# taz.de -- Schimpfwörter für Kinder: Himmel, Arsch und Pupskackamama
       
       > Wenn kleine Kinder fluchen, will man sie korrigieren – dabei ist das doch
       > ganz normal. Doch welche Schimpfwörter sind kindgerecht?
       
 (IMG) Bild: „Du Gurke“ ist das bessere Schimpfwort, weil es keine Menschen verflucht
       
       „Shit“, entfährt es mir, als das heiße Wasser aus dem Hahn über meine
       rechte Hand läuft. „Wie bescheuert kann man sein“, denke ich und lasse
       kaltes Wasser hinterherrinnen. Links halte ich das Baby auf meiner Hüfte
       und es [1][gluckst freudig].
       
       Es hat eine seltsame Form von Humor. Wann immer hier jemand sauer ist,
       Schmerzen hat oder weint, hat es den Spaß seines Lebens. Vor Kurzem hat
       sich der Vierjährige den Zeh so am Tisch gestoßen, dass ihm die Tränen
       waagrecht aus den Augen spritzten und das Baby hat sich vor Lachen gar
       nicht mehr eingekriegt. Ist schwierig, dann ernst zu bleiben.
       
       „Schit! Schit! Schit!“, ruft der Vierjährige aus dem Flur. Mistmistmist,
       verdammter, er hat es gehört! Ich fange an, etwas von „Schippe“ zu faseln
       und hoffe, er vergisst es. Im Moment hat er die Aufmerksamkeitsspanne eines
       Goldfisches, also stehen die Chancen gut. Doch Schimpfwörter sind sein
       neues Hobby. Er bringt sie aus der Kita mit. Er bringt vieles aus der Kita
       mit. Vor allem Zeichnungen, Viren und Sprachgewohnheiten.
       
       ## Fäkalsprache ist superwitzig
       
       Wenn ich ihn abhole, spricht er manchmal in einem eigenartigen Tonfall und
       in die Länge gezogen. Oft benutzt er plötzlich falsche Artikel und
       Konjugationen. Sein Freund sagt etwa „gelagen“ statt „gelegen“. Und der
       Vierjährige denkt, sein Freund weiß das besser als seine
       Journalistinnenmutter, also sagt er jetzt auch „gelagen“.
       
       Er sagt auch gerne „Kacke“ und „Pups“ und wenn er sich über mich ärgert:
       „blöde Pupskackamama“. Fäkalsprache findet er gerade superwitzig. Alles
       sieht aus wie Kacke und riecht wie Pups. Mich nervt das. Hilft aber eben
       nicht gerade, wenn [2][die Mutter englische Fäkalsprache benutzt].
       
       Manchmal möchte ich [3][ihn korrigieren], wenn er flucht. Dabei finde ich
       es eigentlich okay. Ich fluche auch und [4][das soll ja sogar gesund sein].
       Irgendwo müssen die Emotionen ja hin. Allerdings hätte ich gerne, dass er
       und ich lernen, [5][diskriminierungsarm zu schimpfen]. Nur ist das gar
       nicht so leicht. Mein Schimpfvokabular ist wienerisch – also groß und
       selten für Kinder geeignet.
       
       ## Schimpfwörter für Kinder
       
       Also habe ich im Internet nach „Schimpfwörter für Kinder“ gesucht und bin
       nicht fündig geworden. Also ja, schon. Aber die Wörter, die ich vermeiden
       will, wie „blöd“, „dumm“, „doof“, „Idiot“, „Depp“ und „Trottel“ werden
       weitläufig als kindgerecht empfunden. Auch meine Lieblingswörter
       „bescheuert“ und „beknackt“ sind tabu, sie werten systematisch Menschen ab,
       die nicht einer vermeintlichen Norm entsprechen.
       
       Wir haben uns nun darauf geeinigt, dass er „du Vogel“ und „du Gurke“ sagen
       kann, wenn er muss. Aber eigentlich hatten wir uns auch mal darauf
       geeinigt, dass wir lieber die Sache oder Taten verfluchen als Menschen.
       Ganz zufrieden bin ich damit also nicht.
       
       Die Sache beschimpft er sonst mit „blöd“ oder „doof“, dazu ist mir nichts
       anderes eingefallen als: „Das ist Mist.“ Ihn dazu ermutigen, „das ist
       kacke“ zu sagen, dazu konnte ich mich nicht durchringen. Auch weil das wohl
       ein Gespräch in der Kita nach sich ziehen würde.
       
       9 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Das-Gefuehlskarussell-von-Kindern/!5780079
 (DIR) [2] /Mehrsprachliche-Bildung/!5772834
 (DIR) [3] /Kolumne-Heult-doch/!5797000
 (DIR) [4] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/ejsp.2264
 (DIR) [5] https://www.jetzt.de/politik/beleidigen-fluchen-politisch-korrekt
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Saskia Hödl
       
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