# taz.de -- Die Wahrheit: Wundergift gegen Einmarschierer
       
       > Kurzen Prozess mit sich aggressiv gebärdenden Narzissten machen?
       > Nützlicher, weil komplett paralysierend: der „Schreckliche
       > Pfeilgiftfrosch“.
       
       Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere noch an das freundliche
       Angebot eines Machiguenga-Stammeshäuptlings an den Regisseur Werner Herzog
       angesichts des problematischen Verhaltens von Klaus Kinski, dem
       Hauptdarsteller des Films „Fitzcarraldo“.
       
       Angeblich, so erzählte es Herzog, habe der Machiguenga-Chef, der Kinskis
       Ausfälle am Set als Komparse gemeinsam mit anderen Stammesmitgliedern
       verfolgte, ihm vorgeschlagen, kurzen Prozess mit diesem sich aggressiv
       gebärdenden Narzissten zu machen. Herzog habe dankend abgelehnt.
       
       Denn egal, ob es in Machiguenga- oder anderen Arawak-Völkern des
       Regenwaldes einst zum guten Ton gehörte: So etwas tut man nicht. Wie es
       allerdings mit dem Einsatz des „Schrecklichen Pfeilgiftfroschs“
       (Phyllobates terribilis) aussieht, eines ebenfalls im Regenwald lebenden
       Blattsteigers, dessen niedlich-zitronengelbe, unschuldige Färbung einen
       starken Kontrast zu der Wirkung seines Hautgifts bildet, steht auf einem
       anderen Paranussbaumblatt.
       
       Dieses Gift tötet nicht direkt, es paralysiert nur – man muss allerdings
       aufpassen, dass es nicht in die Blutbahn gerät. Das Paralysieren mancher
       Menschen für einen gewissen Zeitraum könnte jedoch zuweilen nützlich sein.
       Oder, wie es in einem alten Sprichwort mancher Arawak-Völker heißt, bei
       denen Pfeilgifte auch unter der Bezeichnung „Curare“ zusammengefasst
       werden: Curare humanum est.
       
       ## Pfeilgiftfroschgift gegen Klimaschädlinge
       
       Denkbar wäre zum Beispiel ein Szenario, in dem Mitglieder des indigenen
       Noanamá-Stammes, der das Pfeilgiftfroschgift traditionell zum Jagen nutzt,
       sich unauffällig in eine Veranstaltung mischen, in der auch gewisse
       südamerikanische Staatsoberhäupter zugegen sind, die trotz anders lautender
       Versprechungen auf Weltklimakonferenzen seit Amtsantritt über 11.000
       Quadratkilometer Regenwald jährlich abholzen lassen.
       
       Nur ein kleiner, lautloser Puster, schnell und unsichtbar wie der Wind –
       und gewisse Jemande fassten sich an den Hals, fielen steif zu Boden,
       blieben dort zunächst ein bisschen gemütlich liegen und ließen dem
       Regenwald Zeit, sich zu regenerieren und das Klima auf der ganzen Welt zu
       retten. Und die Noanamá sind natürlich, schwups, schnell und
       hastdunichtgesehen wieder verschwunden.
       
       Vielleicht könnte man die übrigens zur Chocó-Sprachfamilie gehörenden
       Noamamá-Mitglieder gar darin bestärken, nach weiteren Zielen für ihre
       Pfeile zu suchen. Auch in anderen Teilen der Welt gibt es schließlich
       Staatsoberhäupter, deren zeitweilige Paralyse eine Menge Gutes bewirken
       könnte.
       
       Gegebenenfalls und mit der Hilfe einiger findiger Tech-Start-ups könnte man
       sie, damit niemand ins Grübeln kommt, auch umgehend heimlich durch eine KI
       ersetzen, die KI-typisch mit unbewegtem Gesicht vor der Welt verkündet:
       „Mit sofortiger Wirkung ziehe ich alle Truppen zurück. Der Einmarsch war
       ein Irrtum und ein Verbrechen. Ich entschuldige mich und schalte mich jetzt
       ab. Piep.“
       
       4 Mar 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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