# taz.de -- Die Wahrheit: Anna und Arthur halten’s Maul
       
       > Im Gum ist wieder der Teufel los. Oder im Stadtrat von Rüsselsheim. Und
       > wer waren noch mal Anna und Arthur? Finde es heraus.
       
       Theo und ich erreichten das Café Gum, doch an der Theke saß nur Rudi, der
       Blödmann. „Wo ist Raimund?“ – „Wer?“ Er wurde echt immer blöder. „Mann,
       Rudi: Raimund! Du kennst ihn seit 35 Jahren!“ – „Ach, Raimund! Keine
       Ahnung.“ – „Wie, keine Ahnung?!“ – „Ich weiß nicht, wo er ist.“ – „Aber wir
       haben ihn vor fünf Minuten hier reingehen sehen!“
       
       Petris, Gumwirt und Grieche, stellte ein frisch gezapftes Pils auf die
       Theke. „Und für wen ist das?“ – „Für mich.“ – „Für dich? Du trinkst doch
       gar kein Bier mehr, seitdem du diese Getreidemacke hast. Außerdem ist dein
       Weinglas randvoll.“ Vor Kurzem hatte er in einem obskuren Internetportal
       gelesen, dass Weizen dumm mache. Seitdem nahm er vorsichtshalber gar keine
       Getreideprodukte mehr zu sich und trank stattdessen den schauderhaften
       Imiglykos aus Petris’ attischer Heimat.
       
       Die Lagertür quietschte und Raimund kam hervor. „So geht das nicht, Rudi!“,
       sagte er. Theo schnaubte. „Da bist du ja! Warum lässt du dich verleugnen?“
       – „Das war Training!“ – „Training?!“ Rudi mischte sich ein: „Du hast
       gesagt: Mach’s wie Arthur!“ Uns schwirrte der Kopf. „Welcher Arthur, zum
       Teufel?!“ – „Wie Arthur und Anna!“
       
       Rudi zeigte auf eine Postkarte, die seit den Protesten gegen die Startbahn
       vor unvordenklichen Zeiten neben der Theke hing. Auf ihr waren zwei Kinder
       abgebildet, und über ihnen stand: „Anna und Arthur halten’s Maul!“
       
       ## Im Stadtrat von Rüsselsheim
       
       „Was ist aus den beiden eigentlich geworden?“ – „Phh! Wahrscheinlich sitzen
       sie für die Grünen im Stadtrat von Rüsselsheim und setzen sich für den
       Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ein.“ – „Quatsch! Kuckt euch das Foto
       doch an: Das ist aus den Zwanzigern oder so, die sind seit 50 Jahren tot!“
       
       Theo holte tief Luft. „Jetzt mal Klartext: Warum versteckst du dich vor
       uns?“ – „Ich versteck mich nicht vor euch, sondern vor Dennis.“ – „Dennis?
       Der, mit dem du in Freiburg zusammengewohnt hast?“ – „Genau. Anscheinend
       wird nach einem Typen gefahndet, der mal zwei Wochen bei uns auf dem Sofa
       geschlafen hat und damals Strommasten angesägt haben soll. Und Dennis
       befürchtet, dass wir da mit reingezogen werden. Er hat schon zehn Mal
       angerufen. Jetzt will er herkommen, weil ich mit ihm nach Kuba oder
       Nordkorea verschwinden soll.“
       
       „Raimund!“, hörten wir eine Stimme hinter uns. „Deine Nachbarn haben
       gesagt, dass ich dich hier finde.“ Wir hatten den Typen nicht reinkommen
       hören. Er wollte auf Raimund zugehen, aber Theo trat ihm in den Weg. „Er
       heißt nicht Raimund!“ – „Was? Er sieht aber so aus.“ – „Kann sein.
       Trotzdem.“ – „Wie heißt er denn?“ „Er heißt …“ – „Holger“, sagte Raimund.
       „Holger?“ – „Ja“, grinste Theo: „Erinnerst du dich nicht? ‚Holger, der
       Kampf geht weiter!‘“ – „‚Holger, der Kampf…‘ Ist der nicht tot?“ – „Du
       meinst, so wie Anna und Arthur?“ – „Anna? Öh …“
       
       Er war verwirrt. Er kuckte Raimund noch einmal an, dann Theo, dann drehte
       er sich wortlos um und verschwand. Nach Kuba vielleicht. Oder Nordkorea.
       
       23 Nov 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joachim Schulz
       
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