# taz.de -- Auf der Berlinale 2022: Der erbarmungslose Einlasser
       
       > Tickets für die Berlinale zu ergattern war nie einfach. Jetzt kommt noch
       > die Pandemie dazu – und sorgt für Erlebnisse zwischen Macht und Ohnmacht.
       
 (IMG) Bild: Da wollen alle hin, wenn Berlinale ist: ins Kino. Bis Sonntag laufen noch die Publikumstage
       
       Beim Treffen am Nachmittag mit der sonst sehr sonnigen S. und ihrer
       13-jährigen Tochter L.: eine Wand aus weißer Wut und Enttäuschung. S.
       erzählt: Wir haben gerade versucht, einen [1][Film auf der Berlinale] zu
       sehen, „Comedy Queen“, ein schwedischer Film über ein Mädchen, deren Mutter
       sich das Leben genommen hat. Läuft um 13 Uhr in der Urania. Du weiß ja, L.
       ist genesen, also haben wir keinen Test gemacht. Aber dann hat uns die Frau
       am Einlass zehn Minuten vor Filmbeginn in der Urania erklärt, dass bei der
       Berlinale auch Kinder einen tagesaktuellen Bürgertest brauchen.
       
       Das ist seltsam, sage ich, denn wir waren am Vortag in einem Berlinale-Film
       am Alexanderplatz. Du weißt ja, unsere Kinder sind geimpft. Sie haben sich
       extra vorher testen lassen, aber den Test wollte dort überhaupt gar niemand
       sehen.
       
       Egal, sagt S., die Frau an der Urania hat uns trotzdem zum nächsten
       Testzentrum geschickt, am Nollendorfplatz. Das ist acht Minuten zu Fuß von
       der Urania entfernt – also mussten wir rennen. Um 13.59 Uhr haben wir
       tatsächlich einen Test abgenommen bekommen und sind zurückgelaufen. Um
       13.07 waren wir wieder bei der Frau in der Urania.
       
       Nun war aber natürlich beim Test noch kein Ergebnis sichtbar, sodass wir
       sie gefragt haben, bis wann denn eigentlich Einlass ist!? Bis 13.15 Uhr,
       hat die Frau gesagt. Woraufhin ich mich mit ihr verständigt habe, dass sie
       das schon dazusagen oder irgendwo hinschreiben müssten, bevor sie jemanden
       zehn Minuten vor Filmbeginn zu einem acht Minuten entfernten Testzentrum
       schicken.
       
       ## Yeah, ihr könnt uns jetzt reinlassen!
       
       Bis dahin ist das Gespräch noch ganz freundlich verlaufen, sagt S. Mensch,
       hat die Frau gesagt, da habt ihr och recht. Das ist ein wichtiger Hinweis.
       Doch dann hat sich ein anderer Einlasser ins Gespräch gemischt, ein Mann
       mit Kringeling im Ohr, vielleicht der Mann mit der Macht, wie S. sagt. Ob
       wir verärgert wären? Nicht verärgert, sondern irritiert, habe ich gesagt.
       Und, dass Freunde von uns schon im Kino sind. Und während ich noch mit ihm
       spreche, kommt das Testergebnis und ich sage zu ihm: Yeah, ihr könnt uns
       jetzt reinlassen! Und dann hat er zu mir gesagt: In dem Ton jetzt schon mal
       gar nicht. Und: Es ist bereits geschlossen.
       
       Ich dann: Aber es ist doch jetzt erst 14 nach und damit noch eine Minute
       Zeit für den Einlass. Eigentlich. Denn dann sagt der Einlasser: Nein, die
       Zeiten variieren manchmal, ich habe bereits von oben das Zeichen bekommen,
       dass wir schließen. Und er war erbarmungslos. Als hätte ich kein Kind dabei
       und als wäre ich hier nicht vor der Urania, um einen Kinderfilm zu gucken,
       sondern vorm Berghain, sagt S.
       
       Ach, übrigens haben mir die Freunde im Saal erzählt, der Film sei erst um
       13.17 Uhr losgegangen. Sie sind dann aus Protest aus dem Kino abgezogen,
       sagt S. [2][Vier Tickets verschossen, und das, wo es doch in diesem Jahr
       sowieso nur so wenige Tickets] gibt und die Filmemacher bestimmt um jeden
       besetzten Platz im Kino froh sind.
       
       Wir haben dann die Neuverfilmung von „Tod am Nil“ gesehen, im Zoopalast,
       sagt die sonst so sonnige S. Da bringen sich zwar am Ende auch welche um,
       aber es ist wenigstens spannend.
       
       17 Feb 2022
       
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