# taz.de -- Prozess um Racial Profiling: Polizei darf weiter kontrollieren
       
       > Ein Schwarzer Bewohner von Hamburg St. Pauli hatte Recht bekommen, als er
       > die Polizei verklagte. Nun hob die zweite Instanz das Urteil zum Teil
       > auf.
       
 (IMG) Bild: Kontrollen der Identität und der mitgeführten Gegenstände sind oft alltäglich für Nicht-Weiße
       
       HAMBURG taz | Im Berufungsverfahren der Hamburger Innenbehörde gegen einen
       Schwarzen Bewohner St. Paulis ist heute früh das Urteil ergangen. Das
       Oberverwaltungsgericht hob [1][den Richterspruch der ersten Instanz] zum
       Teil auf und folgte damit der Darstellung der Innenbehörde. Der Kläger
       Barakat H. hatte die Polizei für vier Situationen angezeigt, in denen er
       aus seiner Sicht Opfer einer rassistischen Polizeikontrolle geworden war.
       
       In der Verhandlung ging es nur noch um zwei der vier Situationen – eine
       hatte die Innenbehörde selbst als rechtswidrig anerkannt, eine andere hatte
       der Kläger zurück gezogen. Bei einer der noch offenen Situationen zog die
       Innenbehörde während der Verhandlung ihre Berufung zurück. Bezüglich der
       letzten Situation folgte das Oberverwaltungsgericht nun der Innenbehörde.
       Die Begründung wird das Gericht erst in den kommenden Wochen bekanntgeben.
       
       Für H.'s Anwalt Carsten Gericke ist das Urteil eine vertane Chance. „Vor
       dem Hintergrund der gestrigen Beweisaufnahme sind wir ebenso überrascht wie
       enttäuscht“, sagt er. Die Entscheidung zeige die existierenden
       institutionellen [2][Widerstände, wenn es darum gehe, Rassismus in der
       Polizeiarbeit zu adressieren]. „Das Gericht hat die Chance verpasst, den
       gesellschaftlichen Entwicklungen, die von der weltweiten Black Lives
       Matter-Bewegung angestoßen wurden, Rechnung zu tragen und auf eine
       diskriminierungsfreie Kontrollpraxis der Hamburger Polizei hinzuwirken“, so
       Gericke.
       
       ## „Konspiratives Verhalten“?
       
       Im November 2017 war H. gerade mit seinem Freund Rasmus R. auf dem Rückweg
       vom Sport und vom Einkaufen gewesen, als sie zwischen der Reeperbahn und
       der Hafenstraße überraschend [3][aufgefordert wurden, ihre Personalien zu
       zeigen]. Die Polizisten hatten ausgesagt, H. und R. hätten sich
       „konspirativ“ verhalten, seien eng aneinander gegangen, hätten beim Anblick
       der Polizisten ihren Schritt beschleunigt und sich umgeguckt.
       
       H. und R. sagten hingegen aus, sie hätten sich ganz normal unterhalten, das
       Auftauchen der Polizei zunächst überhaupt nicht auf sich bezogen und
       demzufolge auch nicht ihre Schritte beschleunigt oder sich umgesehen. Der
       Richter des Oberverwaltungsgerichts folgte offenbar der Darstellung der
       Polizisten.
       
       H. und sein Anwalt wollen jetzt die schriftlichen Urteilsgründe abwarten
       und dann prüfen, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Die nächste
       Instanz wäre das Bundesverwaltungsgericht.
       
       20 Jan 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schipkowski
       
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