# taz.de -- Nach US-Russland-Treffen in Genf: Skepsis in Kiew
       
       > Die USA, Russland, die Nato und die OSZE verhandeln über die Ukraine. Im
       > Land selbst befürchtet man indes, dass eigene Interessen außen vor
       > bleiben.
       
 (IMG) Bild: Zwischen den Fronten: Soldat nahe den von pro-russischen Kräften kontrollierten Gebieten in der Ostukraine
       
       KIEW taz | Nachdem die [1][Gespräche zwischen den USA und Russland am
       Montag in Genf] über die Sicherheit in Europa zu Ende gegangen sind, werden
       in der Ukraine Befürchtungen laut, dass die ukrainischen Interessen zu
       wenig berücksichtigt wurden. Als einer der ersten meldete sich der
       ehemalige Außenminister der Ukraine, Pawel Klimkin, zu Wort. Dass Russland
       nicht nur Gespräche mit den USA führe, sondern auch weitere plane mit der
       OSZE und der Nato, sei für Präsident Wladimir Putin ein „situativer Sieg“,
       zitiert das ukrainische Nachrichtenportal NV den Politiker. Am Mittwoch
       tagt in Brüssel der Nato-Russland-Rat, am Donnerstag finden in Wien
       Verhandlungen unter dem Dach der OSZE statt.
       
       Auch der im ukrainischen Exil lebende russische Oppositionellen Andrei
       Illarionow sieht einen Erfolg für Putin: Man habe es bei den US-russischen
       Verhandlungen mit einer „neuen Münchner Verschwörung“ zu tun. Biden habe
       Putin in Kasachstan schalten und walten lassen – und zeige damit, dass er
       Putins Vorstellung einer Einteilung der Welt in Einflusszonen mittrage, so
       Illarionow gegenüber dem Nachrichtenportal [2][gordonua.com].
       
       Optimistischer ist ein weiterer Beitrag in der NV. Er bespricht einen Text
       von CNN, der hervorhebt, dass der Nato-Russland-Rat am Mittwoch zum ersten
       Mal seit zwei Jahren tagt. Dies sei eine „seltene Chance für die
       Mitgliedsstaaten der Nato, Einheit zu zeigen und eine mögliche Intervention
       Russlands in der Ukraine zu verhindern.“ Dass Russland dem Treffen
       zugestimmt hat, sei bereits „ein bedeutendes Zugeständnis und ein Zeichen,
       dass Diplomatie zur Deeskalation führen könnte“, zitiert die NV einen
       Gesprächspartner von CNN bei der Nato.
       
       Auch das russlandfreundliche und vom ukrainischen Sicherheitsrat gesperrte
       Portal [3][strana.best] sieht die bisherigen Verhandlungsergebnisse
       vorsichtig optimistisch. Dass beide Seiten bereit sind, die Verhandlungen
       fortzusetzen, zeige, dass gewisse Aussichten bestehen, auch bei den
       grundsätzlichen Positionen eine Einigung zu erzielen. Fortschritte gebe es
       indes bisher nur bei der strategischen Rüstungskontrolle. Möglicherweise
       lasse sich auch eine Einigung bei der Häufigkeit von Manövern erzielen.
       
       ## Kiew erwartet konkrete Entscheidungen
       
       Bei der ukrainischen Präsidialadministration hütet man sich, jetzt schon
       eine Bewertung der bisherigen Gespräche zwischen den USA und Russland
       abzugeben. Stattdessen wird mit Hochdruck an einer Beeinflussung der
       kommenden Gespräche gearbeitet. Im Ukraine-Nato-Ausschuss habe die
       ukrainische Seite den Gesprächspartnern der Nato am Montag sehr viele
       Argumente für die kommenden Verhandlungen an die Hand gegeben, berichtet
       der stellvertretende Leiter der ukrainischen Präsidialadministration, Igor
       Schovka, auf seiner Facebook-Seite. Gleichzeitig habe man erneut deutlich
       gemacht, dass Kiew konkrete Entscheidungen in Richtung einer
       Nato-Mitgliedschaft der Ukraine erwarte.
       
       Nach einem Gespräch mit dem außen- und sicherheitspolitischen Berater von
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Jens Plötner, und dem diplomatischen
       Berater des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, erklärte der
       ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Dienstag erneut die
       Bereitschaft der Ukraine zu einem Gipfeltreffen der Staaten des
       Normandie-Formats: Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine.
       
       In Hinblick auf das Treffen des Nato-Russland-Rats am Mittwoch erklärte der
       SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gegenüber der taz: „Der Nato-Russland-Rat
       ist gebildet worden, um Krisen zu lösen. Bei der völkerrechtswidrigen
       Annexion der Krim war er bedauerlicherweise kein Instrument, um Konflikte
       einzuhegen.“ Umso wichtiger sei das Treffen am Mittwoch. „Denn die Lage ist
       ernst und sie kann weiter eskalieren. Deshalb brauchen wir Vernunft und
       Ehrlichkeit.“ Es sei zu wünschen, dass am Mittwoch Folgetreffen vereinbart
       würden.
       
       11 Jan 2022
       
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