# taz.de -- Enkeltrick über WhatsApp: Nicht nur Großeltern betroffen
       
       > Auf WhatsApp versuchen Betrüger:innen mit einer neuen Variante des
       > Enkeltricks Geld zu erschleichen. Die taz hat mit Betroffenen gesprochen.
       
 (IMG) Bild: Um Großeltern und Eltern vor Betrug zu schützen, können Kinder regelmäßig Kontakt aufnehmen
       
       BERLIN taz | Mit Anreden wie „Hallo Papa“ und roten Herzchen-Emojis wickeln
       sie ihre Opfer um den Finger. Ohne zu zögern, überweisen Eltern und
       Großeltern die Summe, und im Nu ist das Geld weg. Die Rede ist von
       „Schock-WhatsApps“. Das Landeskriminalamt (LKA) in Schleswig-Holstein sowie
       das Polizeipräsidium Brandenburg gaben bekannt, dass es eine neue Variante
       des sogenannten Enkeltricks gibt.
       
       Betrüger:innen nutzen den [1][Messenger-Dienst WhatsApp], um sich als
       Angehörige auszugeben und um Geld zu bitten. Sie kontaktieren ihre Opfer
       mit Nachrichten, die Vertrautheit erwecken, und suggerieren so eine enge
       Beziehung. Darauf folgt die Information, dass man eine neue Nummer habe –
       sowie die Aufforderung, die alte, vermeintlich nicht mehr gültige Nummer zu
       löschen. Auf diese Weise soll der Kontakt zu den echten Familienangehörigen
       unterbunden werden.
       
       Ist das Vertrauen erst erweckt, bitten sie ihre Opfer einige Tage später um
       Echtzeitüberweisungen auf Konten von Onlinebanken. Die vermeintlichen
       Gründe reichen von „Unfall im Ausland“ bis hin zur „Rücküberweisung in zwei
       Tagen“. Eine spätere Rückholung des Geldes ist aussichtslos.
       
       Insgesamt registrierte allein das Landeskriminalamt in Schleswig-Holstein
       in diesem Jahr 440 Fälle des [2][neuen Enkeltricks]. In 94 Fällen waren die
       Betrüger:innen erfolgreich. Der dadurch entstandene finanzielle Schaden
       im Raum Schleswig-Holstein beträgt 268.000 Euro. Da nicht alle Fälle der
       Polizei gemeldet werden, wird eine höhere Dunkelziffer vermutet. Außerdem
       werden solche Tricks bundesweit eingesetzt.
       
       ## Klingt fast wie das eigene Kind
       
       Eine 65-Jährige aus Hamburg erzählte gegenüber der taz, dass sie eine
       solche Nachricht erhalten habe – sie möchte aber anonym bleiben. Die
       Nachricht begann mit „Hallo Mama“. Der vermeintliche Sohn schrieb, dass er
       seinen Anbieter gewechselt habe und seine alte Nummer deshalb gelöscht
       werden könne.
       
       „Ich habe die neue Nummer gespeichert und wollte die alte auch löschen,
       aber ich war einfach zu träge“, sagt die Betroffene. Sie hätte sämtliche
       Zusatzinformationen in die neue Nummer übertragen müssen, das sei ihr zu
       aufwendig gewesen. Sie habe daher die Nachricht zur Kenntnis genommen und
       ihren Sohn zwei Tage später bei einem Spaziergang darauf angesprochen.
       Dieser habe sofort geahnt, dass es sich um einen Enkeltrick handelt.
       
       Wer derartige Nachrichten erhält, sollte vorsichtig reagieren, sagt der
       Sprecher des Polizeipräsidiums in Brandenburg, Mario Heinemann. Man solle
       die Nummer zurückrufen, um den Wahrheitsgehalt zu erfragen. Das hätte die
       Betroffene auch getan: „Wenn meine Kinder mit mir ein Problem besprechen
       wollen, sprechen sie persönlich mit mir“, sagt sie. Angezeigt habe die
       Mutter diesen Fall nicht.
       
       Ein 60-jähriger Betroffener wurde nach einer ähnlichen Kontaktaufnahme zur
       Geldüberweisung aufgefordert. Er erklärt gegenüber der taz, dass er den
       Betrag in Höhe von 1.700 Euro „noch am selben Tag überweisen“ wollte. Die
       anonyme Person habe versucht, zeitlich Druck auszuüben. Erst durch ein
       Gespräch mit seiner Frau habe er innegehalten. Er sei verärgert gewesen und
       fühlte sich bloßgestellt, da er „beinahe darauf hereingefallen wäre“. Aber
       auch er erstattete keine Anzeige, da es „nur“ bei Nachrichten geblieben
       sei.
       
       ## Kontakt aufnehmen, bevor es zu spät ist
       
       Der Schaden, der durch die zahlreichen Enkeltricks entstanden ist, lässt
       sich zum Teil auf mangelnde [3][Medienkompetenz] zurückführen. Eine Studie
       der Stiftung Neue Verantwortung vom März 2021 ergab, dass im Alter die
       digitale Kompetenz sinkt. Menschen in der Altersgruppe über 60 schneiden am
       schlechtesten ab, wenn es um digitale Kompetenz geht.
       
       Um Familienangehörige vor Kriminalität im Netz zu schützen, benötigt es
       mehr Achtsamkeit und Vorsorge. Heinemann rät: „Die Generationen sollten
       miteinander reden“, so der Polizeisprecher. Ältere Menschen seien einfach
       nicht in der digitalen Welt aufgewachsen. Kinder und Enkelkinder könnten
       ihnen beibringen, wie man fingierte Kurznachrichten erkennt. Der 60-jährige
       Vater erklärt, er habe seine Lektion gelernt: „Niemals etwas zahlen, ohne
       vorher über ein anderes Medium Rücksprache zu nehmen“, sagt er.
       
       3 May 2022
       
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 (DIR) Shoko Bethke
       
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