# taz.de -- Aktuelle Lage in der Ukraine: Vermittlung in Ankara
       
       > Der russische Außenminister präsentiert sich kompromissbereit bei der
       > Blockade von Weizenexporten. In der Ukraine stößt das Angebot auf
       > Skepsis.
       
 (IMG) Bild: Sergej Lawrow in Ankara: Kann die Ukraine der Türkei trauen?
       
       taz | Eine Lösung der weltweit drohenden [1][Getreidekrise] ist es noch
       nicht, aber vielleicht doch ein erster Schritt dorthin. Russland hat sich
       zu Sicherheitsgarantien für Getreide exportierende Schiffe aus ukrainischen
       Häfen bereit erklärt. Dies könne „in Zusammenarbeit mit unseren türkischen
       Kollegen“ geschehen, sagte Russlands Außenminister [2][Sergei Lawrow] nach
       einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt
       Çavuşoğlu am Mittwoch in Ankara.
       
       Die Bedingung dafür sei jedoch, dass die ukrainische Seite eine Durchfahrt
       an den Minen vorbei sichere. Dann sei Russland seinerseits bereit Garantien
       zu geben, die Räumung von Minen nicht für einen Angriff auf die Ukraine zu
       nutzen, sagte Lawrow weiter. Doch genau dieses Szenario befürchtet die
       Ukraine. So hatte Kiew vor dem türkisch-russischen Treffen erklärt, man sei
       aus Angst vor russischen Angriffen nicht dazu bereit, den wichtigen Hafen
       von Odessa von Minen zu befreien, um den Export von Getreide zu
       ermöglichen.
       
       „Sobald die Zufahrt zum Hafen von Odessa von Minen geräumt wird, wird die
       russische Flotte dort sein“, sagte der Sprecher der Regionalverwaltung von
       Odessa, Serhij Bratschuk, in einer Videobotschaft im Onlinedienst Telegram.
       Wegen Russlands Blockade mehrerer Schwarzmeerhäfen können nach ukrainischen
       Angaben derzeit mehr als 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaat nicht
       exportiert werden.
       
       Çavuşoğlu erklärte nach dem Treffen mit Lawrow die Forderung Russlands nach
       einer Aufhebung der Sanktionen gegen russische Produkte für „legitim“.
       „Wenn wir den Weltmarkt für ukrainisches Getreide öffnen müssen, dann sehen
       wir die Entfernung von Hindernissen für russische Exporte als legitime
       Forderung an“, sagte er. Kurz darauf notierte das ukrainische Onlineportal
       Novoje Vremja zu dem Treffen am Mittwoch: „Die Dienstleistung hat einen
       Preis. Doch kann die Ukraine der Türkei trauen?“
       
       Unterdessen gingen die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt
       Sewerodonezk im Osten der Ukraine mit unverminderter Härte weiter.
       Sewerodonezk werde von den russischen Truppen „rund um die Uhr
       bombardiert“, sagte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, am
       Mittwoch dem Fernsehsender „1+1“.
       
       Russland auf dem Vormarsch 
       
       Zugleich deutete er die Möglichkeit eines Rückzugs der ukrainischen
       Streitkräfte an. Das bedeute jedoch nicht, dass die Ukraine die Stadt
       endgültig aufgebe. Auch die Nachbarstadt Lyssytschansk läge unter massivem
       Beschuss, sagte Gajdaj. Eine Einnahme der beiden Städte würde Russland den
       Vormarsch auf die Großstadt Kramatorsk in der Region Donezk ermöglichen.
       Moskau käme somit seinem erklärten Ziel einer vollständigen Eroberung des
       Donbass einen entscheidenden Schritt näher.
       
       Die Staatsanwaltschaft der Ukraine hat in acht weiteren Fällen Anklage
       wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen russischer Soldaten erhoben. Das teilte
       Generalstaatsanwältin Irina Wenediktowa mit. Bislang liefen 16.000
       Ermittlungsverfahren wegen möglicher Kriegsverbrechen.
       
       Präsident Wolodimir Selenski hatte in einer Videoansprache in der Nacht zu
       Mittwoch ein Informationssystem angekündigt, um Daten über mutmaßliche
       Kriegsverbrecher zu erfassen. Im „Buch der Henker“ sollten bestätigte
       Angaben über Kriminelle aus der russischen Armee zusammengetragen werden.
       „Es handelt sich um konkrete Fakten zu Personen, die sich konkreter,
       grausamer Verbrechen gegen Ukrainer schuldig gemacht haben“, sagte er.
       
       8 Jun 2022
       
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