# taz.de -- Hungerstreik für Pressefreiheit: Bloggerin steht vor Hungertod
       
       > Weil sie kritisch über die Pandemie berichtete, befindet sich die
       > Journalistin Zhang Zhan in Haft. Seit mehreren Monaten ist sie im
       > Hungerstreik.
       
 (IMG) Bild: Zhang Zhan in einem Youtube-Video, das sie im Dezember 2020 veröffentlichte
       
       PEKING taz | Zhang Zhans letzte Stunden in Freiheit sind nach wie vor auf
       Youtube dokumentiert. In den Abendstunden des 14. Mai 2020 filmt die
       38-Jährige ein kurzes Selfie-Video mit ihrem Smartphone, im Hintergrund
       erkennt man den Bahnhof Hankou in Wuhan. Wenige Stunden später wird die
       Bloggerin festgenommen.
       
       Vor wenigen Tagen nun hat ihr Bruder Alarm geschlagen. Zhang Zhan, die eine
       vierjährige Haftstrafe absitzt, sei durch ihren mehrmonatigen Hungerstreik
       körperlich am Ende. Sie wiege bei einer Körpergröße von 1,77 Metern nicht
       einmal mehr 40 Kilogramm. „Sie wird den kommenden Winter möglicherweise
       nicht überleben“, schrieb Zhang Ju auf seinem Twitter-Account. Von Amnesty
       International bis Human Rights Watch haben internationale
       Menschenrechtsorganisationen die chinesische Regierung dazu aufgerufen,
       Zhang Zhan endlich zu begnadigen.
       
       Dass sie überhaupt im Gefängnis sitzt, beweist die rigide
       Null-Toleranz-Politik, mit der der chinesische Staat gegenüber kritischen
       Stimmen vorgeht. Zhangs „Verbrechen“ sind 122 Videoclips, die sie im
       letzten Frühjahr während ihrer Recherche-Streifzüge durch Wuhan aufgenommen
       hat. Darin zeigte sie in verwackelten Aufnahmen die chaotischen Zustände in
       völlig überfüllten Spitälern, interviewte Bürger und kritisierte immer
       wieder die Regierung.
       
       1983 wurde Zhang in der nordwestlichen Provinz Shaanxi geboren. Über ihre
       Jugend ist wenig bekannt, außer dass sie in Chengdu Finanzwissenschaften
       studiert hat. Später zog die praktizierende Christin nach Shanghai, wo sie
       als Anwältin arbeitete. Doch verlor sie schon bald ihre Anwaltslizenz –
       weil sie – wie so viele andere Kolleginnen und Kollegen – politisch heiklen
       Fällen nachging.
       
       ## Zhang solidarisierte sich mit Protestierenden in Hongkong
       
       Zhang setzte ihr Engagement auf einem anderen Feld fort. Sie wurde
       Bloggerin und kritisierte auf sozialen Medien die „Ein-Partei-Diktatur“
       Chinas und die Korruption der politischen Eliten. 2018 wurde sie erstmals
       von der Polizei vorgewarnt, im April 2019 gar für zehn Tage in
       Untersuchungshaft genommen. Der Vorwurf lautete – wie immer, wenn es im
       chinesischen Recht um Dissidenten geht – „Streit anzetteln und Ärger
       provozieren“.
       
       Im September desselben Jahres folgte die erste, größere Eskalation. Während
       die pro-demokratischen Proteste in Hongkong jeden Samstag hunderttausende
       Demonstranten mobilisierten, zog es die 38-Jährige auf die belebte
       Fußgängerzone „Nanjing Road“ in Shanghai, um ihre Solidarität auszudrücken.
       „Ende des Sozialismus, nieder mit der Kommunistischen Partei“, stand auf
       ihrem mitgeführten Regenschirm geschrieben. Rund zwei Monate wurde sie
       daraufhin in Untersuchungshaft gesperrt, und schon damals protestierte
       Zhang mit [1][Hungerstreik].
       
       Diese Form des Widerstands geht sie nun erneut. [2][Als Zhangs Prozess Ende
       2020 begann, erschien sie körperlich bereits deutlich geschwächt im
       Gerichtssaal]. Mental jedoch zeigte sie sich kampfbereit: „Glauben Sie
       nicht, dass Ihr Gewissen Ihnen sagen wird, dass es falsch ist, mich auf die
       Anklagebank zu setzen?“, sagte sie zu dem vorsitzenden Richter.
       
       Dieser wollte schließlich von Zhang Zhan wissen, ob die Anschuldigungen
       wahr sein. Statt direkt zu antworten, entgegnete die Angeklagte mit einer
       historischen Anspielung: „In der Han-Dynastie war Verleumdung gegen die
       Regierung noch kein Verbrechen“. Daraufhin, so berichtet es Zhangs
       Verteidiger, haben sich der Staatsanwaltschaft und Richter nur ungläubig
       angeschaut.
       
       7 Nov 2021
       
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