# taz.de -- Umstrittener Kandidat für Interpol: So werden Diktaturen normalisiert
       
       > Ein Emirati unter Folterverdacht könnte Interpol-Präsident werden. Die
       > Organisation hat aber eine Wahl – und sollte sich besser anders
       > entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Interpol-Zentrale im französischen Lyon
       
       Es ist ja richtig, dass der Präsident von Interpol nicht das Tagesgeschäft
       der internationalen Polizeiorganisation führt. Der eigentlich wichtige
       Posten ist der des Generalsekretärs. Doch sich darauf auszuruhen und einen
       [1][Kandidaten zum Präsidenten zu wählen, dem Folter vorgeworfen wird],
       ist, als ob man sagte: Lasst uns einen Neonazi zum Bundespräsidenten
       machen, die Regierungsgeschäfte führt ja die Kanzler*in.
       
       Auch dass Ahmed Nasser Al-Raisi bislang nicht verurteilt, sondern nur wegen
       Foltervorwürfen angeklagt ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Zunächst
       gilt die Unschuldsvermutung. Doch das Präsidentenamt ist von hoher
       symbolischer Bedeutung und Al-Raisi ist ein Vertreter des Regimes der
       Emirate, das Menschenrechte ohne jeglichen Zweifel mit Füßen tritt.
       Interpols Generalversammlung wäre also gut beraten, nicht für Al-Raisi zu
       stimmen. Eine Gegenkandidatin ist ja bereits im Rennen.
       
       Hohe Ämter können genauso dem Whitewashing autoritärer Herrschaft dienen
       wie etwa [2][Konzerte der Wiener Philharmoniker]. Diese lassen sich aktuell
       von Ägyptens Regime einspannen: Sie spielen ihre Konzerte am Wochenende
       nicht für die Ägypter*innen in Kairo, sondern eröffnen in Diktator Sisis
       neuer Prestigehauptstadt das Opernhaus.
       
       ## Es ist die Symbolik, stupid!
       
       Mit Autokraten muss man reden – siehe Merkel mit Lukaschenko –, mit den
       Bevölkerungen muss man in Austausch treten. Aber manche Dinge kann man auch
       einfach sein lassen. Es ist die Symbolik, stupid!
       
       Klar, Symbolik schadet niemandem direkt. Aber sie normalisiert die
       Autokraten dieser Welt und ihr groteskes Vorgehen gegen Andersdenkende.
       Während Interpol Gefahr läuft, den Emiraten den Hof zu machen und die
       Wiener Philharmoniker mit Schubert und Mozart Ägyptens Militärherrschern
       den Hintern pudern, schmoren unschuldige Aktivist*innen wie Ahmed
       Mansoor in den Emiraten oder Alaa Abdel Fattah, der am Donnerstag seinen
       40. Geburtstag in ägyptischer Haft „gefeiert“ hat, in den Kerkern.
       
       18 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Praesidentenposten-von-Interpol/!5816237
 (DIR) [2] https://www.wienerphilharmoniker.at/de/konzerte/konzert-in-kairo/10186/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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