# taz.de -- Nach dem Linken-Wahldesaster: Linksfraktion: Aus Alt mach Neu > Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch bleiben Fraktionsvorsitzende. Als > Bundestagsvizepräsidentin kandidiert Petra Pau. (IMG) Bild: Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch in der fraktionssitzung am 25. Oktober BERLIN taz | Die Linke im Bundestag hält an ihren beiden Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch fest. Beide wurden am Montag mit knapp 77 Prozent erneut an die Spitze der geschrumpften Fraktion gewählt. In einem Pressestatement nach der Sitzung sprach Bartsch von einem „sehr guten Ergebnis und von einer überzeugenden Abstimmung.“ Die Fraktion habe die gewählt, die sie als „am geeignetsten“ für den Job halte. Mohamed Ali sagte, sie habe bei ihrer Wahl vor zwei Jahren das Angebot für einen Neuanfang und mehr Zusammenhalt gemacht. Diesen Weg wolle die Mehrheit der Fraktion weiter gehen. Auch der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte wurde mit über 80 Prozent im Amt bestätigt. Für den Posten der Vizepräsidentin des Bundestags schlägt die Linke erneut Petra Pau vor. Damit setzt die Fraktion nach dem Desaster bei der Bundestagswahl auf personelle Kontinuität. Die Linkspartei [1][halbierte ihr Ergebnis am 26. September nahezu und erreichte nur 4,9 Prozent]. Dass es sie als Fraktion überhaupt noch gibt, verdankt die Partei drei Direktmandaten und einer Besonderheit der Geschäftsordnung. Selbst wenn weniger als 5 Prozent der Wähler:innenstimmen für eine Partei votieren, darf sie mit drei direkt gewählten Abgeordneten entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen. Unter den 736 Abgeordneten des Bundestages stellt die Linke nur 39. Da diese aber mehr als 5 Prozent entsprechen, gelten die Linken dennoch als Fraktion, auch wenn sie nunmehr die kleinste sind. Das katastrophale Abschneiden bei der Bundestagswahl lasten nicht wenige Genoss:innen auch der Fraktionsspitze, vor allem Dietmar Bartsch an. Der war auch Spitzenkandidat im Wahlkampf. Das von ihm geschmiedete Machtbündnis in der Fraktion von Teilen der orthodoxen Linken und der Pragmatiker habe „toxisch“ gewirkt, hieß es. Debatten wurden nicht mehr inhaltlich, sondern nach Lager geführt. Zudem gaben bei heiklen Themen, etwa in der Außenpolitik, radikale Minderheiten den Ton an und forderten unter anderem Solidarität mit Venezuela. ## Rufe nach Neuaufstellung In den Wochen seit der Wahl waren daher Rufe nach einer Neuaufstellung der Fraktion laut geworden. Das forderte etwa der ehemalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger [2][in einem Thesenpapier] zur Wahlauswertung. „Das Bündnis von Teilen der Reformer mit den Traditionalisten um Wagenknecht hat die Fraktion gelähmt“, schreibt Riexinger. „Eine Fortsetzung wäre inhaltlich perspektivlos.“ Als mögliche neue Fraktionsvorsitzende waren sowohl Korte als auch die Parteivorsitzende Janine Wissler im Gespräch. Auch der [3][Gewinner des Leipziger Direktmandats Sören Pellmann] hätte sich den Posten zugetraut. Keiner der drei trat aber letztendlich gegen Bartsch und Mohamed Ali an. Denn Kampfkandidaturen und ein erneuter Machtkampf sollten auf jeden Fall vermieden werden. Verantwortung für das schlechte Abschneiden wies Bartsch von sich ab. Er nannte vielmehr die Zerstrittenheit der Partei als einen Grund. „Das muss aufhören.“ ## Antrag auf Rücktritt abgelehnt Der Parteivorstand hatte am Wochenende einen Antrag abgelehnt, in dem Bartsch und Mohamed Ali aufgefordert wurden, ihre Ämter aufzugeben. Die Vorstandsmitglieder beschlossen aber, dass Parteiführung und Fraktion künftig enger zusammenarbeiten sollen. „Wir müssen nach einem solchen Ergebnis grundlegender nachdenken als über einen Gesichtertausch“, heißt im Beschluss, der der taz vorliegt. Partei und Fraktion sollten im nächsten Jahr eine Zukunftsperspektive erarbeiten, „der dann strategische und personelle Konsequenzen folgen können“. Auf die Linksfraktion kommen nach Mohamed Ali schwierige Zeiten zu. „Wir werden mit weniger Mitteln und weniger Personal arbeiten. Deshalb werden wir effektiver arbeiten und Schwerpunkte setzen müssen.“ Am Mittwoch und Donnerstag trifft sich die Linksfraktion zur vertieften Besprechung in Leipzig. Dort will sie auch die übrigen Mitglieder des Fraktionsvorstands inklusive der Stellvertreter:innen wählen. Wie viele das sein werden, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest. 25 Oct 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Linken-Absturz-bei-der-Bundestagswahl/!5800259 (DIR) [2] https://www.bernd-riexinger.de/aktuell/ (DIR) [3] /Linkspartei-in-der-Krise/!5805756 ## AUTOREN (DIR) Anna Lehmann ## TAGS (DIR) Amira Mohamed Ali (DIR) Die Linke / Linkspartei (DIR) Linksfraktion (DIR) GNS (DIR) Dietmar Bartsch (DIR) Ausschuss (DIR) Susanne Hennig-Wellsow (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Janine Wissler (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Linke streiten um Klimavorsitz: Im Ernst? Gegen Pläne der Linksfraktion, den Klimaausschuss an den Nordstream2-Fan Klaus Ernst zu übertragen, regt sich breiter Protest. (DIR) Kampf gegen die Coronapandemie: Führende Linke für Impfpflicht Eine verpflichtende Impfung als Ultima Ratio – dafür plädiert nun Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow. Am Dienstag diskutiert der Parteivorstand. (DIR) Nach Desaster bei der Wahl: Linksfraktion will sich rückbesinnen Man solle sich auf soziale Gerechtigkeit konzentrieren, sagt die Fraktionsspitze der Linkspartei. Diversität, Migration und Gleichstellung werden nicht erwähnt. (DIR) Nach Pleite bei Bundestagswahl: Linke ringt um Neuaufstellung Der Parteivorstand der Linken will bei der Entscheidung über die Fraktionsspitze mitmischen. Er befürchtet: Trotz Wahldebakel bleibt es, wie es ist. (DIR) Partei in der Krise: Linke will für gutes Klima sorgen Die Linke sucht den Weg aus der Krise und beschließt erste Schritte. Klima soll eine größere Rolle spielen. Die Kritik an Fraktionschef Bartsch wächst. (DIR) Linke verliert bei der Bundestagswahl: Die verlorene Platte Zwanzig Jahre lang hat Petra Pau Marzahn-Hellersdorf gewonnen. Doch jetzt triumphiert im Berliner Osten ein CDU-Mann. Wie konnte das geschehen?