# taz.de -- Anonyme Bombendrohungen in Serbien: Schüler tanzen, Polizei überlastet
       
       > In Serbien bekommen über hundert zivile Institutionen anonyme
       > Bombendrohungen. Wichtige serbische Köpfe verdächtigen die Ukraine.
       
 (IMG) Bild: Zu viel Nähe zu Russland? Sticker in Belgrad
       
       BELGRAD taz | Es begann am Montag mit einer Bombendrohung auf dem Flug
       Belgrad-Moskau. Nichts Neues. Nur mit der Ruhe. Hatte man schon, alle
       hatten sich als Enten erwiesen. Routinemäßig durchsuchten Sondereinheiten
       der Polizei und das Bombenentschärfungskommando das Flugzeug von Air
       Serbia. Mit einiger Verspätung durften die Passagiere ihre Reise
       fortsetzen.
       
       Doch dann brach Chaos aus. Insgesamt 97 Schulen in Belgrad bekamen per
       E-Mail anonyme Bombendrohungen. In manchen Grundschulen brach Panik aus,
       Eltern eilten, ihre Kinder abzuholen. Einige Gymnasiasten dagegen freuten
       sich über den Unterrichtsausfall – Schüler tanzten vor einem Belgrader
       Gymnasium, bis Polizisten sie fortscheuchten.
       
       Für die Polizei war die Situation alles andere als lustig: Wie sollte man
       all diese Schulen überprüfen? So viele Bombenentschärfungskommandos gibt es
       nicht auf dem ganzen Balkan. Obwohl schnell klar wurde, dass es sich wohl
       um Falschdrohungen handelte, musste die Polizei laut Gesetz jede einzelne
       überprüfen.
       
       Bald erhielten außerdem mehrere Einkaufszentren, der Belgrader Zoo und ein
       Wasserwerk E-Mails mit ähnlichem Inhalt: Enorme Mengen von explosivem
       Material seien dort platziert – ebenso auf mehreren Brücken in Belgrad und
       auf dem Flughafen der südserbischen Stadt Niš.
       
       ## Wer ist für die Bombendrohungen verantwortlich?
       
       Serbiens Innenminister Aleksandar Vulin sprach von einem „Krieg gegen
       Serbien“, Medien berichteten von „organisierten Hackerangriffen“.
       
       Und alle fragen sich: Wer steckt dahinter? Der Chefredakteur des Belgrader
       Wochenmagazins [1][Vreme], Filip Švarm, kommentierte: Es könnten
       ukrainische, polnische oder baltische Hacker sein, vielleicht auch ein
       westlicher Geheimdienst, weil Serbien [2][keine Sanktionen gegen Russland]
       eingeführt hat und auch sonst putinfreundlich ist. Es könnten aber auch
       russische Hacker sein – eine Warnung, was Serbien blühe, sollte es Russland
       doch sanktionieren. Oder – weniger politisch – Hacker, die sich einen Namen
       machen wollten.
       
       [3][Goran J. Mandić], Professor an der Sicherheitsfakultät der Belgrader
       Universität, geht davon aus, dass die Spur der Bombendrohungen in die
       Ukraine führt. Indizien dafür sieht er in der Tatsache, dass der Alarm mit
       der Drohung auf den Flug Belgrad-Moskau begonnen hatte.
       
       Sicherheitsexperten erklären, dass IT-Einheiten der serbischen Polizei
       alleine die Spur nur teilweise verfolgen könnten. Ab einem gewissen Grad
       seien sie ohne internationale Zusammenarbeit – etwa mit ukrainischen
       Kollegen – machtlos.
       
       17 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.vreme.com
 (DIR) [2] /Serbien-vor-der-Wahl/!5841240
 (DIR) [3] https://fb.bg.ac.rs/en/academic-staff/associate-professors/goran-j-mandic/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrej Ivanji
       
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