# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Schwere Kämpfe im Donbass
       
       > Nach dem Rückzug aus dem Umland von Charkiw gibt es für russische Truppen
       > jetzt große Verluste im Osten der Ukraine.
       
 (IMG) Bild: Zivilisten hinter einer steckengebliebenen Rakete bei Luhansk
       
       Russlands Krieg in der Ukraine verlagert sich – und verlangsamt sich. Nach
       dem Rückzug der russischen Truppen aus dem Umland Charkiws, der
       zweitgrößten ukrainischen Stadt, konzentrieren sich die Kämpfe nun auf das
       Frontgebiet weiter östlich im Donbass. Russland will die in Friedenszeiten
       gut 100.000 Einwohner zählende Stadt Sewerodonezk einnehmen – die letzte
       von der Ukraine kontrollierte Stadt des Distrikts Luhansk, dessen Südhälfte
       die separatistische „Volksrepublik Luhansk“ ausmacht und dessen Nordhälfte
       zum größten Teil bereits russisch besetzt ist.
       
       Russland hatte bereits Anfang April nach dem Rückzug aus dem Umland von
       Kiew angekündigt, seine Offensivbemühungen auf den Donbass zu
       konzentrieren, aber bis heute keine einzige größere Stadt dort einnehmen
       können, mit Ausnahme von Mariupol. Severedonezk, wo sich die ukrainische
       Distriktverwaltung von Luhansk befindet, wäre ein wichtiger Gewinn.
       Entsprechend verlustreich sind nach Berichten beider Seiten die Kämpfe im
       Umland in Vorbereitung auf die „Schlacht von Severodonezk“.
       
       „Katastrophale“ Verluste, so das [1][Institute for the Study of War] (ISW)
       in den USA, erlitt Russland am 11. Mai bei dem Versuch, etwa 20 Kilometer
       westlich von Severodonezk den Fluss Severski-Donezk in südliche Richtung zu
       überqueren und damit die Voraussetzungen für eine Einkesselung von
       Severodonezk zu schaffen. Zwei behelfsmäßige Brücken in einem unwegsamen
       Gebiet, über die eine komplette Kampfgruppe und weitere russische Einheiten
       den Fluss überqueren wollten, wurden von ukrainischen Truppen beschossen
       und zerstört.
       
       Nach eigenen Angaben verlor Russland 73 Fahrzeuge samt ihren Besatzungen,
       nach Open-Source-Analysen und ukrainischen Berichten 82. Eine komplette
       Kampfgruppe wurde vernichtet, laut ISW starben 485 der 550 beteiligten
       russischen Soldaten. Eine weitere russische Einheit, der die Überquerung
       gelungen war, soll am Folgetag bei dem Versuch, sich über den Fluss wieder
       zurückzuziehen, versenkt worden sein.
       
       ## Russische Berichte sprechen von „Desaster“
       
       Die Kämpfe zwischen dem 7. und 12. Mai mit insgesamt neun
       Flussüberquerungsversuchen tobten in der Nähe des Dorfes [2][Bilohoriwka],
       wo am 7. Mai ein russischer Luftangriff bis zu 60 Menschen beim
       Bombardement einer Schule, in deren Keller die gesamte Dorfbevölkerung
       Zuflucht gesucht hatte, getötet hatte.
       
       Das ISW konstatiert unter Bezug auf russische Militärblogger einen
       „erstaunlichen Mangel an taktischem Gespür“ auf russischer Seite: An beiden
       Enden der Flussüberquerung hätten sich die Militärfahrzeuge gestaut, „was
       es der ukrainischen Artillerie offensichtlich ermöglichte, mit
       konzentrierten Schlägen Hunderte zu töten und Dutzende Fahrzeuge zu
       zerstören“. Viele russische Berichte sprechen von einem „Desaster“, und der
       radikale einstige Donezk-Separatistenführer Igor Girkin bestätigte, dass
       auch hohe Kommandeure starben.
       
       Russland beschießt Severodonezk nun frontal aus den bestehenden Positionen
       nördlich und östlich der Stadt, ohne Rücksicht auf Verluste. Allein am
       Samstag wurden nach ukrainischen Berichten elf Hochhäuser und eine Kirche
       zerstört. Am Abend wurden laut Stadtverwaltung neun Menschen bei der
       Bombardierung des Krankenhauses verletzt.
       
       Laut Analysten ist das Selbstvertrauen der ukrainischen Streitkräfte nach
       dem erfolgreichen Zurückdrängen Russlands aus dem Gebiet um Charkiw und
       nach dem Erfolg am Fluss sehr hoch. „Erneut haben die Ukrainer bewiesen,
       dass sie verteidigen und dann angreifen können, um ihr Land
       zurückzuerobern“, schreibt auf Twitter der britische Militäranalytiker Mick
       Ryan. „Obwohl die Russen zuletzt ihre Bemühungen auf den Osten der Ukraine
       als Hauptziel orientieren, haben sie noch keine wichtigen Erfolge erzielt.“
       Britische Militärgeheimdienste schätzen, dass Russland ein Drittel der im
       Februar für die Invasion der Ukraine aufgestellten Bodentruppen verloren
       hat.
       
       15 May 2022
       
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