# taz.de -- Die Wahrheit: Cheerio, Kühlwalda!
       
       > Auf, auf, ihr Weltenretter! Der Laubfrosch ruft und will bei seinen
       > Wanderungen über die gefährlichen Straßen getragen werden.
       
       Die Nacht war stockfinster, und wir hörten erst ein Platschen, dann Theos
       Stimme. „Shit!“ Im Licht einer Taschenlampe sah man, dass er bis zum Knie
       im Matsch versunken war.
       
       „Meine beste Hose, die krieg ich ja nie wieder sauber!“ – „Wer zieht auch
       seine beste Hose an, wenn er ins Moor geht?!“, brummte Raimund. „Es gibt
       halt Menschen, die sind nicht dafür geschaffen, nachts durchs Moor zu
       stiefeln“, protestierte Theo. „Ich zum Beispiel sollte um diese Zeit an der
       Theke des Café Gum sitzen und Bier trinken.“ – „Ach, was!“, fuhr Luis ihn
       an: „Genau darum geht es doch, du Heini!“
       
       Am Abend zuvor hatte Raimund uns erklärt, dass wir sofort eine Expedition
       ausrüsten müssten, um den Laubfrosch vor dem Aussterben zu bewahren. „Den
       Laubfrosch?“ – „Jawohl!“, rief er: „Gerade jetzt wird er tausendfach auf
       den Landstraßen platt gefahren!“ – „Mag sein“, sagte Theo, „aber …“ – „Nix
       aber! Der Laubfrosch ist der einzige natürliche Feind der Hopfenlaus, und
       dreimal dürft ihr raten, was die Hopfenlaus am liebsten vertilgt!“
       
       Totenstille hatte sich breitgemacht. Sogar Petris, Wirt des Café Gum,
       Grieche und Stoiker, wurde bleich und wischte geistesabwesend den Staub von
       den Imiglykos-Flaschen, die für absolute Notfälle im Regal standen. „Und
       ich hab gedacht“, flüsterte Theo konsterniert, „dass es nach drei Jahren
       Pandemie und Putins Krieg gegen die Ukraine langsam mal wieder aufwärts
       gehen würde mit der Weltgeschichte.“
       
       Wir tasteten uns weiter durchs Moor. „Ich hab einen!“, rief Theo plötzlich.
       Wir liefen zu ihm rüber. „Das ist kein Laubfrosch“, stöhnte Luis:
       „Laubfrösche sind grün. Das da ist Kühlwalda, Catweazles Erdkröte, und die
       ist irrelevant für die Bierversorgung.“
       
       „Aber hier!“, rief Raimund. „Tatsächlich!“ Ein kleiner grüner Frosch saß in
       den Lichtkegeln von drei Taschenlampen. „Los“, sagte Luis, „bringen wir ihn
       über die Straße!“ Er machte einen Schritt auf ihn zu, doch plötzlich hörten
       wir ein Rauschen und Flattern, und der Frosch war verschwunden. „Was?!“
       Raimund leuchtete in einen abgestorbenen Baum. „Das Mistbiest da hat ihn!“
       Wir sahen eine Eule, in deren Krallen das Fröschlein japste.
       
       „Lass unseren Freund los!“, rief Theo und schnappte sich einen Stein, doch
       bevor er ausholen konnte, trat eine Gestalt aus dem Schatten des Baumes.
       „Lass das!“, fauchte die Gestalt. Es war Benny, Luis’ Sohn.
       
       „Benny! Was machst du denn hier?“ – „Die letzten Eulen dieses Moores vor
       Irren wie euch beschützen. Sie sind vom Aussterben bedroht!“ – „Aber die
       Laubfrösche sind auch vom Aussterben bedroht!“ – „Tja“, grinste Benny, „ich
       glaub, ich hab die besseren Argumente!“
       
       Hinter ihm trat der dicke Trumm Kevin aus dem Dunkel, der angeblich jeden
       Morgen für seinen veganen Frühstücksdrink mit bloßer Faust den Saft aus
       rohen Kartoffeln quetschte. Theo meinte, dass damit das Ende der
       Weltgeschichte definitiv gekommen sei.
       
       12 Apr 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joachim Schulz
       
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