# taz.de -- Uniper und verminderte Gaslieferungen: Staatshilfen für Gas-Konzerne
       
       > Wegen verminderter Gaslieferungen stehen Importeure unter Preisdruck. Die
       > Ampel erwägt eine Beteiligung an kriselnden Unternehmen.
       
 (IMG) Bild: Uniper-Erdgasspeicher im bayerischen Bierwang
       
       BERLIN taz | Es soll mal wieder sehr schnell gehen: Die Bundesregierung
       [1][will kriselnden Gas-Konzernen staatlich helfen]. Am Montag hat sich das
       Kabinett auf eine entsprechende Änderung des Energiesicherungsgesetzes
       geeinigt, schon am Freitag sollen Bundestag und Bundesrat diese auf ihren
       letzten Sitzungen vor der Sommerpause verabschieden.
       
       Die Eile hat auch einen Grund: Ohne neue Hilfsmaßnahmen drohten
       Gas-Importeuren „finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen“, heißt es
       in einem Dokument aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
       
       Grund für die wirtschaftlichen Probleme sind die verminderten
       Gas-Lieferungen aus Russland. [2][Durch die Ostsee-Pipeline Nordstream 1
       kommen seit drei Wochen nur noch 40 Prozent] der üblichen Mengen. Das
       fehlende Gas können die Importeure derzeit zwar anderswo am Markt
       beschaffen. Doch statt der vergleichsweise günstigen Preise aus
       längerfristigen Verträgen müssen sie nun die Spotmarkt-Preise bezahlen –
       und die liegen aktuell etwa fünfmal so hoch wie vor einem Jahr.
       
       Diese gestiegenen Einkaufspreise können die Importeure aber in vielen
       Fällen nicht direkt an ihre Kunden weitergeben, weil diese wiederum
       längerfristige Verträge haben, die kurzfristige Preisanpassungen oft
       ausschließen. Beim Energiekonzern Uniper, der zu den großen Importeuren
       gehört, sind die dadurch auflaufenden Verluste so groß, dass ihm bereits
       ein staatlich abgesicherte Kredite der KfW-Bank von bis zu 2 Milliarden
       Euro angeboten wurde, um eine Schieflage zu verhindern.
       
       ## Direkte Beteiligung des Bundes
       
       Die erneute Änderung des Energiesicherungsgesetzes soll nun weitere
       staatliche Hilfen ermöglichen, unter anderem eine direkte Beteiligung des
       Staates an den kriselnden Unternehmen.
       
       Dafür sollen im Energiesektor ähnliche Regeln geschaffen werden wie für
       Unternehmen, die während der Corona-Krise staatliche Hilfe in Anspruch
       genommen haben, etwa die Fluggesellschaft Lufthansa: Die Regeln für die
       Aufnahme von zusätzlichem Eigenkapital, das den Staat zum Miteigentümer
       machen würde, werden erleichtert. Ob im Gegenzug für die Staatshilfe auch
       hier ein Verbot von Bonus-Zahlungen und Dividenden-Ausschüttung
       vorgeschrieben wird, soll jeweils im Einzelfall ausgehandelt werden, hieß
       es.
       
       Im Wirtschaftsministerium besteht die Hoffnung, dass die staatlichen Hilfen
       für die Importeure dafür sorgen, dass kurzfristige Preisanpassungen für
       Endkunden außerhalb der bestehenden Verträge nicht nötig sein werden. Falls
       sie doch erforderlich sind, sollen sie möglicherweise anders verteilt
       werden als bisher geplant.
       
       Erst kürzlich war im Gesetz die Möglichkeit geschaffen worden, dass
       Gasversorger ihre gestiegenen Einkaufskosten an ihre jeweiligen
       Kund*innen weitergeben dürfen, wenn der Bund eine entsprechende Regelung
       in Kraft setzt.
       
       Nun wird alternativ ein weiteres Verfahren eingeführt, bei dem diese
       Mehrkosten in Form einer Umlage an alle deutschen Gaskund*innen
       weitergeben werden kann – unabhängig davon, wer ihr Versorger ist. Statt
       starker Preisanstiege für manche Kund*innen und stabiler Preise für
       andere würde das zu geringeren Steigerungen für alle führen. Wovon es
       abhängt, welches Verfahren zum Einsatz kommt, blieb zunächst offen.
       
       Mit der Gesetzesänderung soll es den Unternehmen im Gegenzug verboten
       werden, aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten die Belieferung ihrer
       Kund*innen einfach einzustellen. Das ist künftig nur nach ausdrücklicher
       Genehmigung durch die Bundesnetzagentur zulässig, heißt es im
       Gesetzesentwurf, der der taz vorliegt.
       
       ## Neue Bedingungen für Braunkohle-Einsatz
       
       Möglich ist die extrem kurzfristige Umsetzung, weil die entsprechenden
       Änderungen an das Gesetz zum längeren Einsatz von Kohlekraftwerken
       angehängt werden, das am Freitag ohnehin zur finalen Abstimmung in
       Bundestag und Bundesrat vorgesehen ist. Auch in diesem Gesetz, das die
       Nutzung von Gaskraftwerken verringern soll, gab es im Vergleich zur
       ursprünglichen Fassung noch einige Änderungen.
       
       So wird festgelegt, dass zunächst Steinkohlekraftwerke zum Einsatz kommen
       sollen, um Gaskraftwerke zu ersetzen. Erst wenn deren Kapazität nicht
       ausreichend ist, sollen auch die – deutlich klimaschädlicheren –
       Braunkohlekraftwerke genutzt werden; zudem müssen dabei die Auswirkungen
       auf die Trinkwasserversorgung berücksichtigt werden.
       
       Daneben soll das Bundeswirtschaftsministerium bis spätestens 2024
       Vorschläge vorlegen, wie die zusätzlichen CO2-Emissionen durch den Umstieg
       auf Kohlekraftwerke kompensiert werden können.
       
       5 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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