# taz.de -- Studie zu Steuerdumping in Europa: Reiche schaden EU
       
       > EU-Staaten wie Italien und Zypern unterbieten sich gegenseitig im
       > Wettstreit um Wohlhabende. Das belaste andere Steuerzahler, so eine
       > Studie.
       
 (IMG) Bild: Aggressives Buhlen um die Reichen: Yachthafen von Limassol in Zypern
       
       BERLIN taz | Europas Steuersysteme leiden unter einem Wettbewerb um
       superreiche außereuropäische Ausländer*innen. Von einem „verbreiteten
       wirtschaftlichen Phänomen“ spricht das EU Tax Observatory in seiner am
       Montag veröffentlichten Untersuchung. Die Sparmodelle für die Reichen seien
       „immer aggressiver geworden“, schreibt das Institut, das der [1][Ökonom
       Gabriel Zucman] leitet. Die EU-Steuerbeobachtungsstelle ist ein öffentlich
       finanziertes Institut, das Studien zur innereuropäischen Besteuerung
       durchführt.
       
       Besonders aggressiv um reiche EU-Ausländer*innen werben [2][laut der
       Studie] Italien, Griechenland, Portugal und Zypern. Sie bieten die
       vorteilhaftesten Systeme für begüterte Pensionäre, gut verdienende
       Manager*innen, Banker*innen oder Wissenschaftler*innen, Show- oder
       Fußballstars.
       
       Um vermögende Rentner*innen anzulocken, werden so in Italien
       Auslandseinkommen für lange Zeit nur mit einer Pauschalsteuer belegt. Laut
       einer weiteren Sonderregel können zudem dort lebende Forscher*innen
       Anspruch auf den Abzug von 90 Prozent ihres Einkommens erheben – effektiv
       werden also nur 10 Prozent ihres Einkommens steuerpflichtig.
       
       Zwischen 1995 und heute sei die Zahl der Steuerregelungen, die hohe
       Einkommen begünstigten, in den EU-Staaten von 5 auf 28 gestiegen. Dies habe
       zu Entlastungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro geführt. Davon hätten
       bisher mehr als 200.000 Begünstigte profitiert. Laut den
       Studienautor*innen entspricht diese Summe dem Jahresbudget des
       Erasmus-Programms.
       
       ## Superreiche Leben auf Kosten von Rest-EU
       
       Was die einen bekommen, fehlt den anderen: Das Steuerdumping gefährde die
       Staatsressourcen und benachteilige diejenigen Menschen, die ihren
       Steuersitz nicht ohne Weiteres verlagern können, also Ärmere. Diese müssten
       einen erheblichen Teil der Steuerlast tragen. Der Steuerwettbewerb um die
       Wohlhabenden führe zudem dazu, dass die Reichen niedrigere effektive
       Steuersätze zahlen als der Rest der Bevölkerung.
       
       „Steuerliche Extrawürste für wenige Superreiche gehen auf Kosten von 450
       Millionen EU-Bürgerinnen und Bürgern“, sagte der grüne EU-Parlamentarier
       Sven Giegold. „Insbesondere Länder wie Deutschland, das sich nicht am
       Steuerwettlauf um Superreiche beteiligt, haben das Nachsehen.“ Bislang
       [3][fehle es in der EU am Willen], dieser Art des Steuerschadens einen
       Riegel vorzuschieben.
       
       23 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Staroekonom-tritt-in-EU-Dienst/!5728735
 (DIR) [2] https://www.taxobservatory.eu/new-forms-of-tax-competition-an-empirical-investigation/
 (DIR) [3] /Steuertransparenz-in-der-EU/!5776139
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Enno Schöningh
       
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