# taz.de -- Reduktion bei Nord Stream 1: Gazprom senkt Lieferungen abermals
       
       > Auch Frankreich und Italien sollen weniger Erdgas erhalten. Die
       > Energiebörsen reagieren prompt auf Ankündigungen aus Moskau.
       
 (IMG) Bild: Hier kommt bald weniger an: Erdgasspeicher im niedersächsischen Rehden
       
       Im kommenden Winter könnte das Energiesparen unvermeidbar werden: Durch
       eine angekündigte Gasverknappung in Mitteleuropa gingen am Donnerstag die
       Preise an den Energiebörsen in die Höhe. Der russische Konzern Gazprom
       hatte am Mittwochnachmittag angekündigt, die Lieferungen von Erdgas über
       die Pipeline Nord Stream 1 noch weiter zu reduzieren. Die Mengen, die am
       Dienstag schon auf 100 Millionen Kubikmeter pro Tag gedrosselt wurden,
       sinken nun auf nur noch 67 Millionen Kubikmeter. Damit wird die Kapazität
       der Rohrleitung durch die Ostsee nur noch zu 40 Prozent genutzt.
       
       Die Megawattstunde Erdgas zur Lieferung im ersten Quartal 2023 kostete am
       Donnerstag an den Energiebörsen zeitweise mehr als 135 Euro. Anfang der
       Woche hatte der Preis noch bei 94 Euro gelegen. Das Risiko ist groß, dass
       Gazprom seine Lieferungen noch weiter kürzen wird, zumal der Konzern
       offenbar systematisch Gaslieferungen in die ganze EU reduziert; am
       Donnerstag wurde bekannt, dass auch Frankreich, Italien, Tschechien und
       Österreich nun weniger Gas geliefert bekommen sollen.
       
       Gazprom macht Lieferstörungen in der Pipeline Nord Stream 1 für die
       Reduktion verantwortlich und sieht keine Lösung des Problems. Konzern-Chef
       Alexeij Miller sagte, zur Reparatur der Gaskompressoren fehlten wichtige
       Ersatzteile, die von Kanada wegen der bestehenden Sanktionen gegen Russland
       nicht geliefert werden könnten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
       (Grüne) bezeichnete die Reduktionen hingegen als politisch motiviert.
       
       Er rief daher zum Energiesparen auf: „Es ist jetzt der Zeitpunkt, das zu
       tun. Jede Kilowattstunde hilft in dieser Situation.“ Zwar sei die
       Versorgungssicherheit in Deutschland aktuell nicht gefährdet, aber die Lage
       sei ernst. Symbolträchtig hatte dieser Tage die Bundesregierung
       angekündigt, die kürzlich durch die Bundesnetzagentur treuhänderisch
       übernommene Firma Gazprom Germania umzubenennen in „Securing Energy for
       Europe GmbH“.
       
       ## Auch die Preise an den Strombörsen steigen
       
       Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, machte einen Vorschlag
       zur Einsparung von Heizenergie in Haushalten, denn private Gebäude sind nur
       knapp hinter der Industrie der größte Verbrauchssektor im Erdgasmarkt.
       Müller regte im Gespräch mit der Rheinischen Post an, der Staat könne „die
       Heiz-Vorgaben für Vermieter zeitweise senken“. Er bezog sich dabei auf
       Regelungen im Mietrecht, wonach die Heizung so eingestellt sein muss, dass
       in den Räumen eine Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad erreicht werden
       kann. Künftig könnten die Werte etwas niedriger liegen. Im Gegensatz zu
       vielen energiepolitischen Forderungen, wie sie in diesen Tagen von
       Umweltverbänden formuliert wurden, wäre dies eine kurzfristig umsetzbare
       Maßnahme.
       
       Ob es solcher Regelungen bedarf oder ob bereits die rapide steigenden
       Gaspreise die Einsparungen bringen werden, ist offen. Die Gasmärkte, die
       den ersten Schritt der Lieferkürzung am Dienstag noch gelassen wahrgenommen
       hatten, reagierten auf die abermalige Kürzung am Mittwoch dann aber doch
       nervös. Denn würde diese Kürzung länger anhalten, könnte Gas in
       Mitteleuropa knapp werden.
       
       Der deutsche Strommarkt reagierte am Donnerstag umgehend. Die
       Erdgaskraftwerke sind verglichen mit der Industrie und den Haushalten zwar
       nur ein kleiner Verbraucher von Erdgas, gleichwohl haben diese Anlagen
       einen starken Einfluss auf die Strompreisbildung. Daher wurde der Strom für
       die beiden kommenden Winterquartale am Donnerstag im Großhandel zeitweise
       zum Rekordpreis von mehr als 33 Cent je Kilowattstunde verkauft. (mit rtr)
       
       16 Jun 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
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