# taz.de -- Rassismus-Vorwürfe gegen Senatorin: Enttäuscht und irritiert
       
       > Migrant*innenorganisationen werfen Berlins Schulsenatorin Busse
       > (SPD) Diskriminierung vor. Sie distanziere sich nicht von früheren
       > Äußerungen.
       
 (IMG) Bild: Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) steht in der Kritik
       
       BERLIN taz | Die [1][Diskussion um Rassismus-Vorwürfe] gegen
       Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) mag nicht verstummen. In einer
       gemeinsamen Stellungnahme werfen nun Migrant*innenorganisationen
       und Flüchtlingsinitiativen Busse vor, sich nicht deutlich von umstrittenen
       Äußerungen zu distanzieren, die sie noch als ehemalige Schulleiterin einer
       Neuköllner Grundschule gemacht hatte.
       
       Man sei „enttäuscht“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem vom
       Türkischen Bund in Berlin Brandenburg, dem Türkischen Elternverein und der
       People of Color Pädagog*innen in der Gewerkschaft GEW unternzeichnet wurde
       und der taz vorliegt. Man wünsche sich „für unsere Kinder eine
       Bildungssenatorin, welche alle Schüler*innen und Familien als
       Berliner*innen akzeptiert, vorurteilsbewusst ist, die Vielfalt als
       Bereicherung sieht und entschieden gegen Diskriminierung und Rassismus
       vorgeht.“
       
       Hintergrund für die anhaltende Empörung sind schon eine Weile zurück
       liegende Äußerungen Busses. In einem Zeitungsinterview hatte Busse, damals
       noch Schulleiterin einer Neuköllner Grundschule, auf die fast
       ausschließlich Kinder mit Migrationshintergrund gehen, den seitdem viel
       zitierten Satz gesagt: [2][„Wir sind arabisiert.“] 
       
       Sie sprach von Familien, in denen kein Deutsch gesprochen werde und die
       auch in der dritten Generation nicht integriert seien: „Man holt sich immer
       noch den Ehepartner aus dem früheren Heimatland. Wieder ein Elternteil, das
       kein Deutsch kann.“ Busse hatte sich kürzlich von ihrer damaligen Wortwahl
       distanziert, nicht aber vom Inhalt ihrer Äußerungen.
       
       Diese Sätze, eigentlich lange und vor ihrem Amtsantritt als Senatorin im
       Dezember bekannt, fallen Busse nun auf die Füße – zum einen, weil der
       umstrittene, für seine rechtspopulistischen Thesen bekannte Berliner
       Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin sie in seinem neuesten Buch zitiert. Zum
       anderen, weil die Senatorin ohnehin geschwächt ist: Fachlich konnte sie
       nicht überzeugen; erst vergangene Woche [3][überstand sie im Parlament
       einen Missbilligungsantrag der CDU] gegen ihre Amtsführung.
       
       ## Kaum verhohlene Rücktrittsforderung
       
       Die Angriffe nehmen also an Schärfe zu. Die Stellungnahme der
       Migrant*innenorganisationen liest sich wie eine kaum verhohlene
       Rücktrittsforderung: Man wünsche sich eine „Senatorin, welche die Schule
       als Begegnungsort des Kiezes sieht und nicht als Festung oder gar ‚Front‘
       in der Werte gegen die Gefahr einer ‚Arabisierung‘ verteidigt werden“,
       heißt es. Im Prinzip wünscht man sich also jemand anderes als diese
       Senatorin.
       
       Es dürfte allerdings erstmal bei dem Wunsch bleiben. Busse genießt die
       Rückendeckung der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Busse
       war vor allem Giffeys Wahl – jüngst im Senat stellte sich Giffey denn auch
       schützend vor sie. Schließlich hat Giffey auch ihre eigene
       Personalentscheidung zu verteidigen.
       
       Doch solange die Senatorin nicht aus der Defenisve kommt, dürfte auch die
       Rassismus-Debatte nicht verstummen. Und in der Defenisve ist Busse in
       vielen Punkten: Von ihrer Vorgängerin im Amt hat sie [4][eine
       Mangelwirtschaft vererbt bekommen]. Es mangelt an Lehrkräften, es mangelt
       an Schulplätzen. Busse bezifferte die Lücke bei den Pädagog*innen im
       kommenden Schuljahr jüngst auf 1.000 – ein Rekord.
       
       Die Situation verschärft sich außerdem durch den Ukrainekrieg: Im
       Bildungsausschuss am Donnerstag sprach Busse von rund 5.600 ukrainischen
       Kindern, die nach den Sommerferien noch einen Schulplatz benötigten – in
       etwa genauso viele, wie bereits in Willkomens- und Regelklassen
       untergebracht wurden. Oft nur mit Mühe und Not, weil die Schulen schon
       längst übervoll sind.
       
       17 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schulsenatorin-in-der-Kritik/!5860263
 (DIR) [2] http://www.bild.de/regional/berlin/berlin-aktuell/berliner-rektorin-klagt-nur-1-von-103-kindern-spricht-zu-hause-deutsch-58543002.bild.html
 (DIR) [3] /Missbilligung-von-Schulsenatorin/!5856872
 (DIR) [4] /Bildungspolitik-in-Berlin/!5858803
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
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