# taz.de -- Schauspieler Volker Lechtenbrink tot: Er schlüpfte in alle Rollen
       
       > Mal Verbrecher, mal Komiker – als Schauspieler war Volker Lechtenbrink
       > virtuos; als Sänger hatte er ein Händchen für Wehmut in
       > Mainstreamprodukten.
       
 (IMG) Bild: Lechtenbrink im Theaterstück „Leben, so wie ich es mag“ in Hamburg 2014
       
       Er war schon lang eine Art festes Inventar hiesiger Bühnenkunst: Volker
       Lechtenbrink, 1944 im ostpreußischen Cranz bei (so der einstige Name)
       Königsberg geboren, Spross einer ambitionierten Familie, zur Schule
       gegangen im Johanneum, einer vornehmen Einrichtung in Hamburg – und
       schließlich bekennender Hamburger.
       
       Mit 14 Jahren spielte er in Bernhard Wickis antimilitaristischem Filmdrama
       „Die Brücke“ mit, besuchte erst danach die Schauspielschule und war
       schließlich nie mehr wegzudenken aus den TV-Produktionen aus
       bundesdeutschen Landen.
       
       Berühmt wurde er freilich nicht durch Auftritte in „Derrick“- oder „Alle
       meine Tiere“-Folgen, auch nicht durch Rollen in Rosamunde-Pilcher- und
       Inga-Lindström-Filmen, sondern durch ein Lied: Die melancholische Schnulze
       „Ich mag“, erschienen in den Achtzigern, lieh sich eine Malzkaffeefirma für
       einen Werbespot aus – Lechtenbrink hatte ein feines Händchen für die
       wehmütigen Nöte, die in jedem Mainstreamkulturprodukt zur Geltung zu kommen
       haben.
       
       In diesem Sinne war es auch kein Wunder, dass Lechtenbrink 1983 das
       deutsche Lied für den damals noch Grand Prix Eurovision textete,
       „Rücksicht“ vom Duo Hoffmann & Hoffmann, ein Beitrag, der perfekt
       Lechtenbrinks moralischen Standard einfasste: Respekt, Empathie und
       Verständnis und eine Abscheu vor autoritären, ja soldatischen Tugenden.
       
       ## Sonor ohne zu dröhnen
       
       Bis in die jüngste Zeit arbeitete Lechtenbrink in vielen Bereichen, war
       auch Intendant am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater, bekam 2010 für die
       Darstellung in dem Stück „Frost/Nixon“ den Rolf-Mares-Preis, machte weiter
       Musik, nahm Rollen eben auch für die populären TV-Genres an und sprach
       Hörspiele ein.
       
       Hörte man ihm zu, fiel vor allem Inhalt besonders seine sonore Stimme auf,
       tragend, ohne zu dröhnen, selbst in den leisen Passagen, ganz der gelernte
       Akteur, klar vernehmlich, ohne sich ins atonal Brummelige zu mogeln.
       Lechtenbrinks Stimme kannte man indes, auch ohne ihn direkt zu sehen: Er
       war die deutsche Synchronstimme für Hollywoodberühmtheiten wie Burt
       Reynolds, Dennis Quaid und besonders für den von ihm verehrten Sänger und
       Schauspieler Kris Kristoffersen, dem er auch musikalisch nachzueifern
       suchte, mit respektablem Erfolg, etwa mit dem Album „Der Spieler“.
       
       In einem Gespräch zu seinem 70. Geburtstag hatte Lechtenbrink mit Blick auf
       sein berufliches Leben gesagt: „Ich habe alles gespielt: vom Mörder bis zum
       Liebhaber, vom Verbrecher bis zum Komiker“ – und exakt dieses Spektrum habe
       ihn als Schauspieler zufrieden gemacht, weder auf die eine Rolle noch auf
       den anderen Typus festgelegt zu werden.
       
       Freunde und Freundinnen erinnern sich an einen wunderbaren Erzähler (und
       Zuhörer), an noble Gastfreundschaften durch ihn und jede Menge Energie.
       77-jährig ist Volker Lechtenbrink am Montag in Hamburg nach langer
       Krankheit gestorben.
       
       23 Nov 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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