# taz.de -- Ausrüstung der Berliner Polizei: Elektroschocker schockt Rot-Grün-Rot
       
       > Nach knapp vier Jahren endet bei der Polizei der Testlauf für den Taser.
       > Grüne und SPD wollen den Versuch verlängern, die Linke ist dagegen.
       
 (IMG) Bild: Der Taser feuert an Elekrodrähten hängende winzige Pfeile ab
       
       BERLIN taz | Im Bereich innere Sicherheit gibt es in der
       Regierungskoalition erste Differenzen: SPD und Grüne wollen den Probelauf
       für den Einsatz der Elektroschock-Pistole – Taser genannt – verlängern, die
       Linke ist dagegen. Seit 2017 hatte die Polizei diese Geräte erprobt.
       Eigentlich läuft der Versuch zum Jahresende aus.
       
       Der Taser ist ein höchst umstrittenes Einsatzmittel. In den USA ist es
       dabei schon zu [1][Todesfällen] gekommen. Offiziell heißen die Geräte
       Distanz-Elektroimpulsgeräte, sie ähneln optisch einer Pistole. Abgefeuert
       werden an Elekrodrähten hängende winzige Pfeile, die sich in der Haut oder
       Bekleidung der Zielperson festhaken. Mit Stromstößen, die eine schmerzhafte
       Muskelkontraktion auslösen, wird der Getroffene binnen Sekunden lahmgelegt.
       
       Grüne und Linke waren in der Vergangenheit der Meinung, dass der Taser eine
       hochgefährliche Waffe ist und es ausreiche, wenn das Spezialkommando SEK
       damit ausgestattet ist. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hingegen fordert
       schon lange eine flächendeckende Ausstattung aller Einsatzkräfte damit, so
       wie es auch mit Pistole und Reizgasgerät der Fall ist.
       
       Der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Stephan Kelm bekräftigte das am
       Mittwoch gegenüber der taz. Eine Verlängerung des Probelaufs sei nicht
       nötig, meint Kelm. Schon zu Beginn des Versuchs sei klar gewesen, dass es
       unter diesen Voraussetzungen keine signifikanten Zahlen geben werde.
       
       ## Idee der CDU
       
       Der Pilotversuch geht auf den früheren [2][CDU-Innensenator Frank Henkel]
       zurück. 2016, kurz vor der Abgeordnetenhauswahl, hatte Henkel das Projekt
       durchgedrückt. Auf die Schiene gesetzt hatte es dann Anfang 2017 sein
       SPD-Nachfolger Andreas Geisel. Er verbinde damit die Hoffnung, dass die
       Taser Leben schützen und Polizeikräfte vor traumatischen Situationen
       bewahrten, sagte Geisel damals.
       
       In dem zunächst ab Februar 2017 für drei Jahre angelegten Testlauf hatten
       20 Taser für Polizisten aus Kreuzberg und Mitte zur Verfügung gestanden.
       Bis zum Juni 2020 kamen die Geräte laut Polizei viermal gegen Menschen zum
       Einsatz. In 19 weiteren Fällen habe die Androhung des Einsatzes
       ausgereicht, die Situation zu entschärfen. Beim SEK sei der Taser im
       gleichen Zeitraum neun Mal eingesetzt worden: zur Verhinderung von
       Selbsttötungen oder zur Abwehr von Angriffen, etwa mit Stichwaffen.
       
       Der Probelauf wurde schließlich bis Ende 2021 verlängert. Wie dpa meldet,
       haben Polizisten 2021 acht Mal mit dem Elektroschocker geschossen. In
       dieser Zahl seien auch die Tasereinsätze des SEK inbegriffen, sagte eine
       Polizeisprecherin am Donnerstag auf Nachfrage der taz.
       
       Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, geht davon aus, dass
       der Probelauf verlängert wird. „Es gibt noch nicht genug Zahlen, um den
       bisherigen Pilotbetrieb zu beurteilen“, sagte Lux zur taz. Zurzeit werde
       der Taser nur in äußersten Notfällen eingesetzt. Irgendwann werde die
       Hemmschwelle beim Einsatz aber sinken, so Lux’ Vermutung. Personen mit
       Herzerkrankungen könnten tödliche Schäden davontragen. Eine kritische
       Begleitung sei deshalb „unbedingt notwendig“.
       
       Auch Tom Schreiber, innenpolitischer Sprecher der SPD, will den Versuch
       verlängern, „um weitere Erfahrungswerte zu sammeln“. Im Anschluss werde die
       Koalition zügig entscheiden, ob und wenn ja wo eine Ausstattung mit dem
       Taser im Streifendienst Sinn mache.
       
       ## Gewöhnungseffekt befürchtet
       
       Dass aus dem Testlauf keine seriösen Schlussfolgerungen zu ziehen sind,
       meint auch Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken. Eine
       Verlängerung würde daran aber „wenig ändern“. Internationale Erfahrungen
       zeigten vielmehr, dass ein Gewöhnungseffekt bei der Benutzung des Tasers
       einsetze – ohne dass der [3][Schusswaffengebrauch] zurückgehe. Letzteres
       ist eigentlich das Ziel. Der Taser, sagt Schrader, sei zu gefährlich, um
       ihn für das Alltagsgeschäft zu befürworten.
       
       30 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Elektroschocker-fuer-Hamburgs-Polizei/!5774643
 (DIR) [2] /Taser-fuer-die-Berliner-Schutzpolizei/!5332573
 (DIR) [3] /Psychologe-ueber-toedliche-Polizeischuesse/!5408530
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Polizei Berlin
 (DIR) Andreas Geisel
 (DIR) GdP
 (DIR) Polizei Berlin
 (DIR) Polizei Berlin
 (DIR) Taser
 (DIR) Polizei Bremen
 (DIR) Taser
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Alleingang von Berlins Innensenatorin: Der Taser-Skandal fängt erst an
       
       Iris Spranger will der Polizei gefallen und verspricht ohne jede
       Rücksprache 300 neue Taser. Für die Koalition wird sie zur Belastung.
       
 (DIR) Alleingang der Innensenatorin: Spranger schockt mit Taser-Kauf
       
       Noch vor der Evaluation des Testlaufs verspricht die Innensenatorin der
       Polizei, 300 neue Taser anzuschaffen. Auch die Koalitionspartner übergeht
       sie.
       
 (DIR) Elektroschocker für Hamburgs Polizei: Mehr Taser, mehr Gewalt
       
       Hamburgs Polizei will mit Elektroschockern aufrüsten, damit sie seltener
       schießen. Kritiker fürchten, dass die Gewaltschwelle sinkt.
       
 (DIR) Debatte über Taser als Polizei-Waffe: SPD steht auf Elektroschocker
       
       Nur selten hat die Bremerhavener Polizei in der zweijährigen Testphase
       Taser eingesetzt. Dafür aber auch gegen psychisch Kranke –und als
       Schmerzwaffe.
       
 (DIR) Elektroschockgeräte in Berlin: Noch mehr Taser
       
       Auch die Bundespolizei am Ostbahnhof bekommt nun sogenannte
       Distanz-Elektroimpulsgeräte. Die Berliner Polizei erprobt die Taser schon
       seit 2017.