Euro. Die neue Schiffbauhalle ist damit
       bis zum Jahr 2034 ausgelastet.
       
       27 Sep 2021
       
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