# taz.de -- Petition der Woche: Damit niemand leer ausgeht
       
       > In Berlin gibt es viel Leerstand, eine Petition möchte ihn nun für
       > Geflüchtete zur Verfügung stellen. Doch zahlreiche Wohnungen sind
       > verwahrlost.
       
 (IMG) Bild: Anlaufstelle am Berliner Hauptbahnhof für ukrainische Geflüchtete
       
       Jeden Tag kommen sie am Berliner Hauptbahnhof an, Hunderte, Tausende
       [1][geflüchtete Menschen aus der Ukraine], seit mehr als drei Wochen schon.
       Privatpersonen und Hilfsorganisationen kümmern sich um sie und versuchen
       auch, sie unterzubringen. Doch diese Kapazitäten sind endlich.
       
       Nun fordert [2][die Onlinepetition „Leerstand enteignen: Wohnraum für
       Geflüchtete jetzt!“] eine „schnelle, effektive und menschenwürdige
       unbürokratische Unterbringung“: Geflüchtete sollen in ungenutzten Berliner
       Gebäuden eine erste Bleibe finden. Die Petition, gestartet von Larissa
       Hesse, richtet sich an Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey
       (SPD) und ihre Stellverteter:innen Bettina Jarasch (Grüne) und Klaus
       Lederer (Die Linke).
       
       Im Petitionstext wird Giffey selbst zitiert: „Wir richten uns auf
       mindestens 20.000 Menschen ein, die wir hier in Berlin unterbringen
       müssen.“ Für diese Herausforderung erscheinen Hesse die Berliner Leerstände
       als eine geeignete Lösung, zumindest vorübergehend.
       
       Laut [3][leerstandsmelder.de] soll es im Zentrum Berlins 686 unbewohnte
       Wohnungen und Häuser geben, den Umkreis wie Potsdam, Teltow und
       Hohen-Neuendorf eingerechnet sind es sogar 778. Diese könnten temporär in
       Notunterkünfte umgewidmet werden. „Es ist einfach absurd, dass Wohnungen
       während einer humanitären Notlage leer stehen“, erklärt Hesse.
       
       ## Hilflos ohne helfende Hände
       
       Die 29-jährige Grundschullehrerin hat zusätzlich zu ihrer Petition auch
       eine Hilfsschicht am Berliner Hauptbahnhof übernommen und kurzzeitig ihre
       private Wohnung komplett für Geflüchtete zur Verfügung gestellt. Sie
       kritisiert, dass die Arbeit [4][insbesondere von Ehrenamtlichen getragen
       wird]. „Ich finde es toll, wie offen die Menschen jetzt aus der Ukraine
       empfangen werden“, sagt Larissa Hesse, aber auch: „Gleichzeitig sieht man,
       dass es überall an der Infrastruktur hapert. Unsere Schichten am
       Hauptbahnhof waren auch mega unkoordiniert. Das wurde anfangs hauptsächlich
       von Ehrenamtlichen aus dem Boden gestampft.“
       
       Die privaten Unterbringungen sieht Hesse skeptisch. Sie verlangt, dass die
       Sicherheit der Geflüchteten oberste Priorität haben muss. Es sei wichtig,
       dass Geflüchtete einen Ort ganz für sich haben. „Man weiß einfach nicht,
       was das für Leute sind, die da Menschen unterbringen möchten. Man ist
       darauf angewiesen, dass sie gute Absichten haben, und das ist auf die
       Schnelle halt schwer festzustellen.“
       
       Damit spielt Hesse auf Hinweise der Polizei an, die vor dubiosen
       Helfer:innen gewarnt hatte. Es habe am Berliner Hauptbahnhof Fälle
       gegeben, bei denen [5][Personen Geld geboten hätten], um speziell Frauen
       oder Jugendliche bei sich unterkommen zu lassen.
       
       Allerdings ist fraglich, ob die Berliner und Brandenburger Leerstände
       tatsächlich eine geeignete Heimstatt für Geflüchtete sind. Viele solcher
       Wohnungen stehen seit mehreren Monaten oder Jahren leer und sind
       entsprechend verwahrlost. Die Strom- und Wasserversorgung ist ebenfalls
       ungeklärt. Bevor Leerstände temporäre Notunterkünfte werden können, müssten
       sie geprüft und gegebenenfalls saniert werden. Larissa Hesse sieht hier den
       Senat in Verantwortung: „Der Senat hat dann die Entscheidungsbefugnis zu
       sagen, wir richten das jetzt her“, betont sie. „Das liegt viel am
       politischen Willen.“
       
       20 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Flucht-aus-der-Ukraine/!5841032
 (DIR) [2] https://www.change.org/p/franziska-giffey-leerstand-enteignen-wohnraum-f%C3%BCr-gefl%C3%BCchtete-jetzt
 (DIR) [3] https://leerstandsmelder.de/
 (DIR) [4] /Ukraine-Fluechtlinge-in-Berlin/!5836591
 (DIR) [5] /Anrufer-fragen-nach-Ukrainerinnen/!5838534
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Shoko Bethke
       
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