# taz.de -- Vorwahl in Georgia: Schallende Ohrfeige für Trump
       
       > Das Ergebnis in Georgia muss Donald Trump beunruhigen. In den Reihen der
       > republikanischen Basis macht sich der Unmut über den Chef zunehmend Luft.
       
 (IMG) Bild: Brian Kemp zeigt sich in der Wahlnacht siegessicher vor seinen Anhängern
       
       Donald Trump gilt trotz seiner [1][krachenden Wahlniederlage] im November
       2020 als Patriarch der Republikaner. Sein Narrativ von einem vermeintlich
       zu seinen Ungunsten verschobenen Wahlergebnis verfängt in der eigenen
       Basis. In einer Vielzahl von Umfragen stimmte mehr als die Hälfte der
       republikanisch tickenden Befragten der Behauptung zu, Joe Bidens
       Präsidentschaft sei Folge eines großen Wahlbetrugs.
       
       Trump hat es mit der konsequenten Wiederholung dieses faktisch widerlegten
       Märchens geschafft, einem Großteil der eigenen potentiellen Wählerschaft
       nicht als Wahlverlierer zu gelten. Sondern als ein Mann, dem Unrecht getan
       wurde, das es beizeiten zu korrigieren gilt. Nur so ist es dem
       [2][einstigen TV-Darsteller] möglich, für die im Jahr 2024 anstehenden
       Präsidentschaftswahlen einen realistischen Anspruch auf eine erneute
       Kandidatur zu erheben.
       
       Der Immobilienmogul arbeitet vom ersten Tag seines Auszugs aus dem Weißen
       Haus mal mehr und mal weniger subtil daran, die Schmach der Abwahl nach nur
       einer Amtszeit mit einer verspäteten Wiederwahl auszuradieren. Um diesen
       Plan umzusetzen, benötigt Trump den Rückhalt seiner Partei. Vor allem den
       Rückhalt der ihm größtenteils zu Füßen liegenden Parteibasis, steht ihm das
       alte Establishment der „Grand Old Party“ doch von jeher mindestens
       skeptisch gegenüber.
       
       Der [3][Ausgang der Vorwahl] um die konservative Kandidatur zum Gouverneur
       in Georgia hat seinem Nimbus des „Starken Mannes“ der Republikaner nun
       erste erhebliche Risse zugefügt. Offensiv hatte Trump für David Perdue
       geworben, einen früheren Firmenmanager, der in einer Stichwahl im Januar
       2021 seinen Senatssitz an den juvenilen Investigativjournalisten und
       Demokraten Jon Orsoff verloren hatte. Und seine Partei mit ihm ihre
       Mehrheit in der bis dahin durch sie kontrollierten Kammer des Kongresses.
       
       ## Im Visier Donald Trumps
       
       Ihm gegenüber stand mit Amtsinhaber Brian Kemp ein Gouverneur, der wie kaum
       ein zweiter Republikaner die Missgunst Trumps auf sich zog, als er sich
       weigerte, im Anschluss an den Urnengang im November 2020 den Wahlsieg
       Bidens in seinem Bundesstaat für unrechtmäßig zu erklären. Kemp wurde in
       der Folge zur Zielscheibe andauernder Tiraden des Wahlverlierers, Trump
       bezeichnete seinen Parteikollegen unter anderem öffentlich als „Trottel“,
       „Clown“ und „Feind des Volkes“.
       
       Das führte auch dazu, dass [4][Kemps damals 19-jährige Tochter mit
       Todesdrohungen wütender Trump-Fans] konfrontiert wurde. Rund 74 Prozent des
       republikanischen Wahlvolks in Georgia haben nun für Brian Kemp gestimmt und
       Trumps Rachefeldzug in Georgia somit eine klare Absage erteilt. Dessen
       Kandidat David Perdue fuhr gerade einmal knapp 22 Prozent ein und blieb
       noch hinter vernichtenden Umfragewerten zurück.
       
       Dieses Ergebnis ist nicht nur als schallende Ohrfeige für Trump und dessen
       Allmachtsphantasien zu verstehen. Sondern auch als Sieg des vom
       Ex-Präsidenten und dessen Einfluss auf die Parteibasis lange
       eingeschüchterten Establishments der Republikaner. Die Vereinigung
       republikanischer Gouverneure hatte 5 Millionen US-Dollar in
       Pro-Kemp-Anzeigen investiert.
       
       Mehrere prominente Amtskollegen aus anderen Bundesstaaten waren nach
       Georgia gereist, um in den letzten Tagen des Rennens an der Seite von Kemp
       zu werben. Als prominentester Vertreter der alten Garde machte ausgerechnet
       Trumps ehemaliger Vize, Mike Pence, Stimmung für den amtierenden
       Gouverneur. Pence gilt als aussichtsreicher Kandidat auf eine
       Präsidentschaftskandidatur 2024, bisher schien er allerdings vom Wohlwollen
       seines einstigen Chefs abzuhängen.
       
       ## Rückendeckung von Parteifreunden
       
       Diese vermeintliche Gewissheit beginnt nun ins Wanken zu geraten.
       Unerwartet deutlich hat die republikanische Basis gezeigt, dass sie Trump
       nicht blind zu folgen bereit ist. Zumindest in Georgia. Für die
       Trump-Kampagne ist die Niederlage im für Präsidentschaftswahlen
       maßgeblichen Swing State ein Grund zur Sorge.
       
       Noch vor einiger Zeit konnte der ehemalige Präsident es sich
       öffentlichkeitswirksam erlauben, ambitionierte Kandidatinnen und Kandidaten
       für Posten in Senat, Repräsentantenhaus und Gouverneurssessel zum Casting
       in seinen Schattenregierungssitz, das [5][Golfressort Mar-a-Lago] in
       Florida, antanzen und ihm die Treue schwören zu lassen.
       
       Im Anschluss an diesen Ringkuss reisten einige von ihnen mit dem
       Versprechen einer Unterstützung des Gurus ihrer eigenen Wählerschaft aus
       Florida ab. Andere zogen mit hängenden Köpfen von dannen, nachdem sie von
       Trump eine kalkulierte Abfuhr erhalten hatten.
       
       Und noch vor einiger Zeit trauten sich scharenweise republikanische
       Mandatsträger nicht, im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump im
       Anschluss an den Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. ihrer Überzeugung
       zu folgen und stimmten lieber für einen Freispruch. Schließlich galt es,
       Trumps Fanbase nicht zu verärgern, um eigene Ambitionen nicht zu
       beschädigen.
       
       Sollte Trumps jüngste Klatsche in Georgia nicht bloß ein Strohfeuer gewesen
       sein, könnte diese bleierne Abhängigkeit der Republikaner von der Gunst
       ihres Anführers bröckeln. Mike Pence etwa ließ sich für seine Unterstützung
       für Brian Kemp während dessen Abschlusskundgebung vor einer jubelnden
       Anhängerschar feiern. Noch im Januar 2021 musste er mit anhören, wie Trumps
       Fans lautstark seine Exekution forderten, nachdem er im Amt des
       Vizepräsidenten abgelehnt hatte, die Bestätigung der Wahl Joe Bidens
       lahmzulegen.
       
       Zu früh jubeln sollten jene Republikaner, die nicht auf Donald Trump
       setzen, jedoch besser nicht. Auch wenn es erste Bewegungen einer
       Emanzipierung gibt, bleibt der New Yorker vorerst die wichtigste
       Führungsgestalt seiner Partei. Noch stehen seine Reihen größtenteils
       kritiklos und verklärt hinter ihrem Idol. Trump bleibt Favorit auf die
       republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024. Nach Georgia ist eine
       parteiinterne Niederlage des Patriarchen indes eine tatsächliche
       Möglichkeit.
       
       25 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Joe-Biden-wird-naechster-US-Praesident/!5726810
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=Z2u8OVK4qD4
 (DIR) [3] /Vorwahlen-in-den-USA/!5857165
 (DIR) [4] https://twitter.com/axios/status/1339733896296992769
 (DIR) [5] https://www.waz.de/politik/donald-trump-mar-a-lago-florida-bilder-protz-id231465831.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mirko Schmid
       
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