# taz.de -- Die Wahrheit: Billig, billig, billig!
       
       > Kampf der Inflation: Sparen ist der neue Einkaufsbummel. Und Biomarkt
       > günstiger als Discounter. Tipps für preisbewusste Verbraucher.
       
 (IMG) Bild: Das Geld rinnt den Leuten nur noch so durch die Hände
       
       Nun wird der Gürtel tatsächlich enger geschnallt. Ein Tsunami an
       Preiserhöhungen, der seit Jahresbeginn über uns hineinbricht, macht es
       nötig. Gespart wird derzeit an allen Ecken und Enden – an knusprigen
       Nussecken zum Beispiel, aber auch an Mettenden (luftgetrocknet). Davon
       betroffen sind die alltäglichen Basics der Ernährung wie Teigwaren und Brot
       ebenso wie die Luxushäppchen fürs Wochenende, also Sachertorte und
       Champagner. Die Preise kennen nämlich im Augenblick wie ein mit Helium
       befüllter Partyballon nur eine Richtung: stetig nach oben, und zwar rasant.
       
       Viele Verbraucher haben die größeren Zusammenhänge dabei noch gar nicht
       verstanden. Sie glauben, dass der Krieg in der Ukraine lediglich
       Auswirkungen auf die Weizen- und Sonnenblumenölpreise haben müsse. Nicht
       wenige Zeitgenossen argwöhnen deshalb, dass sich Industrie und Handel unter
       dem Tarnnamen „Mitnahmeeffekte“ nur ihre Kassen füllen würden.
       
       Dass aber die Preissteigerungen auf dem Energiesektor praktisch alle
       Produkte treffen, weil praktisch alle Produkte aus Energie (in Form von
       Kalorien) bestehen, müssen ihnen geduldige Ökonomen und Ökotrophologen erst
       mühsam beibiegen.
       
       Nudeln und Milch der jeweils günstigsten Qualität haben ihren Preis aktuell
       nahezu verdoppelt. Das trifft gerade ärmere Haushalte hart, ist aber allen
       anderen wie üblich egal. Denn in beinahe allen anderen Haushalten gibt es
       Verzichtmöglichkeiten und Einsparpotenziale – nicht nur bei Strom und
       Kleidung. Glühwein braucht im Hochsommer kein Mensch, übriggebliebene
       Frühstückseier können eingefroren werden, und beim Einkaufen gilt es von
       nun an eben, Preise zu vergleichen: Gemüse für 100 Euro ist beispielsweise
       teurer als Frischkäse für 4,99, selbst wenn man ihn auf dem Wochenmarkt
       holt.
       
       ## Gebackene Dosenbohnen
       
       Also sollte man sich, auch in Hinblick auf Krise und Krieg, ganz unbedingt
       bevorraten, und zwar mit gebackenen Bohnen aus der Dose, falls es die noch
       irgendwo im Sonderangebot gibt. Auch Erbsen und Möhren können im Bunker
       eine recht wohlschmeckende Mahlzeit ergeben, bei prekärer Finanzsituation
       müssen sie es sogar anderswo. Prospekte und Anzeigenblätter helfen dabei,
       die Marktlage vorzusortieren, und pressen die Einkaufswoche in ein straffes
       Zeitkorsett.
       
       Aber keine Sorge: Die meisten billigen Alltagswaren und No-Name-Produkte
       haben ohnehin einen von Vorreiter Aldi festgelegten Einheitspreis. Ihm
       folgen die anderen Ketten gern, da sie es ja mit der Konkurrenz nicht
       übertreiben wollen.
       
       Bei ausgewählten Markenprodukten und frischen Lebensmitteln lassen sich
       indes noch allerlei Schnäppchen machen. Für günstigere Preise sind die
       meisten Konsumenten sogar bereit, längere Wege auf sich zu nehmen und jede
       Menge Kraftstoff zu verfahren. Wer in der Nähe des Aldi-Äquators lebt,
       kennt montags die Staus auf Landstraßen und Autobahnen, wenn die
       Wochenangebote die Verbraucherscharen nach Norden oder Süden treiben, je
       nachdem, wo es die geileren Aktionspreise gibt.
       
       Doch auch sonst existieren natürlich regionale Unterschiede. Frische
       Miesmuscheln bietet die Nordseeküste günstig, miese Wurstwaren das
       Grenzgebiet von Niedersachsen und Westfalen, lokale Spezialitäten wie der
       berühmte „Pfeffi“-Likör sind häufig in Ostdeutschland am billigsten Und
       Siebdrucke von Andy Warhol kauft man besser nicht in New York, das auch
       sonst für seine Rekordpreise bekannt ist.
       
       ## Abgenagte Bananenschalen
       
       Dass viele Menschen auf bewährte Spartipps zurückgreifen, zum Beispiel ihre
       Teebeutel mehrfach verwenden, Bananenschalen innen gründlich abnagen oder
       Lebensmittel kurz vor Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums, die
       durchaus noch verzehrbar sind, aus den Kühlregalen klauen, ist bei knapp
       kalkulierenden Haushalten mittlerweile selbstverständlich geworden. Aber
       auch Besserverdiener, die eigentlich das Geld mit beiden Händen aus dem
       Fenster werfen könnten, machen mit bei der großen Jagd auf die kleinen
       Preise – einfach, weil sie immer und überall die Besten sein und andere
       klar übertrumpfen wollen.
       
       So kann man also wie ein Trendforscher resümieren: Sparen ist das neue
       Geldausgeben! Und mit einem ausgezeichneten Spartipp schließen: Bei einigen
       Biosupermärkten sind die Preiserhöhungen bei Biomilch und Nudeln nicht oder
       nicht im selben Maße nachvollzogen worden wie in den gewöhnlichen
       Handelsketten. Biomilch ist dort zurzeit manchmal pro Liter tatsächlich
       sagenhafte sechs Cent billiger als beim Discounter, und Nudeln sind meist
       zwar gleich teuer, dafür aber in Bioqualität. Das muss man sich erst mal
       vorstellen!
       
       Ansonsten aber raten Experten mit Weitsicht dazu, im kommenden Sommer nur
       junge, fitte und allseits gesunde Personen ohne einschlägige
       Vorerkrankungen zum Einkaufen zu schicken: Weil sie sonst angesichts der
       weiterhin rapide steigenden Preise der Schlag treffen könnte. Und das wäre
       nun wirklich schade.
       
       18 May 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mark-Stefan Tietze
       
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