# taz.de -- Özdemir plant Tierhaltungskennzeichnung: Ferkelchen bleibt außen vor
       
       > Gut, dass Agrarminister Özdemir die neue Tierhaltungskennzeichnung
       > vorschreiben will. Aber sie wird das Leben nur weniger Tiere wirklich
       > verbessern.
       
 (IMG) Bild: Die Kennzeichnung soll sich nur auf Schweine und auf den letzten Abschnitt ihres Lebens beziehen
       
       Bundesagrarminister Cem Özdemirs Plan für eine Tierhaltungskennzeichnung
       ist nur ein kleiner, erster Schritt in die richtige Richtung. Das
       staatliche Siegel für Fleisch wird vorerst das Leben lediglich weniger
       Tiere bedeutend verbessern.
       
       Positiv ist, dass die [1][Eckpunkte], die der Grünen-Politiker nun
       vorgestellt hat, eine Pflicht zur Kennzeichnung vorsehen. Auch Fleisch aus
       schlechteren Haltungsformen soll nach dem Willen des Ministers für die
       VerbraucherInnen erkennbar sein. So können sich die KäuferInnen gegen diese
       Produkte und für tierfreundlichere entscheiden. Das könnte dazu führen,
       dass die Nachfrage nach dem „besseren“ Fleisch steigt, sodass die Bauern
       auch mehr Tiere artgerechter halten. Die Kennzeichnungspflicht hatten CDU
       und CSU jahrelang blockiert, sie wollten nur ein freiwilliges Label, das
       die weniger tierfreundlichen Betriebe natürlich nicht genutzt hätten.
       Deshalb ist Özdemirs Vorstoß besser als das Nichts, das die ehemalige Große
       Koalition bei dem Thema zustande gebracht hat.
       
       Doch der Plan des schwäbischen Vegetariers hat vor allem ein Manko: Seine
       Kennzeichnung soll sich nur auf Schweine und auf den letzten Abschnitt
       ihres Lebens beziehen. Es geht also lediglich um die laut Statistischem
       Bundesamt rund [2][11 Millionen Mastschweine]. Die anderen 13 Millionen
       Schweine, wie zum Beispiel Ferkel, die 11 Millionen Rinder und [3][159
       Millionen Hühner] bleiben außen vor. Ob Özdemir es während dieser
       Legislaturperiode schafft, auch diese Tiere einzubeziehen, steht in den
       Sternen.
       
       Die Kriterien der fünf geplanten Stufen sind zudem sehr beschränkt und
       teils zu lasch. Die Kategorie „Stall“ entspricht dem gesetzlichen Standard.
       Aber die höheren Stufen „Stall + Platz“, „Frischluftstall“ und
       „Auslauf/Freiland“ verlangen im Wesentlichen nur mehr Platz, Kontakt zum
       Außenklima oder Auslauf. Keine Rolle spielt etwa, ob der Stall mit Stroh
       eingestreut wird, obwohl das sehr wichtig ist, damit sich Schweine
       artgerecht beschäftigen können und nicht aus Langeweile gegenseitig
       verletzen.
       
       Egal ist auch, ob den Tieren die Ringelschwänze abgeschnitten werden.
       Lediglich in der Stufe „Bio“ ist das ausgeschlossen. Doch selbst
       konventionelle Landwirte mit vorbildlicher Tierhaltung erreichen diese
       Stufe nicht, weil sie kein Ökofutter verfüttern. Wie gesund die Tiere sind,
       soll ebenso wenig Kriterium sein. Dabei sind durch die Haltung bedingte
       Gesundheitsschäden auch bei Bio ein Problem. Die Art der Transporte und der
       Schlachtung ist bei den Ökos umstritten. Doch auch diese Bereiche sind
       nicht von der Kennzeichnung erfasst.
       
       Das sind erhebliche Defizite. Die Ampel sollte sie bei den Beratungen im
       Bundestag abbauen und sicherstellen, dass viel mehr Tiere viel artgerechter
       gehalten werden.
       
       11 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Tierschutz/eckpunkte-tierhaltungskennzeichnung.pdf?__blob=publicationFile&v=3
 (DIR) [2] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Tiere-Tierische-Erzeugung/Publikationen/Downloads-Tiere-und-tierische-Erzeugung/viehbestand-2030410215324.html
 (DIR) [3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Tiere-Tierische-Erzeugung/Tabellen/betriebe-gefluegel-nutztiere.html#fussnote-1-122726
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Cem Özdemir
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Tierhaltung
 (DIR) GNS
 (DIR) Tierschutz
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Massentierhaltung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bundestagsdebatte zu Tierhaltung: Kritik an Özdemirs Fleisch-Siegel
       
       Außer den Grünen haben alle Bundestagsfraktionen am Plan des Agrarministers
       etwas auszusetzen. Vor allem, dass nur ein Teil des Marktes erfasst wird.
       
 (DIR) Weingüter stellen auf Ökobetrieb um: Der Tropfen wird Bio
       
       Drei Topweingüter im Kaiserstuhl wollen ihre Rebflächen künftig ökologisch
       bewirtschaften. Zuvor verzeichneten Winzer hohe Ertragseinbußen.
       
 (DIR) Freiwillige Kennzeichnung von Fleisch: SPD stoppt Klöckners Tierwohlsiegel
       
       Es reiche nicht, das beste Fleisch zu labeln, sagt SPD-Fraktionsvize
       Miersch. Das Siegel gilt als wichtigstes Tierschutzprojekt der
       Agrarministerin.
       
 (DIR) Dahlenburger Rat ist für Schweinezucht: Neue Chance für Massentierhaltung
       
       Obwohl ein Gericht den Bau einer Schweinezuchtanlage in Ellringen bereits
       2018 gestoppt hatte, wird nun ein veränderter Bebauungsplan diskutiert.