# taz.de -- Studie der Uniklinik Hamburg-Eppendorf: Organschäden nach Infektion
       
       > Eine neue Studie des Uniklinikums Eppendorf zeigt: Auch milde
       > Corona-Infektionen können Organschäden verursachen. Die Teilnehmenden
       > waren ungeimpft.
       
 (IMG) Bild: Wer sich infiziert, sollte auch nach der Genesung seine Gesundheit im Auge behalten
       
       HAMBURG taz | Auch Menschen, [1][die das Coronavirus weniger hart trifft],
       können Organschäden davontragen. Das zeigt eine Studie des
       Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), mit der es erstmals die
       Folgen einer milden Corona-Infektion erforscht hat. Die Ergebnisse wurden
       am Mittwoch veröffentlicht.
       
       Untersucht wurden 443 Hamburger*innen im Alter von 45 bis 74 Jahren.
       Sie hatten sich in der ersten und zweiten Welle, also bereits 2020,
       infiziert. Wie bei der Mehrheit der Infizierten in Deutschland verliefen
       auch ihre Erkrankungen mild: 93 Prozent wurden ambulant behandelt, von
       ihnen lag niemand auf einer Intensivstation, die meisten litten unter
       typischen Symptomen wie Fieber. Einige der Teilnehmenden hatten ihre
       Infektion mit dem Coronavirus gar nicht erst bemerkt.
       
       Rund neun Monate nach ihrer Genesung wurden die Patient*innen einen Tag
       lang [2][am UKE] untersucht. Das Ziel: mögliche Organschäden durch die
       Infektion entdecken. Von Kopf bis Fuß wurden sie vermessen,
       Mediziner*innen machten Ultraschall-Aufnahmen ihrer Herzen und Beine,
       führten Lungenfunktions-Messungen durch und MRT-Scans ihrer Gehirne.
       
       „Um Organschäden auf die Corona-Infektion zurückzuführen, hätte man die
       Teilnehmenden idealerweise schon vor der Pandemie untersuchen müssen“, sagt
       Stefan Blankenberg, Professor am UKE und Co-Autor der Studie. So hätte man
       ihre körperliche Gesundheit vor und nach der Infektion miteinander
       vergleichen können.
       
       Stattdessen wurden ihre Daten mit denen einer Kontrollgruppe verglichen:
       Ausgewählt wurden dafür 1.328 Hamburger*innen, die das UKE bereits vor der
       Pandemie untersucht hatte. Sie ähnelten den Teilnehmenden in Alter,
       Geschlecht, Bildung und Einkommen – für einen möglichst genauen Vergleich,
       ungetrübt von sozialen und demografischen Faktoren. In der Forschung nenne
       man diese Methode „Matching“, erklärt Blankenberg.
       
       Im Vergleich zur nicht infizierten Kontrollgruppe zeigten sich bei Personen
       mit überstandener Infektion „Anzeichen mittelfristiger Organschäden“. Ihr
       Lungenvolumen, die Pumpkraft ihrer Herzen und ihre Nierenfunktion waren
       reduziert, wenn auch nur geringfügig um zwei Prozent. Die Patient*innen
       hatten außerdem häufiger Beinvenen-Thrombosen.
       
       Im Alltag bedeute eine eingeschränkte Lungenfunktion zum Beispiel Luftnot
       bei Belastung, sagt Blankenberg. Beim Sport, beim Tragen schwerer Einkäufe
       oder Treppensteigen. „Die Niereneinschränkung in dieser minimalen Dimension
       merkt man eigentlich nicht. Und Beinvenen-Thrombosen fallen bestenfalls
       auf, wenn die Unterschenkel geschwollen sind.“
       
       Trotzdem können auch solche geringen Schäden gefährlich werden: „Selbst
       wenn sie unbemerkt bleiben, können sie in zehn, zwanzig Jahren eine
       eingeschränkte Gesundheit dieser Organe nach sich ziehen“, sagt
       Blankenberg. Er und seine Kolleg*innen empfehlen deshalb in ihrer
       Studie: Alle Infizierten sollten sechs bis neun Monate nach der Genesung
       zum Hausarzt gehen und mit Bluttests ihre Nieren- und Herzfunktion
       überprüfen lassen. „Genauso wie man seine Blutfettwerte alle zwei Jahre
       kontrollieren lässt“, sagt Blankenberg.
       
       Was bedeuten die Ergebnisse nun für die bevorstehende fünfte Welle? In der
       Studie wurden Patient*innen untersucht, die sich zwischen März und
       Dezember 2020 infiziert hatten, also zu Zeiten der Alpha- und
       Beta-Varianten. [3][Rückschlüsse auf Omikron] seien spekulativ, sagt
       Blankenberg. Aber: „Wir können annehmen, dass die Omikron-Variante ähnliche
       Organbefälle zur Folge hat.“ Zumindest bei Ungeimpften.
       
       ## Auswirkung bei Geimpften vermutlich geringer
       
       Die Studienteilnehmer*innen waren nicht geimpft, „sie konnten es
       damals gar nicht sein“. Was die Ergebnisse für Geimpfte bedeuten, lässt
       sich mit den Daten des UKE nicht nachweisen. „Wir haben aber die starke
       Vermutung, dass kein Organbefall bei Geimpften stattfindet“, sagt
       Blankenberg. „Sie haben meist nur die allerleichtesten Symptome, es
       existiert nur eine geringe Infektionslast.“
       
       Die Studie wurde im Rahmen der „Hamburg City Health Study“ (HCHS)
       durchgeführt, nach eigenen Angaben die „größte lokale Gesundheitsstudie der
       Welt“. Über 30 Institute und Kliniken des UKE arbeiten dabei zusammen, um
       Volkskrankheiten wie Herzinfarkt, Vorhofflimmern, Herzschwäche,
       Schlaganfall oder Demenz besser zu verstehen. Und nun eben: Corona.
       
       Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank von den Grünen sagte: „Die
       HCH-Studie liefert mit ihren vielfältigen epidemiologischen und klinischen
       Daten wichtige Erkenntnisse über die aktuelle Pandemie und den Umgang mit
       zukünftigen größeren Infektionsgeschehen.“
       
       6 Jan 2022
       
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 (DIR) Anaïs Kaluza
       
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