# taz.de -- Sigmar Gabriel für längere Arbeitszeit: Der Seitenwechsler
       
       > Ex-SPD-Chef Gabriel versucht sich als weiser Ratgeber. Dabei unterschlägt
       > er, dass er mit gut dotierten Posten Arbeitgeberinteressen vertritt.
       
 (IMG) Bild: Im Aufsichtsrat einer ThyssenKrupp-Tochter, von Siemens Energy und Deutsche Bank: Sigmar Gabriel
       
       In der SPD wollen viele ehemalige – meist männliche – Parteigranden es so
       machen [1][wie Helmut Schmidt]. Sie lassen sich gern – nicht oft, aber
       wohldosiert – in Talkshows einladen und behelligen die Öffentlichkeit per
       Interview mit Ratschlägen. Sie sehen sich als Elder Statesmen, auf deren
       kluge Worte die Öffentlichkeit nur gewartet hat. Die armen
       ParteikollegInnen in Ämtern, das ist wohl der ziemlich eitle Hintergedanke,
       können ja nicht die unbequemen Wahrheiten aussprechen – also müssen sie
       ran.
       
       Sigmar Gabriel, ehemaliger Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender, ist
       ganz vorn bei dem Versuch, den Helmut Schmidt zu geben. Jetzt machte er
       wieder auf Unbequem und plädierte via Bild am Sonntag für längere
       Arbeitszeiten, weil die Arbeitskräfte fehlten. So will er den Mangel an
       Arbeitskraft beheben. Gabriel sollte redlicherweise dazu sagen, dass er
       nicht der unabhängige weise Ratgeber ist.
       
       [2][Gabriel vertritt Interessen]: Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der
       [3][Stahltochter von ThyssenKrupp] und sitzt im Aufsichtsrat von Siemens
       Energy und der Deutschen Bank (sein Salär allein hier: [4][200.000 Euro
       jährlich laut Vergütungsbericht]) – für die Arbeitgeberseite jeweils
       wohlgemerkt, nicht für die Arbeitnehmerseite, wie man von einem ehemaligen
       SPD-Chef eigentlich erwarten könnte. In diesen Funktionen ist es sein Job,
       die Interessen der Kapitaleigner zu vertreten – so gesehen ist es logisch,
       dass er für längere Arbeitszeiten eintritt.
       
       In Zeiten weiterer Arbeitsverdichtung ist die Forderung nach einer längeren
       Arbeitszeit rückwärtsgewandt. Die Beschäftigten entdecken zunehmend den
       Wert von mehr Freizeit; in einigen Tarifverträgen ist bereits die
       Wahlmöglichkeit zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit verankert.
       
       Und was den Arbeitskräftemangel angeht, gibt es bessere Ideen: Man könnte
       die Berufsausbildung gegenüber dem Studium attraktiver machen, etwa durch
       bessere Arbeitsbedingungen. Oder Geflüchteten einfacher die Chance geben zu
       arbeiten. Aber diese Vorschläge wird man von Gabriel nicht hören, denn sie
       geben keine knackigen Schlagzeilen, die ihm die Illusion vermitteln, in der
       Politik noch wichtig zu sein.
       
       25 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Debatte-Helmut-Schmidt/!5052153
 (DIR) [2] /Gabriels-Job-bei-Fleischfabrik-Toennies/!5693624
 (DIR) [3] https://www.thyssenkrupp.com/de/newsroom/pressemeldungen/pressedetailseite/neue-mitglieder-im-aufsichtsrat-der-thyssenkrupp-steel-europe-ag--sigmar-gabriel-zum-vorsitzenden-des-aufsichtsrats-gewahlt-130496
 (DIR) [4] https://hauptversammlung.db.com/files/documents/2022/Verguetungsbericht_2021.pdf
       
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