# taz.de -- Teurere Lebensmittel, mehr Hunger: Westen kontert Russlands Vorwurf
       
       > Der Ukrainekrieg, nicht die Sanktionen hätten Preise in die Höhe
       > getrieben, so EU und USA. Russisches Getreide dürfe weiter importiert
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Russisches Weizenfeld
       
       BERLIN taz | Die EU und die USA weisen Vorwürfe des Kreml zurück, vor allem
       Sanktionen des Westens gegen Russland hätten Lebensmittel verteuert. Die
       „negativen Effekte auf die Agrarrohstoffproduktion in der Ukraine, die
       Preise oder die Verfügbarkeit von Rohstoffen auf dem Weltmarkt sind das
       Ergebnis der destabilisierenden Auswirkungen der russischen Aggression und
       der militärischen Aktivitäten auf ukrainischem Boden und nicht der
       EU-Sanktionen“, schreibt Miriam García Ferrer, Sprecherin der Europäischen
       Kommission, der taz. „Die Export- und Importbeschränkungen klammern […]
       Produkte aus den Bereichen Gesundheit, Pharma, Lebensmittel und
       [1][Landwirtschaft] aus“. Stattdessen habe die EU Einfuhrverbote
       beispielsweise für Holz, Zement, Kaviar und Wodka verhängt.
       
       Ähnlich hatte sich vergangenen Donnerstag die US-Vertreterin beim
       Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, [2][Lisa Carty],
       geäußert. Sie teilte mit, „US-Sanktionen gegen Russland haben nie
       Lebensmittel, Agrarprodukte oder die Handelsschifffahrt einbezogen“.
       
       Damit reagierten die Europäische Union und die Vereinigten Staaten auf
       Statements russischer Diplomaten. Der stellvertretende russische
       UN-Botschafter Dmitri Tschumakow beispielsweise hatte laut
       Nachrichtenagentur AP gesagt, schuld an den steigenden Preisen seien
       Sanktionen gegen Russland, Handelskriege, die Coronapandemie und die
       Wirtschaftspolitik westlicher Staaten, die die Weltmärkte erschütterten.
       
       Bei der Kontroverse geht es um die Verantwortung dafür, dass wegen der
       stark gestiegenen Nahrungsmittelpreise laut einer Simulation der
       Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)
       die Zahl von unterernährten Menschen weltweit 2022/23 um [3][8 bis 13
       Millionen] steigen könnte. Da Russland bislang 17 Prozent und die Ukraine
       12 Prozent der globalen Weizenexporte geliefert haben, bestimmen sie den
       Markt maßgeblich mit. Besonders abhängig von Getreideimporten aus Russland
       und der Ukraine sind Staaten in Nordafrika und dem Nahen Osten.
       
       ## Russland hat selbst Exportverbot erlassen
       
       Doch gerade diese Länder hätten gar keine Sanktionen gegen Russland
       verhängt, sagte Oleksandr Perekhozhuk, Ukraine-Experte am Leibniz-Institut
       für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), der taz. „Zum
       größten Teil wurden die Preissteigerungen dadurch verursacht, dass die
       Ukraine wegen des Kriegs nicht mehr über die Schwarzmeer-Region Getreide
       exportieren kann“, so der aus der Ukraine stammende Ökonom. Über die Häfen
       dort und im benachbarten Asowschen Meer wurde bisher das weitaus meiste
       Getreide ausgeführt; die Bahn kann nicht so große Mengen transportieren,
       andere Häfen gibt es nicht.
       
       „Dass die EU mehrere russische Banken vom Überweisungssystem SWIFT
       ausgeschlossen hat, ist kein ausreichender Grund für die
       Preissteigerungen“, ergänzte Per Brodersen, Agrarexperte beim Ost-Ausschuss
       der Deutschen Wirtschaft. „Getreideimporteure können über andere Banken
       ihre Lieferungen bezahlen“, sagte er der taz. Russlands Regierung habe
       außer durch den Krieg die Preise auch durch einen Erlass von Mitte März
       über ein [4][Exportverbot für Getreide] in die Höhe getrieben.
       
       Zutreffend ist laut Brodersen allerdings, dass Weizen sich schon Monate vor
       dem russischen Angriff auf die Ukraine verteuert habe, zum Beispiel wegen
       der Coronapandemie. Aber der extreme [5][Preisanstieg um rund 60 Prozent]
       habe erst begonnen, als Russland fast die gesamte ukrainische
       Schwarzmeerküste durch Marinemanöver [6][blockierte] und am 24. Februar in
       der Ukraine einmarschierte.
       
       25 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Landwirtschaft/!t5007831
 (DIR) [2] https://usun.usmission.gov/remarks-at-a-un-security-council-arria-formula-meeting-on-conflict-and-hunger/
 (DIR) [3] https://www.fao.org/fileadmin/user_upload/faoweb/2022/Info-Note-Ukraine-Russian-Federation.pdf
 (DIR) [4] https://rg.ru/2022/03/17/postanovlenie-dok.html
 (DIR) [5] https://www.finanzen.net/charttool?instrumentType=Commodity&instrumentStrings=Weizenpreis%3A300002%3A25%3A396%3A814
 (DIR) [6] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/militaermanoever-russland-blockiert-kueste-der-ukraine-17795296.html
       
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