# taz.de -- Eröffnung des neuen DFB-Komplexes: Campus und Karriere
       
       > Der Deutsche Fußball-Bund weiht sein „Leuchtturmprojekt“ ein: den
       > DFB-Campus in Frankfurt am Main. Der Verband startet mit vielen
       > Versprechungen.
       
 (IMG) Bild: Eifrige Betriebsamkeit auf dem DFB-Campus: Bundestrainerin Voss-Tecklenburg in Frankfurt
       
       Es ist vielleicht ein bisschen übertrieben zu behaupten, dass Winfried Nass
       jede Schraube kennt, die [1][im neuen DFB-Campus] verarbeitet ist. Doch
       wenn einer zu jedem Winkel und jeder Wand etwas erzählen kann, dann der
       Projektleiter. Am Donnerstag wird endlich der 150-Millionen-Euro-Komplex
       auf 150.000 Quadratmetern im Frankfurter Stadtteil Niederrad mit bester
       Anbindung an Autobahn und Flughafen eingeweiht.
       
       „Das meiste ist zu 95 oder 98 Prozent fertig. Aber Schlösser und
       Türschilder fehlen noch – die liegen wohl auf einem Schiff in Shanghai
       fest“, erzählt der 68-Jährige, der eigentlich schon längst im Ruhestand
       sein sollte. Am Mittwoch hat Nass die letzten Übergabeprotokolle
       unterzeichnet. Er war schon Venue Manager für die WM 2006, leitete dann die
       Abteilung Städte und Stadien für die Frauen-WM 2011, ehe ihn am 1. Januar
       2015 wieder der Deutsche Fußball-Bund in Festanstellung nahm, um vom
       Entwurf bis zur Endabnahme alles im Sinne des Verbandes zu überwachen.
       
       Der mit einer Engelsruhe ausgestattete Verwaltungswirt wird sich wie üblich
       im Hintergrund halten, wenn am Donnerstag in einem Festakt die neue
       DFB-Heimat eingeweiht wird. Am Freitag startet laut Nass offiziell der
       „Vollbetrieb“. Die fast 600 Verbandsarbeiter schätzen bereits die
       lichtdurchfluteten Räumlichkeiten, denn eine offene Kommunikation soll
       Markenkern werden. Deshalb gibt es so viel Glas und Großraum. Die Zeiten,
       in denen sich jeder hinter seiner Tür vor einem Aktenschrank verschanzt,
       sind wohl vorbei.
       
       ## Laufparcours und Techlab
       
       Der 2019 begonnene Bau beherbergt neben der Verwaltung auch Schulungsräume
       und Pressekonferenzsaal, Fitnessbereich und Sauna, Laufparcours und Techlab
       – und natürlich drei Rasenplätze, auf denen die deutschen Fußballerinnen
       Anfang des Monats ihr erstes Trainingslager für die Frauen-EM in England
       abgehalten haben. Bald sollen alle Nationalmannschaften, inklusive der
       U-Teams, hier regelmäßig üben und auch Bundestrainer Hansi Flick vermehrt
       ein- und ausgehen. Es soll zwar keine Stechuhr für hauptangestellte Trainer
       geben, aber mehr Präsenz wünscht sich der Sportliche Leiter [2][Joti
       Chatzialexiou] ausdrücklich.
       
       Nur wohnen wird die A-Nationalmannschaft bei ihren Maßnahmen auch in
       Zukunft lieber in einem Hotel in der Umgebung: Die 33 Zimmer würden für den
       Tross gar nicht ausreichen und sind überdies ein bisschen spartanisch.
       Gewaltig hingegen wirkt ein überdachtes Kunstrasenspielfeld in
       Originalgröße. Diese Großhalle soll aber nicht beheizt werden.
       
       Der neue DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat das Gelände an der Frankfurter
       Kennedyallee 274 von seinen Vorgängern geerbt. Ideengeber ist kein
       Verbandschef, sondern ein Ex-Nationalspieler: Oliver Bierhoff, inzwischen
       Direktor und Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie, kam vor
       anderthalb Jahrzehnten mit der Idee um die Ecke, dass es für den größten
       Sportverband ein eigenes Zuhause braucht, auf dem auch Fußball gespielt
       werden kann.
       
       Es hat anfangs nur Fallstricke gegeben, im Verband, bei der Stadt und vor
       allem bei den Betreibern der alten Galopprennbahn, doch letztlich
       entschieden erst die Frankfurter Bürger und dann auch der DFB-Bundestag
       dafür. Insofern fußt der Bau auf einem demokratischen Prozess. Bierhoff war
       unfassbar traurig, dass er bei einer ersten Begehung vom Coronavirus
       befallen war und nur per Videoschalte teilhaben konnte.
       
       Immerhin hat der 54-Jährige noch ausrichten können, dass es bei dem
       Leuchtturmprojekt um „nicht weniger als die Zukunft des deutschen Fußballs“
       gehe. Der DFB setzt vor allem mit der zentralen Lage gegenüber
       vergleichbaren Einrichtungen wie St. George’s Park in England oder
       Clairefontaine in Frankreich Maßstäbe.
       
       „Das ist ein Quantensprung“, findet Akademieleiter Tobias Haupt. „Der Sport
       formt das Haus. Dieser Campus ist eine Botschaft.“ Der Professor wird nicht
       müde, diesen Ort als Ideengeber und Innovationstreiber anzupreisen. Der
       Fußball soll hier nicht neu erfunden, aber von Verbandsseite zumindest
       anders gelebt werden als früher. Man will wieder fortschrittlich sein.
       
       An der Basis schreit bei diesem nicht ganz billigen Prestigeobjekt nicht
       jeder Hurra, weshalb Akademiechef Haupt stets entgegnet: „Das soll hier
       kein Campus nur für die Elite, sondern den gesamten Fußball sein.“
       Projektleiter Nass ist sich sicher, dass die Vorbehalte verschwinden, wenn
       Vereinsvertreter erst einmal die Einrichtungen mit bestem Blick auf die
       Frankfurter Skyline besichtigt haben.
       
       30 Jun 2022
       
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 (DIR) [1] https://www.dfb-akademie.de/unser-gebaeude-was-den-dfb-neubau-so-einzigartig-macht/-/id-11008493
 (DIR) [2] https://www.dfb-akademie.de/3-fragen-an-joti-chatzialexiou/-/id-11009478
       
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