# taz.de -- Bericht des Stockholmer Sipri-Instituts: Rüstungsgüter boomen
       
       > Viele Wirtschaftszweige leiden unter der Pandemie. Aber die
       > Rüstungsindustrie profitiert davon, dass Regierungen Militärausgaben
       > wegen Corona erhöhen.
       
 (IMG) Bild: Sieht lächerlich aus, aber der Einsatz ist alles andere als lustig: Kriegsgerät bei einer Übung
       
       STOCKHOLM taz | Während sich die globale Wirtschaftschaftsleistung im
       vergangenen Pandemiejahr gegenüber 2019 um 3,1 Prozent abschwächte, konnte
       eine Branche weiterhin Zuwächse verbuchen: die Rüstungsindustrie. Die 100
       weltweit größten Rüstungsunternehmen konnten durch den Verkauf von Waffen
       und militärischen Dienstleistungen ihren Umsatz wie schon in den sechs
       vorangegangenen Jahren steigern. Allerdings fiel das Plus im Jahr 2020 mit
       1,3 Prozent etwas bescheidener als [1][in den Vorjahren] aus. Seit 2015
       betrug das Wachstum preisbereinigt insgesamt 17 Prozent.
       
       Errechnet hat diese Zahlen das Stockholmer [2][Friedensforschungsinstitut
       Sipri], das sie am Montag in seinem jährlich publizierten Bericht über die
       Top-Rüstungskonzerne veröffentlicht.
       
       Die Rüstungsbranche arbeite eben in einem gegen Konjunkturschwankungen
       relativ geschütztem Raum, sagt Alexandra Marksteiner, Forscherin beim
       Sipri-Programm für Militärausgaben und Waffenproduktion: „Die
       Branchenriesen wurden weitgehend durch die anhaltende Nachfrage der
       Regierungen nach militärischen Gütern und Dienstleistungen abgeschirmt.“
       Mehr noch: „In weiten Teilen der Welt stiegen die Militärausgaben, und
       einige Regierungen beschleunigten sogar die Zahlungen an die
       Rüstungsindustrie, um die Auswirkungen der Covid-19-Krise abzumildern.“
       
       Völlig immun gegen die Begleiterscheinungen der Pandemie ist allerdings
       auch die Rüstungsbranche nicht. Einige Unternehmen meldeten ähnlich wie
       andere Betriebe der Industrie- und Elektronikbranche fehlende Komponenten,
       Unterbrechungen in der Lieferkette und verspätete Lieferungen. In manchen
       Ländern waren es auch staatlich angeordnete Lockdowns, die zu
       Produktionsstörungen führten. In Frankreich war davon vor allem der
       Waffenprozent Thales betroffen mit einem nach eigener Einschätzung
       lockdowninduzierten Umsatzrückgang von 5,8 Prozent.
       
       ## US-Unternehmen führen Ranking an
       
       Die [3][vier deutschen Rüstungsschmieden] auf der Top-100-Liste
       entwickelten sich unterschiedlich. Zusammen legten sie um 1,3 Prozent zu,
       wobei ThyssenKrupp ein Minus von 3,7 Prozent und Krauss-Maffei Wegmann von
       7,5 Prozent vermeldete. Der aktuell wegen des Vorwurfs der Umgehung von
       Exportbeschränkungen für Drohnen kritisierte Elektronikspezialist Hensholdt
       verbuchte dagegen ein Plus von 7,9 Prozent und Deutschlands größter
       Rüstungskonzern Rheinmetall von 5,2 Prozent. Der Anteil der Rüstungssparte
       wuchs bei Rheinmetall von 56 auf 63 Prozent. Mit einem auf 4,2 Milliarden
       Dollar gestiegenen Rüstungsumsatz schob sich das Unternehmen in der
       Top-100-Liste von Platz 32 auf Platz 27 vor.
       
       Das weltweite Ranking wird seit 2009 vom Unternehmen Lockheed-Martin, dem
       mit weitem Abstand größten Rüstungskonzern, angeführt. Allein sein
       Erlöszuwachs von 4,2 Prozent auf 58,2 Milliarden Dollar entspricht
       Rheinmetalls gesamtem Umsatz mit Rüstungsgütern. Überhaupt sind
       US-Rüstungskonzerne weiterhin dominant in der Produktion von Waffen und bei
       militärischen Dienstleistungen. Sie stellen 41 der 100 größten Unternehmen
       und alle Top-5-Konzerne auf der Sipri-Liste. Die Dominanz dürfte sich eher
       noch verstärken, schätzt das Friedensforschungsinstitut: „Die
       US-Waffenindustrie erlebt eine Welle von Fusionen und Übernahmen.“
       
       ## China legt zu
       
       Während sich der seit 2017 anhaltende Abwärtstrend russischer
       Waffenschmieden aufgrund eines verminderten Militärbudgets Moskaus im
       vergangenen Jahr mit einem Minus von 6,5 Prozent weiter fortsetzte, gibt es
       bei den chinesischen Rüstungsfirmen eine entgegengesetzte Entwicklung. Dem
       Plus von 4,3 Prozent 2019 folgte 2020 ein weiteres mit 1,5 Prozent.
       
       „In den letzten Jahren haben chinesische Rüstungsunternehmen von den
       militärischen Modernisierungsprogrammen des Landes profitiert und sich auf
       eine Fusion militärischer und ziviler Produktion konzentriert“, sagt
       Sipri-Forscher Nan Tian: „Sie haben sich zu einem der fortschrittlichsten
       Militärtechnologiehersteller der Welt entwickelt.“
       
       6 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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