# taz.de -- Interview von Kardinal Marx: Verächtlich und weltfremd
       
       > Kardinal Marx bringt Sexualität und unterschiedliche Lebensentwürfe in
       > einen unzulässigen Zusammenhang – was für eine diffuse Sicht auf das
       > Leben.
       
 (IMG) Bild: Kardinal Marx stellt das Pflichtzölibat in Frage
       
       Der Pflichtzölibat als priesterliche Lebensform ist „prekär“. So zumindest
       formulierte es Kardinal Reinhard Marx gerade in einem [1][Interview mit der
       Süddeutschen Zeitung]. Damit stellt der Münchner Erzbischof eine
       grundlegende Standespflicht für katholische Geistliche infrage und gilt
       vielen allein für diese Aussage als Reformer der katholischen Kirche. Aber
       greift Marx tatsächlich die Kirche in ihren Grundfesten an und wirft
       katholische Gesetze über Bord?
       
       Marx’ vermeintlich klare Positionierung lässt das auf den ersten Blick
       vermuten. Der zweite Blick sagt etwas anderes: Sein Vorstoß ist vielmehr
       aus der Not heraus geboren als glaubwürdig mit dem Bestreben versehen,
       mittelalterliche Regeln zu brechen und die Kirche dem Leben anzupassen.
       
       [2][Der Kirche laufen nicht nur die Gläubigen weg] – allein 2020 traten
       über 221.000 Katholik:innen aus der Kirche aus – es wollen auch immer
       weniger Männer Priester sein. Was Marx vor zwei Jahren zu der „Erkenntnis“
       brachte, dass der Zölibat in Gegenden mit Priestermangel aufgehoben werden
       könnte.
       
       Deutlicher konnte ein hoher Kirchenvertreter das Desaster seiner
       Glaubenseinrichtung gar nicht beschreiben: Wir lockern (verbal) da, wo wir
       keine Macht mehr über Menschen, ihr Leben und ihr Denken haben. Aber nur
       ein ganz klein bisschen, sodass Rom nicht mosern kann. Doch so weit, dass
       an der Basis als Botschaft ankommt: Wir wollen uns verändern, bitte bleibt
       bei uns!
       
       Wer aber bleibt Mitglied dieser Institution, wenn jemand wie Marx Sätze
       sagt wie: „Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet.
       Nicht nur aus sexuellen Gründen, sondern weil es für ihr Leben besser wäre
       und sie nicht einsam wären.“ Was für eine diffuse Sicht auf Ehe, Liebe, das
       Leben an sich.
       
       Marx bringt Sexualität und unterschiedliche Lebensentwürfe in einen
       unzulässigen Zusammenhang, etwa so: Unverheiratete sind einsam und leben
       schlecht, Sex gibt es nur in der Ehe. Für Marx gehört offen gelebte Liebe
       nicht nur vertraglich besiegelt, er will Priester zudem in ein neues
       Korsett zwängen: die Ehe. Das ist so verächtlich wie weltfremd.
       
       3 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.sueddeutsche.de/politik/kardinal-marx-interview-zoelibat-missbrauch-kirche-1.5520606?reduced=true
 (DIR) [2] /Reform-der-katholischen-Kirche/!5828891
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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