# taz.de -- Depeche-Mode-Keyboarder Andy Fletcher: Kaltes Bier und kühle Synthies
       
       > Andy Fletcher, Keyboarder der britischen Synthie-Popband Depeche Mode,
       > ist am Donnerstag überraschend in London gestorben. Ein Nachruf.
       
 (IMG) Bild: Andy Fletcher bei einem Konzert im Jahr 2006
       
       BERLIN/LONDON taz/dpa | Die New Wave war schon wieder am Ausklingen,
       feinste Ausdifferenzierungen markierten Anfang der 1980ern den ruling Sound
       des britischen Pop. In diese Gemengelage kullerten die drei Schulfreunde
       Vince Clarke, Martin Gore und Andrew Fletcher, die 1980 in der
       südenglischen Kleinstadt Basildon eine Band namens French Look gründeten.
       
       [1][Sie holten sich den Sänger Dave Gahan] und benannten sich nach einem
       französischen Mode-Magazin um: Depeche Mode ward geboren. Und musikalisch
       nahm das Quartett sofort Kurs auf die Charts mit super-einprägsamen
       Hooklines und kühlem Technopop, strikt mit Synthesizern, Drumcomputern und
       Keyboards erzeugt, was damals de rigeur war, aber von Depeche Mode
       konsequenter als von den meisten anderen durchgezogen wurde.
       
       Mit dem Debütalbum „Speak And Spell“ (1981) und der Hitsingle „Just Can't
       Get Enough“ wurden Depeche Mode unter dem Signet „Synthiepop“ berühmt. Der
       Sound war synthetisch, die Gefühle schienen echt zu sein, während man in
       der Inszenierung androgyn war. Erst allmählich wurde aus dem Stil von
       Depeche Mode klassischer Pop. Und Charthits wie „People are People“, „Enjoy
       The Silence“ oder „Personal Jesus“ machten Depeche Mode in der Zeit der
       mittleren Achtziger zu einer der weltweit erfolgreichsten Bands – mit mehr
       als 100 Millionen verkauften Tonträgern.
       
       [2][Zuletzt erschien 2017 das Album „Spirit“.] Vor zwei Jahren wurde die
       Band in die „Rock & Roll Hall of Fame“ aufgenommen.
       
       Abstürze, Aussetzer, Streitigkeiten gab es fast von Anfang an. Vince Clarke
       ging früh von Bord und gründete 1981 mit der Sängerin Alison Moyet das Duo
       Yazoo. Umgekehrt wurde Sänger Dave Gahan durch den Erfolg mit Depeche Mode
       von seiner schwierigen Jugend und einer Haftstrafe befreit. Trotz aller
       Unbill blieb die Band in ihrem Output relativ konstant.
       
       Umso schmerzlicher wirkt nun die Nachricht vom Tod von Keyboarder Andy
       Fletcher, der am Donnerstag im Alter von 60 Jahren verstorben ist. „Fletch
       hatte ein wahres Herz aus Gold“: So würdigen Depeche Mode ihr
       Gründungsmitglied. „Wir sind schockiert und von unermesslicher Traurigkeit
       erfüllt über den vorzeitigen Tod unseres lieben Freundes, Familien- und
       Bandmitglieds Andy „Fletch“ Fletcher“, schrieben die Bandkollegen bei
       Twitter. Genauere Angaben zu seinem Tod gab es zunächst nicht. Fletcher
       hinterlässt seine Frau und zwei Kinder.
       
       „Fletch war immer da, wenn man Unterstützung, eine lebhafte Unterhaltung,
       ein Lachen oder ein kaltes Bier brauchte“, hieß es weiter. Man sei im
       Herzen bei seiner Familie und bitte darum, deren Privatsphäre in dieser
       schwierigen Zeit zu respektieren.
       
       Die Todesnachricht löste bei Fans und Kolleg:innen große Trauer aus. Der
       Ex-Drummer von der Band The Cure, Lol Tolhurst, schrieb, er habe Fletcher
       für einen Freund gehalten. „Wir haben als junge Männer viele gleiche Wege
       gekreuzt.“
       
       Und das Duo Pet Shop Boys teilte bei Facebook mit, sie seien traurig und
       schockiert. „Fletch war ein warmherziger, freundlicher und lustiger Mensch,
       der elektronische Musik liebte und auch vernünftige Ratschläge über das
       Musikgeschäft geben konnte.“
       
       Wie und ob Depeche Mode ohne Andy Fletcher überhaupt weitermachen können,
       steht angesichts der traurigen Nachricht in den Sternen.
       
       27 May 2022
       
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