# taz.de -- Nach der Oberhauswahl in Japan: Verfassungsreform als Alibi > Nach dem Wahlsieg will Japans Premier Kishida weg vom neoliberalem Kurs > seines Vorgängers Abe. Wen er dazu braucht: die Rechten. (IMG) Bild: Der japanische Premierminister Fumio Kishida Das Markenzeichen von [1][Fumio Kishida] ist Bescheidenheit – im Gegensatz zur Arroganz von Shinzō Abe, Japans einflussreichstem Politiker der letzten zehn Jahre. Ein Attentäter hatte [2][Abe am vergangenen Freitag getötet]. Nun ist Kishida der unglückliche Erbe von Abe, der ihn bei der Wahl zum Chef der Liberaldemokraten (LDP) unterstützt und im Gegenzug zu einer Politik nach seinem Gusto gezwungen hatte. In dieser Zwickmühle bleibt Kishida auch nach seinem klaren [3][Sieg bei der Oberhauswahl] am Sonntag, da seine Hausmacht in der Dauerregierungspartei nicht groß genug ist. Denn Abe führte die größte LDP-Faktion. Ein Nachfolger seines Kalibers ist nicht in Sicht, so dass der LDP ein inneres Machtvakuum droht. Die absehbaren Führungskämpfe könnten dem jetzigen Premier gefährlich werden. Zugleich muss Kishida darauf achten, dass ihn die bisher von Abe gelenkten Rechten weiter unterstützen. Also stellte er sich demonstrativ hinter deren ultrakonservative Agenda, den Verteidigungshaushalt drastisch zu erhöhen und eine Verfassungsreform vorzubereiten. Das [4][Lieblingsprojekt von Abe soll der Armee mehr Einsatzmöglichkeiten geben] und Japan als Nation stärken. ## Den „neuen Kapitalismus“ verwirklichen Der gelernte Banker Kishida war Vater und Großvater ins Parlament gefolgt, war unter Abe vier Jahre lang Außenminister. Aus Erfahrung weiß er, dass sich mit einer Reform der seit 75 Jahren unveränderten Verfassung kein Blumentopf gewinnen lässt. Dennoch wird er den Schein wahren und das Parlament darüber diskutieren lassen. In Wirklichkeit will er sein politisches Kapital lieber einsetzen, um den von ihm propagierten „neuen Kapitalismus“ zu verwirklichen. Lohnsteigerungen sollen die Inflation ausgleichen. Seine eigentliche Absicht lässt sich daran erkennen, dass er die neoliberale Wirtschaftspolitik der „Abenomics“ trotz ihres Namensgebers mit keinem Wort erwähnte. Sie würde kein „reales Glück“ bringen, sagte er einmal. Die Japaner können sich freuen, wenn dem neuen Regierungschef diese Gratwanderung gelingt. 11 Jul 2022 ## LINKS (DIR) [1] https://www.dw.com/de/kapitalismuskritiker-kishida-soll-japan-f%C3%BChren/a-59353467 (DIR) [2] /Japans-ermordeter-Ex-Premier-Abe/!5866416 (DIR) [3] /Oberhauswahl-in-Japan/!5866619 (DIR) [4] https://www.dw.com/de/japan-r%C3%BCckt-weiter-vom-pazifismus-ab/a-61596765 ## AUTOREN (DIR) Martin Fritz ## TAGS (DIR) Japan (DIR) Shinzo Abe (DIR) Wahlen (DIR) Wahlkampf (DIR) Bundeswehr (DIR) Japan (DIR) Japan (DIR) Japan (DIR) Japan (DIR) Shinzo Abe (DIR) Shinzo Abe ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Luftwaffen-Manöver in Japan: Deutsche Eurofighter über Fuji Deutsche Jets sind für Übungen in Tokio angekommen. Mit der Bedrohung durch China habe das nichts zutun, so die Deutschen. Die Japaner sehen das anders. (DIR) Nach Mord an Ex-Ministerpräsident Japans: Staatsbegräbnis für Shinzo Abe Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen wird der umstrittene Ex-Ministerpräsident Shinzo Abe beerdigt. Auch die US-Vizepräsidentin wohnt bei. (DIR) Größtes Handelsdefizit aller Zeiten: Japan verbucht Rekordimportkosten Die Energiekrise und der schwache Yen machen Japan zu schaffen. Die Exporte wachsen trotz schwacher Währung mengenmäßig nicht. (DIR) Mögliches Motiv für Attentat: Mord wegen Sekte? Die Partei und Familie des ermordeten Ex-Premiers Abe soll Verbindungen zur koreanischen Moon-Sekte gehabt haben. Japanische Medien vernebeln das. (DIR) Oberhauswahl in Japan: Rückenwind fürs Regierungsbündnis Nach einem klaren Wahlsieg kann Japans Premier Fumio Kishida vorerst durchregieren. Damit rückt die bereits lange schwelende Verfassungsreform näher. (DIR) Japans ermordeter Ex-Premier Abe: Rechtskonservativer mit Ausdauer Japans früherer Premier Shinzō Abe wurde bei einem Attentat erschossen. Seine Politik war umstritten, doch seinem Land brachte er lange politische Stabilität. (DIR) Attentat in Japan: Japans Ex-Premier Abe ermordet Japans früherer Regierungschef Shinzo Abe ist bei einer Wahlkampfrede erschossen worden. Der mutmaßliche Täter, ein Ex-Berufssoldat, wurde festgenommen.