# taz.de -- +++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Gefangene US-Bürger vorgeführt
       
       > Die Ukraine will mit Russland im August wieder verhandeln. Die
       > Bundesnetzagentur warnt vor Erdgas-Kürzungen in der Wirtschaft.
       
 (IMG) Bild: In der Ukraine wurden mutmaßlich hunderte Kriegsverbrechen durch Russland begangen
       
       Schwierige Lage für ukrainische Zivilisten in Sjewjerodonezk 
       
       Zivilisten [1][in der schwer umkämpften ukrainischen Stadt Sjewjerodonezk]
       müssen nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten sehr schwierige
       Abwägungen treffen. Einerseits gebe es angesichts zerstörter Brücken außer
       den von Russland und seinen Verbündeten einseitig ausgegebenen humanitären
       Korridoren kaum Wege, um aus der Stadt zu kommen.
       
       Andererseits habe Moskau schon in früheren Fällen in der Ukraine und auch
       in Syrien solche Korridore als Mittel missbraucht, um sich Vorteile auf dem
       Schlachtfeld zu verschaffen und Menschen zwangsweise umzusiedeln, hieß es
       in einer Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums am Samstag.
       
       Russlands vorgeschlagene Route würde die Menschen in Richtung des Orts
       Swatowe führen, weiter in das von Russland besetzte Gebiet, so die
       britischen Experten. Sie warnten jedoch: „Wenn eingeschlossene Zivilisten
       das Angebot ablehnen, durch einen Korridor hinauszugehen, wird Russland das
       wahrscheinlich als Rechtfertigung nehmen, um weniger Unterschied zwischen
       ihnen und irgendwelchen militärischen ukrainischen Zielen zu machen.“
       
       Nach Einschätzung der Briten haben russische Truppen in den vergangenen 48
       Stunden erneut versucht, südlich von Isjum vorzustoßen, um den Kessel von
       Sjewjerodonezk vom Norden her einzukreisen.
       
       Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor fast vier Monaten
       veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen
       zum Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
       (dpa)
       
       Ukraine: Verhandlungen erst nach Gegenangriffen 
       
       Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija will erst Ende August
       nach der Durchführung von Gegenangriffen die Friedensverhandlungen mit
       Moskau wieder aufnehmen. Ende August werde die Ukraine eine bessere
       Verhandlungsposition haben, sagte er in einem am Samstag erschienenen
       Interview mit dem Sender Voice of America. „Ich denke, wir werden eine
       Operation mit Gegenangriffen an verschiedenen Orten führen“, erklärte
       Arachamija, ohne Details zu nennen.
       
       [2][Die Verhandlungen über eine Friedenslösung] haben kurz nach dem
       russischen Angriff auf die Ukraine begonnen. Ende März hatte Kiew bei den
       Gesprächen in Istanbul unter anderem vorgeschlagen, auf einen Nato-Beitritt
       zu verzichten, wenn das Land im Gegenzug internationale
       Sicherheitsgarantien bekäme. Russland fordert allerdings darüber hinaus
       noch eine Entmilitarisierung und Gebietsabtretungen. Neben der schon seit
       2014 annektierten Krim betrifft dies unter anderem die Gebiete Donezk und
       Luhansk.
       
       Später kamen die Gespräche zum Erliegen. Verhandelt wurde nur noch über
       Detailfragen wie den Austausch von Gefangenen, aber keine grundsätzliche
       Lösung mehr. Moskau macht dafür Kiew verantwortlich. Allerdings setzen
       beide Seiten offenbar darauf, durch militärische Erfolge, ihre
       Gesprächsposition verbessern zu können. (dpa)
       
       Gefangene US-Bürger in russischen Medien 
       
       Russische Medien haben zwei in der ukrainischen Armee kämpfende und von
       moskautreuen Truppen gefangen genommene US-Bürger vorgeführt. Er habe der
       westlichen „Propaganda“ von den „schlechten Russen“ geglaubt und sei
       deswegen in den Krieg gezogen, rechtfertigte sich einer der Männer im
       Interview mit der kremlnahen Zeitung Iswestija, das das Blatt am Freitag
       auf seinem Telegram-Kanal zeigte. „In den westlichen Medien wird uns nicht
       gesagt, wie inkompetent und korrupt die ukrainische Armee ist“, sagte er.
       
       Der zweite Gefangene trat beim Kremlsender RT auf. Er übermittelte nur
       einen Gruß an seine Mutter und sprach von der Hoffnung, nach Hause
       zurückkehren zu dürfen. Beide Soldaten stammen laut den russischen Medien
       aus dem US-Bundesstaat Alabama und sollen in der Nähe von Charkiw gefangen
       genommen worden sein.
       
       Unklar ist noch, von wem sie gefangen genommen wurden. Das ist womöglich
       wichtig für ihr weiteres Schicksal. An der Seite Russlands kämpfen auch
       noch Truppen der prorussischen Separatisten aus den selbst ernannten
       Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Diese haben bereits drei Ausländer aus
       den Reihen der ukrainischen Armee – zwei Briten und einen Marokkaner – in
       einem Schauprozess zum Tode verurteilt. In Russland hingegen ist die
       Todesstrafe ausgesetzt. (dpa)
       
       BKA geht Hinweisen auf russische Kriegsverbrechen nach 
       
       Das Bundeskriminalamt (BKA) geht nach eigenen Angaben mehreren hundert
       Hinweisen auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine nach. „Bisher haben
       wir eine dreistellige Zahl von Hinweisen erhalten“, sagte BKA-Präsident
       Holger Münch der Welt am Sonntag. Ermittelt werde nicht nur zu Tätern von
       Kriegsverbrechen, sondern auch zu den dafür militärisch und politisch
       Verantwortlichen.
       
       „Das ist der schwierigste Teil unserer Ermittlungen, eine komplexe
       Puzzlearbeit“, sagte Münch. „Unser klares Ziel ist es, die für Gräueltaten
       Verantwortlichen zu identifizieren, ihre Taten durch unsere Ermittlungen
       nachzuweisen und sie vor ein Gericht zu stellen.“ Dafür gehe das BKA allen
       Spuren nach, suche Hinweisgeber und sammele Beweise.
       
       „Damit bereiten wir uns auf mögliche Anklagen gegen Personen, die
       mutmaßlich Verantwortung für Kriegsverbrechen in der Ukraine tragen, in
       Deutschland vor“, sagte der BKA-Chef. Nach dem sogenannten
       Weltrechtsprinzip können Kriegsverbrecher auch in Deutschland vor Gericht
       gestellt werden.
       
       Der Generalbundesanwalt, in dessen Auftrag das BKA ermittelnd tätig sei,
       führe derzeit ein Strukturermittlungsverfahren, aber noch keine Verfahren
       gegen einzelne Verdächtige, sagte Münch. „Aber am Ende wollen wir natürlich
       Täter zur Rechenschaft ziehen“, kündigte er an.
       
       Dafür nutze das BKA auch geheimdienstliches Material, etwas vom
       Bundesnachrichtendienst (BND). Dieser hat unter anderem zum Beispiel
       Funksprüche russischer Soldaten mitgeschnitten, in denen diese freimütig
       über Gräueltaten an der Zivilbevölkerung berichteten. Aber auch von
       Diensten der Partnerstaaten gingen Informationen ein, die für eventuelle
       Strafverfahren relevant seien.
       
       Von Ermittlungserfolgen sprach Münch bei der Durchsetzung von Sanktionen
       gegen russische Oligarchen aus dem Umfeld von Kremlchef Wladimir Putin.
       „Neben reinen Geldmitteln auf Konten, für deren Einfrieren die Banken
       zuständig sind, wurden auch Sachwerte eingefroren“, sagte er der Welt am
       Sonntag. Konkret nannte er die Yachten „Dilbar“ und „Luna“, die
       verschiedenen russischen Oligarchen zugeordnet worden seien. Deren Wert
       wird auf knapp eine Milliarde Euro geschätzt. (afp)
       
       Ukraine meldet Versenkung eines russischen Schleppers 
       
       Der von ukrainischen Raketen getroffene Schlepper der russischen
       Schwarzmeerflotte ist nach ukrainischen Behördenangaben gesunken. Der
       Schlepper „Wassili Bech“ sei am Morgen von ukrainischen Raketen beschädigt
       worden. „Später wurde bekannt, dass er gesunken ist“, sagte der
       Militärgouverneur von Odessa, Maxym Martschenko, am Donnerstagabend in
       einer Videoansprache auf seinem Telegram-Kanal. Eine Bestätigung von
       russischer oder unabhängiger Seite für die Versenkung gibt es nicht.
       
       Den Beschuss hatte am Donnerstag bereits die ukrainische Marine gemeldet.
       Demnach wurde das Schiff, das erst 2017 in Dienst gestellt und mit einem
       Luftabwehrsystem ausgestattet worden war, von Harpoon-Raketen getroffen und
       schwer beschädigt worden. Die Schiffsabwehrraketen hatte Dänemark an die
       Ukraine geliefert. Der Schlepper war demnach mit Militärgerät auf dem Weg
       zur strategisch wichtigen „Schlangeninsel“, die seit Ende Februar von
       russischen Truppen besetzt ist.
       
       Die „Wassili Bech“ wäre nicht das erste Schiff, das die russische
       Schwarzmeerflotte im Krieg gegen die Ukraine verloren hat. Bestätigt wurde
       von russischer Seite der Verlust des Landungsschiffs „Saratow“ und des
       Raketenkreuzers „Moskwa“. Vor allem der Untergang der „Moskwa“ als
       Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte war für die russische Marine
       ein schmerzhafter Verlust. (dpa)
       
       Netzagentur warnt vor Erdgas-Kürzungen in der Wirtschaft 
       
       Angesichts der stark gedrosselten Erdgas-Lieferungen aus Russland nach
       Deutschland warnt die Bundesnetzagentur laut einem Medienbericht vor
       möglichen Kürzungen für die deutsche Wirtschaft bereits im Sommer. Nach
       einem Vorabbericht der Bild-Zeitung erklärt Netzagentur-Chef Klaus Müller
       intern in Gesprächen mit dem Bundeswirtschaftsministerium, dass die
       Gasspeicher in Deutschland ihre nötigen Füllstände im Herbst nur dann
       erreichen können, wenn die Lieferungen aus Russland in den nächsten Tagen
       wieder auf das übliche Niveau stiegen.
       
       Sollte das nicht geschehen, müsse die Bundesregierung das Gespräch mit rund
       2.000 Großkunden suchen und über Einschränkungen beraten. Diese
       Einschränkungen müssten bereits im Sommer vorgenommen werden. Wie die
       Zeitung weiter schreibt, strebt Müller einen Füllstand der Gasspeicher von
       mindestens 80 Prozent im Oktober und von mehr als 90 Prozent im November
       an.
       
       CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn und Präsident des Bundesverbands der
       Deutschen Industrie Siegfried Russwurm fordern indes den sofortigen Umstieg
       von Gas- auf Kohlekraftwerke bei der Stromerzeugung. „Um die Gasspeicher zu
       füllen, muss der Gasverbrauch im Sommer runter. Daher sollten jetzt endlich
       mehr Kohle- und weniger Gaskraftwerke laufen“, sagt der stellvertretende
       Unions-Fraktionschef Spahn. Russwurm fordert in der Berliner Morgenpost,
       die Gasverstromung sofort zu beenden und die Kohlekraftwerke aus der
       Reserve zu holen. Hintergrund sind Sorgen, dass Russland seine
       Gaslieferungen weiter einschränken könnte. (rtr)
       
       Barley warnt vor überstürztem EU-Beitritt der Ukraine 
       
       Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), hat vor
       einer überstürzten Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union gewarnt.
       „Überstürzte Beitritte darf es nicht geben“, sagte Barley der Neuen
       Osnabrücker Zeitung am Samstag. „Wer einmal in der EU ist, kann nicht
       ausgeschlossen werden.“ Es sei daher „umso wichtiger“, dass die
       Beitrittskriterien von Kiew „voll und ganz erfüllt werden“.
       
       Als Negativbeispiel nannte Barley das 2004 der EU beigetretene Ungarn, das
       die Rechtsstaatlichkeit „systematisch“ aushöhle. Die EU-Kommission hatte am
       Freitag empfohlen, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten
       offiziell zu verleihen. Kommende Woche müssen die 27 EU-Mitgliedsstaaten
       über einen möglichen Kandidatenstatuts entscheiden, nötig ist dafür eine
       einstimmige Entscheidung.
       
       Barley würde eine Verleihung des Kandidatenstatus' für die Ukraine nach
       eigenen Worten ausdrücklich begrüßen. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte
       sie, dies wäre „ein wichtiges Signal in Richtung Moskau, dass sich die EU
       nicht einschüchtern lässt, wenn es darum geht, unsere Werte zu
       verteidigen“. Mit Blick auf andere Beitrittskandidaten sei es aber wichtig,
       keine „lockere Auslegung“ der Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft
       vorzunehmen. (afp)
       
       18 Jun 2022
       
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