# taz.de -- Ausbeutung von Geflüchteten: Ukrainer von Ausbeutung bedroht
       
       > Die Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping will Geflüchtete vor
       > Ausbeutung schützen. Fälle gibt es vor allem in der Bau-, Reinigungs- und
       > Logisitikbranche.
       
 (IMG) Bild: Insbesondere in der Reinigungsbranche gibt es ausbeuterische Arbeitsverhältnisse
       
       Rund 3000 ukrainische Geflüchtete kommen laut Schätzungen des Senats
       derzeit pro Tag in Berlin an. Demnach sind seit Beginn des russischen
       Angriffskrieges gegen die Ukraine Ende Februar 234.000 Menschen in die
       Hauptstadt geflohen, 100.000 davon seien geblieben.
       
       Diese Menschen sind laut Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke)
       [1][besonders gefährdet, Opfer von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen zu
       werden]. Das Berliner Beratungszentrum für Migranten und gute Arbeit (BEMA)
       habe bereits erste Fälle von „besonders perfider Ausbeutung“ registriert.
       
       „Die Menschen kennen die Sprache und ihre Rechte nicht und stehen unter
       Druck, schnell zu arbeiten und Geld zu verdienen“, sagt Philipp
       Schwertmann, Fachbereichsleiter der BEMA. Diese Situation werde von
       dubiosen Unternehmen ausgenutzt, die sich nun spezifisch an
       Ukrainer*innen richten würden. [2][Die Methoden seien nicht neu]: In
       einigen Fällen würde von den Migrant*innen verlangt, ihren Pass
       abzugeben, um einen Job zu bekommen. Andere würden in die
       Scheinselbstständigkeit oder in ausländische Arbeitsverträge gedrängt, um
       Arbeitsrechte zu umgehen und Löhne zu drücken. Vor allem in der Baubranche,
       bei Reinigungsfirmen und Lieferdiensten beobachte man dubiose
       Stellenangebote.
       
       Zwar lassen sich laut Schwertmann aus den beobachteten Einzelfällen noch
       keine repräsentativen Zahlen nennen. Sozialsenatorin Kipping geht jedoch
       davon aus, dass diese „nur die Spitze des Eisbergs“ sind. Mit Beratungen,
       Schulungen und Flyern zu Arbeitsrecht will BEMA die Ausbeutung von
       Migrant*innen verhindern. „Wir sind auf dem Weg, das Beratungsangebot
       auszuweiten“, so Kipping. So sollen etwa künftig auch in
       Flüchtlingsunterkünften Beratungen stattfinden.
       
       ## Mehr Arbeitsrechtsverstöße erwartet
       
       Der Berater Sergiu Lopatä geht davon aus, dass die Zahl der
       Arbeitsrechtsverstöße noch zunehmen wird. Eine Lösung sieht er in der
       schnelleren Anerkennung von Berufsabschlüssen. Diese dauere zurzeit drei
       bis vier Monate oder länger.
       
       [3][Kipping appellierte erneut an die ukrainischen Geflüchteten, sich
       registrieren zu lassen.] Damit gehe auch der Anspruch auf Sozialleistungen
       einher, was den Vorteil habe, „dass man nicht jede Arbeit annehmen muss“.
       Ab dem 1. Juni können Geflüchtete aus der Ukraine über die Jobcenter Hartz
       IV oder Sozialhilfe beziehen, statt wie bisher über die Sozialämter. Dafür
       ist laut Vorgaben des Bundes jedoch eine erkennungsdienstliche (ED)
       Behandlung notwendig.
       
       Da diese zu Beginn oftmals nicht erfolgt ist, müssen sich rund 20.000 der
       55.000 bislang registrierten ukrainischen Geflüchteten nachträglich einer
       ED-Behandlung unterziehen, um Sozialleistungen zu erhalten. Für Menschen
       mit Aufenthaltstitel soll es dafür eine fünfmonatige Übergangsfrist geben.
       Geflüchtete, die nur eine Online-Registrierung haben, bekommen bis zu ihrer
       ED-Behandlung kein Geld.
       
       11 May 2022
       
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