# taz.de -- Party auf St. Pauli: Bitte keine Kotze vor der Tür
       
       > Die Außengastronomie in St. Pauli mutiert zum Partyhotspot. Das sorgt für
       > Streit zwischen Einwohner*innen und Gastronomen.
       
 (IMG) Bild: Hier die Große Freiheit – dort der große Streit über den neuen Partyhotspot auf St. Pauli
       
       Es ist früh morgens an einem durchschnittlichen Montag in Hamburg-St.
       Pauli, in der Paul-Roosen-Straße. Die Musik ist verstummt, die schäbigen
       Kneipen, bunten Bars und raffinierten Weinläden haben geschlossen. Die
       Gäste haben sich zurückgezogen und die unbesorgte Feierstimmung ist längst
       verflogen. Was bleibt, sind zugemüllte Straßen, angepinkelte Hauseingänge
       und jede Menge Frust.
       
       Die Gastronomen durften hier im Zuge der Pandemie einige [1][Parkflächen
       zur Außengastronomie umfunktionieren]. Was als eine solidarische Geste des
       Bezirksamts Hamburg Mitte anfing, entwickelte in der Paul-Roosen-Straße im
       Laufe der Zeit ein eigenes Leben.
       
       Der Außenbereich, der sich über die Gehwege verteilt, ist mittlerweile zum
       Party-Hotspot geworden – sehr zum Leid der Bewohner*innen des
       Viertels. Die Gastronom*innen wollen die Schuld dafür nicht allein auf
       sich nehmen. Ist es denn ihre Verantwortung, den Gäste nachzulaufen und
       ihnen hinterherzuräumen? Für viele Besitzer*innen, die die Zahl ihre Gäste
       wegen der [2][Corona-Einschränkungen] reduzieren mussten, ist es nicht
       leicht, auf diese Plätze zu verzichten. Das mediterrane Flair der Straße
       ist mittlerweile einer ihrer Hauptanziehungspunkte.
       
       Beide Seiten beharren auf ihrem Standpunkt. Deshalb hat der Bezirk
       Hamburg-Mitte eine Sondersitzung einberufen. Dort sollte alles zur Sprache
       kommen und gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden. Die Menschen, deren
       Handeln entscheidend zum Problem beiträgt, sind allerdings nicht dabei.
       
       ## Nicht zu übersehen: Hier wohnen auch Menschen
       
       Zugegeben: Das Interesse der Partyleute am Viertel ist nachvollziehbar –
       vor allem nach den vielen Lockdowns und einschränkenden Maßnahmen. St.
       Pauli ist bekannt für seine langen Nächte. Und wenn [3][die Reeperbahn oder
       die Große Freiheit] nicht cool genug sind, weicht man eben auf die
       Nebenstraßen aus. Beim Tanzen und Trinken ist das Chaos am nächsten Tag das
       Letzte, woran man denken möchte.
       
       Es braucht vielleicht eine Menge Reife und ein Maß an eigener
       Betroffenheit, um zu erkennen, was eigentlich nicht zu übersehen ist: Hier
       wohnen auch Menschen. Damit es nicht in Vergessenheit gerät, haben die
       Einwohner*innen des Viertels an ihren Fenstern und Balkonen gelbe
       Zettel mit der Aufschrift „Pauli wohnt!“ angebracht. Denn sie wachen am
       Montag zu den hässlichen Folgen des schönen Abends auf.
       
       Viele von ihnen leben hier seit Jahren und kennen die Besonderheiten des
       Viertels. Einige schätzen sogar die Party-Atmosphäre – oder haben zumindest
       gelernt, sie zu tolerieren. Dass sie sich aber an Glasscherben oder
       Kotzflecken vor ihren Haustüren stören, kann wohl jede*r Mieter*in
       verstehen.
       
       13 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Valeria Bajaña Bilbao
       
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