# taz.de -- Influencer auf Reisen: Unterwegs zu „unentdeckten“ Orten
       
       > Unsere Kolumnistin hält nicht viel von Influencer-Bashing. Aber wenn
       > diese ohne Wissen über Europas ärmste Länder urteilen, reicht es.
       
 (IMG) Bild: Idyllische Landschaft zwischen Sarajewo und Mostar in Bosnien Herzegowina
       
       Ich muss zugeben, dass mir Menschen schon lange suspekt waren, die sich
       über „zu touristische“ Orte beschwert haben und unbedingt „unentdeckte“
       Orte erkunden wollten – die haben mir schon damals Christoph-Kolumbus-Vibes
       gegeben. Meist sind es Menschen aus wohlhabendem Elternhaus, die mit ihrer
       Familie schon die halbe Welt gesehen haben und jetzt gelangweilt sind.
       Antalya, wo die Mittelschicht urlaubt, kommt nicht infrage, also müssen sie
       eben auf eigene Faust die Welt entdecken. Dabei haben sie sich natürlich
       nicht gefragt, ob die Leute in den abgelegenen Orten von ihnen „entdeckt“
       werden wollen.
       
       In den letzten Jahren ist Südeuropa im Kommen, dort muss man als
       umweltbewusste Person nicht einmal hinfliegen, sondern kommt mit dem Auto
       [1][oder ausgebauten Van hin], so spart man sich sogar Übernachtungskosten
       vor Ort.
       
       Die Schauspielerin („Berlin Tag und Nacht“) und Influencerin (1,4 Millionen
       Follower*innen auf Instagram, 81,3K auf TikTok) Yvonne Pferrer war von
       den Malediven bis Island schon überall. Gemeinsam mit ihrem Freund, dem
       Künstler und Influencer Jeremy Grube reist sie aktuell im Van durch
       Südosteuropa. Gestartet haben sie ihre Reise [2][in meinem Heimatland
       Bosnien und Herzegowina].
       
       Yvonne und Jerry sind nicht so begeistert von Bosnien. Sie sind zwar nur
       durchgefahren und haben sich nicht mit der Geschichte befasst, weshalb sie
       serbische Flaggen für russische hielten und das Land schnell verließen,
       weil – ich zitiere – „es kriegsbedingt wohl am aufbrodeln ist“. In den paar
       Stunden, die sie in Bosnien verbracht haben, hatten sie aber Zeit für ein
       Fazit: die Städte (welche? Sie haben nicht gezeigt, dass sie in welchen
       waren) seien nicht besonders schön und überall liege Müll. Ich selbst hätte
       nach diesem Video keine Lust nach Bosnien zu reisen, obwohl ich dort
       geboren bin und weiß, wie schön das Land wirklich ist.
       
       ## Reisen ohne sich zu informieren
       
       Für die beiden geht es weiter nach Serbien, wo sie wieder Müll und die
       Tierhaltung stört. Weil sie kein Bargeld haben, bleiben sie mit ihrem Van
       gratis bei einem Mann stehen, der sie auf Essen und Trinken einlädt. Sie
       verdienen mit ihrem Content vermutlich deutlich mehr als der serbische
       Mann, schließlich gehört das Land zu einem der ärmsten Europas. Zumindest
       haben Yvonne und Jerry eine gute Erfahrung gemacht, wenn sonst sogar die
       Natur enttäuscht: „Auf die Landschaft waren wir nicht vorbereitet. Wir
       haben Mai und die Bäume haben noch keine Blätter.“
       
       Ich bin kein Fan von Influencer-Bashing, aber nachdem sie die kritischen
       Kommentare unter ihren Videos nicht ernst nehmen, sondern ähnlich
       weitermachen, kann ich nicht anders. Sie reisen durch die ärmsten Länder
       Europas, haben sich vorab nicht informiert, weil sie sich „eigene Eindrücke
       machen wollen“, urteilen stark und verbreiten damit mehr Müll, als sie in
       den Ländern am Straßenrand gesehen haben.
       
       16 May 2022
       
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