# taz.de -- Equadors Präsident Guillermo Lasso: Ausnahmezustand verhängt
       
       > Lasso will der anhaltenden Proteste der indigenen Bevölkerung Herr
       > werden. Zugleich kommt er ihr mit sozialen Maßnahmen entgegen.
       
 (IMG) Bild: Tausende Demonstrierende waren am 16. Juni auf den Straßen Quitos unterwegs
       
       BUENOS AIRES taz | [1][Ecuadors Präsident Guillermo Lasso] hat den
       Ausnahmezustand über die drei Provinzen Pichincha, Cotopaxi und Imbabura
       verhängt. Seit Samstag 0 Uhr sind dort größere Versammlungen verboten und
       können durch den Einsatz von Polizei und Militär aufgelöst werden. Der
       Ausnahmezustand gilt zunächst für 30 Tage. Zugleich verhängte der Präsident
       eine Ausgangssperre über den Hauptstadtbezirk Quito. Sie gilt von 22 Uhr
       bis 5 Uhr.
       
       Damit reagierte Lasso auf die seit Anfang der Woche anhaltenden Proteste
       unter der Führung der indigenen Dachorganisation CONAIE. Diesen haben sich
       zwischenzeitlich auch einige Gewerkschaftsverbände angeschlossen. Durch
       Aufmärsche, Straßenblockaden in Form aufgeschütteter Erdhaufen und
       Steinwällen wurde der Verkehr in weiten Teilen des Landes lahmgelegt.
       
       Die Blockaden seien nicht nur rechtswidrig, sie würden auch die Versorgung
       der Bevölkerung gefährden, sagte Lasso [2][in seiner Fernsehansprache] am
       späten Freitagabend. „Ich werde unsere Hauptstadt und das Land
       verteidigen“, sagte der Präsident. Zugleich kündigte er ein Maßnahmenpaket
       an, um „die schwierige Situation vieler Familien zu lindern“. So wird der
       staatliche Unterstützungsbonus für einkommensschwache Familien um fünf auf
       55 Dollar monatlich angehoben, was gut 263.000 Familien zugutekommt.
       
       Zugleich werden fällige Kleinkredite bis zu 3.000 Dollar bei der
       staatlichen Bank Banecuador erlassen und zinsgünstig Neukredite für kleine
       Agrarproduzierende und Beihilfen für Düngemittel gewährt. Und während der
       Haushalt für interkulturelle und zweisprachige Bildung um 50 Prozent
       angehoben werde soll, rief der Präsident für den Gesundheitsbereich den
       Notstand aus, um eine Verbesserung der medizinischen Versorgung zu
       erreichen.
       
       ## Spritpreise müssen sinken, fordern die Demonstrant*innen
       
       Mit den Maßnahmen kommt Lasso den Forderungen der CONAIE weitgehend
       entgegen. Die hat das Ende der Proteste von der Erfüllung von insgesamt
       zehn Punkten abhängig gemacht, darunter die Senkung und das Einfrieren der
       Kraftstoffpreise. Lasso lenkte ein und versprach, dass es keine Anhebung
       der Diesel- und Benzinpreise geben werde. Eine Senkung stellte er aber
       nicht in Aussicht.
       
       Ob die Zugeständnisse die Demonstrant*innen zufriedenstellen ist noch
       unklar. Bisher waren bei den Protesten mindestens 40 Personen verletzt und
       ebenso viele festgenommen worden. Darunter befand sich auch der
       CONAIE-Vorsitzende Leonidas Iza. Dieser kam am Dienstag unter dem Vorwurf
       der Anstachelung zu den Blockaden in Haft. Die CONAIE-Führung rief
       daraufhin zu einer „Radikalisierung“ der Proteste auf.
       
       Wenig später konnten vor allem in Quito teilweise heftige Zusammenstöße
       zwischen der Polizei und Demonstrierenden beobachtet werden. Steine flogen,
       Barrikaden und Polizeiautos brannten. Tags darauf wurde Iza von einem
       Untersuchungsrichter vorübergehend freigelassen. Während die Anklage
       weiterbesteht, soll sich der CONAIE-Vorsitzende in Freiheit auf ein
       kommendes Gerichtsverfahren vorbereiten, sagte der Richter.
       
       Dass Präsident Guillermo Lasso mit der Verhängung des Ausnahmezustands
       Stärke und Handlungsfähigkeit demonstriert, täuscht nicht darüber hinweg,
       dass er seit seinem Amtsantritt im Mai 2021 stetig an Rückhalt in der
       Bevölkerung verloren hat. Lebte zu Beginn seiner Amtszeit jeder Dritte der
       18 Millionen Ecuadorianer*innen unterhalb der Armutsgrenze, ist es
       inzwischen nahezu jeder Zweite. Auch im Parlament steht ihm eine breite,
       wenn auch untereinander zerstrittene Opposition gegenüber. Seine
       anfängliche Allianz aus der christsozialen PSC und seiner eigenen Partei
       CREO ist längst zerbrochen.
       
       18 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Banker-Lasso-gewinnt-Praesidentenwahl/!5764846
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=NR0TLFtlLPI&t=27s
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ecuador
 (DIR) Südamerika
 (DIR) Indigene
 (DIR) Benzinpreise
 (DIR) Indigene
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Protest
 (DIR) Ecuador
 (DIR) Ecuador
 (DIR) Protest
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Indigene in Ecuador: Streik beendet
       
       Die Regierung und Vertreter*innen indigener Organisationen einigen sich
       auf einen Kompromiss. Dazu gehört auch eine Senkung des Treibstoffpreises.
       
 (DIR) Indigene Proteste in Ecuador: Schießbefehl und Verhandlungen
       
       Eine indigene Organisation ist in Ecuador zum Sprachrohr breiter
       Bevölkerungsschichten geworden. Präsident Lasso wiederholt Fehler seines
       Vorgängers.
       
 (DIR) Indigene Proteste in Ecuador: Der Präsident ist der Kritik müde
       
       Mit leichten Zugeständnissen versucht Ecuadors Präsident Lasso, die
       Protestbewegung zu beschwichtigen und sein politisches Überleben zu
       sichern.
       
 (DIR) Banker Lasso gewinnt Präsidentenwahl: Ecuador stimmt neoliberal
       
       Guillermo Lasso gewann in der Stichwahl gegen den linksprogressiven
       Kandidaten Andrés Arauz. Lasso errang 52,5 Prozent der gültigen Stimmen.
       
 (DIR) Streichung von Subventionen: Ecuador im Ausnahmezustand
       
       Der Benzinpreis steigt, weil das Land Sparauflagen des IWF erfüllen muss.
       Dagegen regt sich Widerstand. Die Transportarbeiter*innen streiken.
       
 (DIR) Proteste gegen Präsident Lenín Moreno: Ecuador im Ausnahmezustand
       
       Staatschef Lenín Moreno verschafft sich weitreichende Vollmachten. Zuvor
       gab es mehr als 270 Festnahmen bei Zusammenstößen zwischen DemonstrantInnen
       und Polizei.