# taz.de -- Klimaschutzpaket für Niedersachsen: Die Windkraft solls richten
       
       > Niedersachsens Klimaschutzminister Olaf Lies (SPD) legt Strategien vor,
       > die das Klimagesetz mit Leben füllen sollen. Die Grünen üben harte
       > Kritik.
       
 (IMG) Bild: Soll das Klima schützen und die Wirtschaft stärken: Windkraft
       
       BREMEN taz | Der Niedersächsische Klimaschutzminister Olaf Lies (SPD)
       scheint zufrieden: „Ich kann mich nicht erinnern, dass sich eine
       Landesregierung so intensiv um Klimaschutz gekümmert hat. Auch nicht, dass
       es dafür mal Geld gegeben hat.“ Und Geld braucht es in jedem Fall für die
       drei Strategien zum Klimaschutz, zur Klimafolgenanpassung und zum Umbau hin
       zu einer klimaneutralen Landesverwaltung, die das Kabinett der
       rot-schwarzen Regierung am Dienstag beschlossen hat.
       
       Das im Dezember 2020 [1][nach langen Verhandlungen verabschiedete
       Klimagesetz] des Landes Niedersachsen hatte die Regierung verpflichtet,
       diese Strategien zu erarbeiten. Ein Jahr später liegt nun vor, was [2][das
       unkonkrete], da mit wenig Maßnahmen hinterlegte Gesetz in der Praxis
       bedeuten kann.
       
       Lies setzt dabei vor allem auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Bis
       2040 soll der Energiebedarf des Landes durch diese gedeckt werden, heißt es
       im Klimagesetz. Derzeit machen sie einen Anteil von rund 22 Prozent aus,
       [3][so steht es in der neuen Strategie]. „Gerade bei der Windenergie an
       Land und auf See sowie der Photovoltaik besteht noch erhebliches
       Ausbaupotential.“
       
       Die Regierung möchte daher entsprechenden Flächenbedarf für
       Windkraftanlagen in das sogenannte Landes-Raumordnungsprogramm aufnehmen.
       „Zur Erleichterung der Genehmigungsverfahren“ arbeite man unter anderem an
       einem neuen Artenschutzleitfaden.
       
       ## Schattenpreise sollen öffentliche Beschaffung verändern
       
       „Wir brauchen eine Debatte, was wir über den Ausbau im positiven Sinne
       erreichen können“, sagt Lies am Dienstag – „nicht, was wir alles
       abschalten“. Andere Bundesländer könnten so von Niedersachsen als
       „zentralem Energie- und Industriestandort“ profitieren.
       
       Auch bei dem Plan, die Emissionen der Landesverwaltung bis 2030 um 70
       Prozent zu senken, spielen die Erneuerbaren Energien eine große Rolle: 1,4
       Millionen Quadratmeter landeseigene Dachfläche könnten für
       Photovoltaikanlagen genutzt werden, sagt Lies und spricht von einer „Dekade
       der Investitionen“. Aber auch Suffizienz spiele eine Rolle. „Was muss
       wirklich sein?“ Laut Lies ist das eine Frage, die sich die gesamte
       Gesellschaft stellen müsse.
       
       Und was eben doch muss, solle mithilfe vom sogenannten „Schattenpreisen“
       nachhaltiger beschafft werden: Bei Ausschreibungen könnten die Auswirkungen
       eines Produkts auf das Klima in die Entscheidung einbezogen werden.
       
       Bei der Anpassung an die Folgen der Klimakrise soll in die Wald-, Forst-
       und Wasserwirtschaft investiert werden: Aufforstung, Waldbrandschutz,
       Renaturierung, Küstenschutz. Die Klimaziele des Landes wurden am Dienstag
       ebenfalls angepasst: Während man vor einem Jahr laut Gesetz noch
       Klimaneutralität bis 2050 und eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen
       bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 angestrebt hatte, will
       Niedersachsen sich nun an den neuen Zielen im Bund orientieren.
       
       Diese wurden angehoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht die
       Klimaschutzpläne der Bundesregierung als ungenügend bewertet hatte. Das
       heißt nun: Klimaneutralität bis 2045, eine Reduktion um 65 Prozent bis
       2030.
       
       Allerdings sei die Landwirtschaft „davon ausgenommen“, erklärt Lies. Den
       alten Pfad halte sie zwar ein, zusätzliche Reduzierungen würden aber über
       andere Sektoren wie Energie oder Industrie aufgefangen. Man müsse der
       Landwirtschaft angesichts der riesigen Herausforderungen „Zeit verschaffen,
       den Umbau zu realisieren“.
       
       Die vorgelegten Strategien orientierten sich bereits an den neuen
       Klimazielen, so Lies; damit seien sie auch „zukunftsfähig“. Im nächsten
       Jahr sollen die neuen Ziele dann auch offiziell in einer Erneuerung [4][des
       Klimagesetzes] festgehalten werden. „Wir ändern aber nicht nur zwei
       Jahreszahlen“, sagt der Minister weiter zu der geplanten Novelle, „sondern
       bringen das Klimagesetz deutlich ambitionierter voran.“ Im Jahr 2023 folge
       dann wiederum eine Aktualisierung der Strategien.
       
       Dass Niedersachsen – wie andere Bundesländer auch – wegen seines
       Klimagesetzes seit Kurzem [5][eine Klage am Hals hat], begreift Lies nach
       wie vor als „Bestärkung in dem, was wir eh machen“ – also die Novelle zu
       planen, um „sicherzustellen, dass wir die Klimaziele erreichen“.
       
       ## Solarpflicht nur für gewerbliche Neubauten
       
       Eine Milliarde Euro für den wohl größten Brocken, den Klimaschutz, stehen
       bereits. Und genau das kritisiert ein Teil der Opposition. Von einem
       „Etikettenschwindel“ spricht Imke Byl, die klimapolitische Sprecherin der
       Grünenfraktion mit Blick auf die „lange bereitstehenden Finanztöpfe“, die
       Lies nun neu vermarkten wolle. „Eine Möglichkeit für aufwendige
       Öffentlichkeitsarbeit“ nennt Byl den Klimaschutz der Regierung.
       
       „Ja, selbstverständlich“, antwortet Lies am Dienstag auf die Nachfrage, ob
       das besagte Geld schon im Haushalt vorkomme. „Das ist auch gut so, dass wir
       nicht erst die Strategie überlegen und dann Mittel suchen.“
       
       Auch inhaltlich ist Byl unzufrieden mit den Plänen des Ministers: „In der
       von ihm lange angekündigten Klimaschutzstrategie ist bei näherem Hinsehen
       genauso wenig konkreter Klimaschutz enthalten wie im bisherigen
       unzureichenden Klimagesetz.“ Vor dem Beschluss des Kabinetts hatte die
       Fraktion ihrerseits Vorschläge gemacht und eine Solarpflicht für alle
       Neubauten gefordert – anstatt nur für gewerbliche, wie es die Große
       Koalition vorsieht. Auch das Klimaschutzziel ist Byl zu lasch. Sie will
       Klimaneutralität bis 2035.
       
       21 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Niedersachsen-bekommt-Klimaschutzgesetz/!5730550
 (DIR) [2] /Niedersachsens-Klimaschutzgesetz/!5730551
 (DIR) [3] https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/themen/klima/klimawandel_und_klimafolgenanpassung_in_niedersachsen/klimawandel-und-klimafolgenanpassung-in-niedersachsen-199341.html
 (DIR) [4] https://www.nds-voris.de/jportal/?quelle=jlink&query=KlimaSchG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-KlimaSchGNDpP3
 (DIR) [5] /Umwelthilfe-verklagt-Niedersachsen/!5818916
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
       
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