# taz.de -- Die Wahrheit: Aufstrich und Fall der Götter
       
       > Mythos lass nach, du bist umzingelt! Gottheiten jetzt geschäftstüchtig
       > wie nie. Höhere Wesen häufig in der Produktwerbung tätig.
       
 (IMG) Bild: Zeus macht jetzt in Oliven
       
       Was machen gescheiterte Götter, die längst niemand mehr anrufen möchte?
       Richtig, sie verscherbeln ihren guten Götternamen, solange der noch etwas
       wert ist. Dankbare Abnehmer sind meist dubiose Aufsteigerfirmen, die vom
       alten Glanz der abgehalfterten Gottheiten profitieren wollen.
       
       Ein gutes Beispiel dafür ist Rama. So nannte ein cleverer
       Butterersatzhändler seinen fettigen Aufstrich, den er nach dem
       gleichnamigen indischen Gott benannte. Den Namen gab’s für ein Butterbrot
       und ein Ei, und es sollte ein glänzendes Geschäft werden, jedenfalls für
       den Fettverkäufer. Rama wurde bekannter als Buddha und war von modernen
       deutschen Fettbemmen gar nicht mehr wegzudenken. Der Gott selbst geriet
       mehr und mehr in Vergessenheit und starb völlig verarmt und vergessen.
       
       Keksfabrikant „Krümel“ Bahlsen schrieb eine weitere preiswerte
       Unternehmererfolgsgeschichte, denn er kaufte einer verarmten ägyptischen
       Göttin das göttliche TET-Zeichen ab, das im Zweistromland „ewig dauernd“
       bedeutet. Das rätselhafte Zeichen schmückte nun fortan jede Kekspackung und
       mehrte Ruhm und das Vermögen des sparsamen Keksbäckers. Aber in der harten
       Welt der Kekse ist nichts von ewiger Dauer, und so wurde das göttliche
       Symbol 2006 aus dem Firmenlogo gestrichen.
       
       Es geht aber auch anders, das belegt die Geschichte von Paul Schmidt.
       Dieser verkaufte 1901 an einer Wegkreuzung seine Seele an eine Gruppe von
       lokalen Dämonen. Das sollte er so gar nicht bereuen. Seine Firma nannte er
       fortan „Dämon“, und diese sollte teuflisch erfolgreich werden. Paul Schmidt
       „erfand“ die Trockenbatterie und bestach seine Umgebung durch seinen neuen
       teuflischen und trockenen Humor. Er hatte auch recht gut lachen, denn die
       dienstbaren Dämonen schenkten ihm das Schloss Höhenschönhausen, in dem er
       bis zum heutigen Tage regelmäßig spukt. Sein Markenzeichen ist ein
       trockenes Husten, bei dem sich den entsetzten Schlossbesuchern alle Haare
       aufstellen.
       
       ## Verkauf der Namensrechte
       
       Die als Landpomeranze belächelte griechische Göttin Demeter war nur noch
       ein Schatten ihrer selbst, als sie ihre Namensrechte an ein kluges
       Bäuerlein verkaufte. Lange vorbei war die Zeit, als ihr zu Ehren noch
       ungezügelte Fruchtbarkeitsfeste gefeiert wurden, längst hatte die
       Landflucht ihre Anhänger in alle Windrichtungen zerstreut. Doch der
       geschäftstüchtige Demeterbauer Peter hatte einen guten Riecher für die
       Vermarktung von Getreide und Gemüse, und so sollte die griechische Göttin
       Demeter bekannter werden als ihre Eltern Kronos und Rhea.
       
       Der Erfolg der Schwester ließ Demeters neidischen Bruder Zeus nicht ruhen,
       er verkaufte vorschnell seinen guten Namen an einen griechischen
       Schafskäsefabrikanten für einen Ouzo und ein Ei, ein mäßig gutes Geschäft
       wie sich herausstellen sollte.
       
       Da war die Göttin Sheba geschäftstüchtiger, die einstige Königin von Saba
       überließ ihren Namen einem Katzenfutterkonzern und schnurrt seitdem
       zufrieden, denn sie bekommt gratis Katzenfutter auf Lebenszeit, und die
       kann bekanntlich bei Göttinnen lang sein. Der größte Gewinner unter den
       merkantilen Namensvermarktern unter den Gottheiten ist natürlich wieder ein
       Mann: Er nennt einen Planeten sein eigen und sich militärisch kurz Mars.
       Doch die hohe Zeit der großspurigen Kriegsgötter und Zahnzerstörer ist
       hoffentlich gezählt. Und dann heißt’s: „Mars, das war’s!“
       
       17 Dec 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Groß
       
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