# taz.de -- Joe Biden wird nächster US-Präsident: Eine Chance, mehr nicht
       
       > Es ist erleichternd, dass Donald Trump nach nur einer Amtszeit abgewählt
       > ist. Aber für eine erfolgreiche Präsidentschaft Biden reicht das nicht.
       
 (IMG) Bild: Jubelnde Anhängerinnen mit Masken von Joe Biden und Kamala Harris in Washington
       
       Joe Biden wird der [1][nächste Präsident der USA], und 100 Jahre nach der
       Einführung des Frauenwahlrechts in den Vereinigten Staaten wird Kamala
       Harris die erste weibliche Vizepräsidentin. Donald Trump seinerseits ist
       seit George H.W. Bush vor 28 Jahren der erste Präsident, der es nicht
       schafft, eine zweite Amtszeit zu gewinnen, sondern nach vier Jahren das
       Weiße Haus wieder verlassen muss.
       
       Das klingt alles besser und fortschrittlicher, als es eigentlich ist. Denn
       auch [2][nach einer ganzen Amtszeit des Lügens,] der ständigen
       Beleidigungen, des offenkundigen Fehlens jeglichen politischen und
       persönlichen Anstands und jeder charakterlichen Klassen und Tiraden des
       offenen Rassismus aus dem Weißen Haus hat Donald Trump doch keine Stimmen
       verloren. Im Gegenteil: Noch mehr US-Amerikaner*innen als 2016 haben ihn
       gewählt, und viele begeisterter und überzeugter als vor vier Jahren.
       
       Der Satz, er wolle der Präsident [3][aller US-Amerikaner*innen sein] und
       das Land nach einem hart geführten Wahlkampf zusammenführen, gehört zum
       Standardrepertoire siegreicher Kandidaten. Normalerweise bedeutet er nicht
       viel. Im Fall Joe Bidens ist er ein nicht einlösbares Vorhaben. Und das
       liegt nicht zuletzt daran, dass es auf der Gegenseite nicht die geringste
       Bereitschaft gibt, daran mitzuwirken.
       
       Donald Trump wird niemals eine Rede halten, in der er seine Niederlage
       eingesteht, sich bei seinen Wähler*innen bedankt und im Namen des
       Landeswohls dem Nachfolger seine Zusammenarbeit anbietet. Die Klasse hat
       Trump einfach nicht – und so, wie er seine Fans über Jahre aufgeputscht
       hat, würden sie ihm das vermutlich sogar richtig übelnehmen.
       
       ## Entgiftung wird lange dauern
       
       Stattdessen wird er solange es geht versuchen, die Wahl, die er an den
       Urnen verloren hat, [4][vor Gericht] für sich zu entscheiden. Und wenn das
       – was so sein wird – nicht gelingt, wird er weiter auf Medien, Justiz und
       den Deep State schimpfen, der ihm den Wahlsieg gestohlen habe. Trumps
       Abwahl mag gelungen sein, die Entgiftung aber wird viel länger dauern.
       
       Für die Tausenden, die jetzt in den Städten der USA begeistert auf die
       Straße gehen, ist zunächst einmal ein Albtraum vorbei. Das Fremdschämen für
       den eigenen Präsidenten, der Horror vor dem nächsten irrsinnigen Tweet
       direkt aus dem Weißen Haus, das wird am 20. Januar ein Ende finden.
       
       Es ist dieser Impuls, der eine historische Rekordanzahl an Wähler*innen für
       Joe Biden hat wählen lassen. Trump hat beide Seiten elektrisiert, die einen
       in Zustimmung, die anderen in Abscheu und Ablehnung. Der Moment der Freude
       von Trumps Gegner*innen ist ehrlich – aber er trägt keine erfolgreiche
       Präsidentschaft Biden.
       
       Die verschiedenen Flügel der Demokrat*innen beschimpfen sich schon jetzt –
       ob ihre kleiner gewordene Mehrheit im Repräsentantenhaus wirklich
       zusammenhält, ist unsicher. Und wenn bei den Stichwahlen in Georgia am 5.
       Januar kein Wunder geschieht, wird der Senat republikanisch kontrolliert
       bleiben.
       
       Ohne Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses aber kann kein Präsident
       große Sprünge machen – die Zeit überparteilicher Zusammenarbeit war schon
       lange vor Trump vorbei, obwohl sich die USA diese Reformunfähigkeit und
       Blockade eigentlich schon lange nicht mehr leisten können.
       
       Trump ist abgewählt, es zieht wieder ein bisschen Verstand und
       Realitätssinn ins Weiße Haus. Das ist eine große Erleichterung und eine
       Chance. Mehr aber auch nicht.
       
       7 Nov 2020
       
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 (DIR) Bernd Pickert
       
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