# taz.de -- Coronademo in München: Eingekesselt auf dem Marienplatz
       
       > Eigentlich sind in München jegliche Versammlungen mit Coronabezug
       > verboten. Trotzdem gingen am Mittwochabend Tausende auf die Straße.
       
 (IMG) Bild: Eingekesselt am Marienplatz: Demonstranten gegen Coronamaßnahmen
       
       MÜNCHEN taz | Mittwochabend auf dem Odeonsplatz. Während sich die
       Impfgegner*innen zu einem erneuten „Spaziergang“ auf [1][Telegram]
       organisieren, hat das Bündnis „München solidarisch“ zu einer
       Gegendemonstration aufgerufen. Es versammeln sich über 400 Menschen, sie
       halten Schilder, schwenken Fahnen.
       
       Als die Veranstaltung beginnt, tönen schon die ersten Störrufe von der
       Seite, dazwischen Kindergeschrei. Der „Spaziergang“ scheint sich durch die
       Stadt zu bewegen, kleinere Gruppen sind Richtung Marienplatz unterwegs.
       „Freiheit“ schreit jemand in die Nacht, „Widerstand “schallt es hinterher.
       Gegenreaktionen von der anderen Seite des Absperrbandes.
       
       Der Protest gegen die [2][„Querdenker*innen“] ist vielfältig. Johannes vom
       jungen Forum der deutsch-israelischen Gesellschaft betont an diesem
       Mittwochabend, dass eines aber alle eine: man wolle gemeinsam und
       solidarisch durch die Pandemie kommen. Lärmende „Spaziergänger*innen“
       rechts und links, sie rufen Freiheit, Widerstand und Beleidigungen. Eine
       Polizeikette stellt sich zwischen sie und die Demonstrant*innen, über der
       Stadt ein kreisender Hubschrauber, gegen 19 Uhr das erste Mal Blaulicht.
       Mehrere Einsatzwagen verschwinden in den Gassen.
       
       Seit mehreren Wochen gehen in München zahlreiche Menschen „spazieren“. Sie
       demonstrieren für „Frieden und Demokratie“ und sie sind unzufrieden mit den
       Coronamaßnahmen, der Impfung, der Politik. In der vergangenen Woche sind in
       München einige dieser „Spaziergänge“, wie die Teilnehmer*innen ihre
       Proteste selbst nennen, eskaliert. Hunderte Menschen waren auf der Straße,
       die Polizei mit Großaufgebot unterwegs.
       
       ## Mehrere Verletzte
       
       München hat alle Versammlungen mit Coronabezug verboten. Zu groß ist die
       Zahl der Menschen ohne Masken. Trotzdem versammelten sich schon am Montag
       viele Menschen in der Münchner Innenstadt. Die Demonstration, die für
       diesen Mittwoch auf dem Königsplatz durch die Gruppe „München steht auf“
       angemeldet wurde, war verboten worden. Die Veranstalter*innen sind auf
       eine Versammlung für nur fünf Leute auf der Theresienwiese ausgewichen.
       
       Trotzdem zogen am Mittwochabend 3.000 Menschen durch die Innenstadt.
       Allerdings gelang es den Einsatzkräften, die meisten von ihnen schon am
       Marienplatz einzukesseln. Die Stimmung war aufgeladener als in den Wochen
       zuvor. Mehr als 1.200 Anzeigen, davon 1.130 Verstöße gegen die
       Allgemeinverfügung und 35 Strafanzeigen wegen Beleidigung oder Angriffs auf
       Beamte zählte die Polizei. Bei Handgemengen zwischen Demonstrant*innen
       und Polizei wurden zwei Polizist*innen verletzt.
       
       Die Einsatzkräfte setzten Schlagstöcke und Pfefferspray gegen die
       Demonstrant*innen ein, drei Personen wurden verletzt. Die
       „Spaziergänger*innen“ selbst schienen ebenfalls mäßig zufrieden mit dem
       Ausgang des Abends. Die Aktion habe nicht die erwartete Schlagkraft gehabt,
       heißt es im Anschluss im Telegram-Kanal – anderen sei es nicht weit genug
       gegangen. Gemäßigte Impfgegner*innen und der radikale Kern scheinen
       sich in München aufzuspalten – mit offenem Ausgang.
       
       ## „Mal nach den Rechten sehen“
       
       Die Theatinerstraße ist gesäumt mit Polizeiautos. Menschenmassen sind
       unterwegs, viele auf dem Heimweg, andere haben Schilder dabei. Einige
       Nebenstraßen sind abgesperrt. „Freiheit“ rufen manche. Autos stehen quer,
       einige davon mit Blaulicht. Auf einer Tafel läuft in Leuchtschrift weiß auf
       blau ein Text, eine Lautsprecherstimme spricht. Die Versammlung sei
       aufgelöst, wer sich nicht vom Platz bewege, müsse seine Daten abgeben. Aus
       der eingekesselten Menge tönt es immer wieder „Widerstand“.
       
       Vor dem Testzentrum daneben stehen Aktivist*innen, sie tragen ein Banner,
       „Mal nach den Rechten sehen“. Ein alter Mann ruft „Diktatur“, einige
       schütteln den Kopf. Viele Menschen sind unterwegs, Familien, Paare, sie
       suchen einen Nachhauseweg ohne Querdenker*innen oder Absperrungen.
       Menschen sehen sich ungeduldig und unsicher um. Die „Spaziergänger“ haben
       Unruhe gestiftet, hinterlassen Feindseligkeit.
       
       6 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
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