# taz.de -- Polizeiwache am Kottbusser Tor: Ein Häuschen für den Kotti
       
       > Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will den Bau einer
       > Polizeiwache am Kottbusser Tor voranbringen. Sie soll den Platz sicherer
       > machen.
       
 (IMG) Bild: Am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg soll bald eine dauerhaft besetzte Polizeiwache entstehen
       
       BERLIN taz | „Bingo!“, sagt eine der Sprechstundenhilfen hinter dem Tresen,
       nach ihrer Meinung zu den Plänen der Innensenatorin gefragt. „Da haben wir
       uns gerade noch drüber unterhalten.“ Das Empfangszimmer der Zahnarztpraxis
       befindet sich in einer Ladenfläche im Erdgeschoss, durch das Schaufenster
       können die beiden das morgendliche Treiben am Kottbusser Tor beobachten:
       Die U1, die alle paar Minuten auf den Hochgleisen vorbeirattert. Mütter,
       die ihre Kinder zur Schule bringen. Gemüsehändler, die ihre Auslage
       sortieren. Passant*innen, die Einkaufstüten, Aktentaschen oder
       Plastiksäcke voller Pfand an ihnen vorbeitragen. Aber eben immer wieder
       auch: Drogengeschäfte, Polizeieinsätze, Razzien.
       
       Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat am Montag angekündigt, bei
       der Polizeiwache am Kottbusser Tor „schnell Nägel mit Köpfen“ machen zu
       wollen. Geplant ist eine dauerhaft besetzte Station nach dem Vorbild des
       Alexanderplatzes. [1][Außerdem soll es eine Videoüberwachung geben]. „Die
       Alex-Wache hat sich als zentrale, sichtbare Anlaufstelle für Opfer von
       Straftaten bewährt“, sagt Spranger. Auch am Kotti soll die dauerhafte
       Polizeipräsenz bei der Kriminalitätsbekämpfung helfen und
       Straftäter*innen abschrecken.
       
       „Davon höre ich jetzt zum ersten Mal“, sagt die Inhaberin des „Simitdchi
       Cafe & Backhaus“ direkt am NKZ-Wohnriegel an der Adalbertstraße. In der
       Auslage warten Sesamringe, Börek und belegte Brötchen auf
       Kreuzberger*innen, die sich hier ihr Frühstück holen. Hinter der
       Glasscheibe rollt der Bäcker frischen Teig aus. Seine Chefin, die ungenannt
       bleiben möchte, sitzt mit einem Gast für eine Tasse Tee zusammen. Beide
       wollen sich nicht zu große Hoffnungen machen. „Ich glaube nicht, dass sich
       was ändert“, sagt die Inhaberin. Gegen die Dealer würde die Polizei auch
       jetzt schon nicht konsequent genug vorgehen. „Das sind für die nur die
       kleinen Fische. Ob hier jetzt ein Häuschen steht oder nicht, macht wohl
       keinen Unterschied“, sagt sie und schiebt nach: „Aber schön wär’s.“
       
       ## Mehr Straftaten oder mehr Kontrollen?
       
       Laut der Polizeistatistik [2][steigt die Zahl der Straftaten am Kottbusser
       Tor]: Allein im letzten Quartal vergangenen Jahres hat die Polizei
       insgesamt 2309 Delikte gemeldet, das sind 152 mehr als zur gleichen Zeit im
       Vorjahr. Von Oktober bis Dezember 2021 kam es hier zu 455 Diebstählen, 264
       Fällen von Körperverletzungen, 61 Delikten der Kategorie „Nötigung,
       Freiheitsberaubung, Bedrohung“ und 93 Raubüberfällen. Doch ein genauer
       Blick lohnt sich. Gestiegen ist vor allem die Zahl sogenannter
       Kontrolldelikte – den Straftaten, die fast ausschließlich durch
       polizeiliche Kontrollen entdeckt werden: Den stärksten Zuwachs in der
       Statistik machten 758 Rauschgiftdelikte und 216 Verstöße gegen das
       Asylrecht aus – Straftaten, die noch dazu häufig gleichzeitig festgestellt
       werden. Der Anstieg ist also nur bedingt aussagekräftig. Möglicherweise
       haben nicht die Straftaten am Kotti zugenommen, sondern die
       Polizeikontrollen.
       
       An diesem Dienstagmorgen ist am Kottbusser Tor keine Polizei zu sehen. Eine
       rund um die Uhr besetzte Wache könnte ihr Sicherheitsgefühl stärken, sagt
       eine der Sprechstundenhilfen in der Zahnarztpraxis: „Ich wohne hier um die
       Ecke, kriege alles mit, was hier passiert. Es wäre gut, wenn wir eine feste
       Anlaufstelle haben, falls man Hilfe braucht.“
       
       18 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rot-Gruen-Rote-Plaene-zu-Videoueberwachung/!5817128
 (DIR) [2] https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berliner-polizei-registriert-am-kotti-mehr-als-2300-straftaten-li.205873
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johanna Jürgens
       
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