# taz.de -- Kinotipp der Woche: Ungewisse Zone
       
       > Das Lichtblick-Kino zeigt mit „Stalker“, „Solaris“ und „Nostalghia“ drei
       > Filmklassiker des sowjetischen Sci-Fi-Meisters Andrei Tarkowski.
       
 (IMG) Bild: „Stalker“, UdSSR 1979, Regie: Andrei Tarkowski
       
       Ständig Sonnenschein, Badesee und Picknick im Grünen: langsam reicht’s auch
       wieder. Gut, dass man da in das Lichtblick-Kino gehen kann, wo Andrei
       Tarkowskis Überklassiker “Stalker“ gezeigt wird.
       
       Man kann sich hier mit reinziehen lassen in die “Zone“, in der einem die
       sommerliche gute Laune schlagartig vergeht. Man kann zumindest emotional
       mit den drei Hauptprotagonisten des Films durch bizarre Höhlen und
       postapokalyptisch anmutende Ruinenlandschaften stapfen, die so abweisend
       wirken, dass es einen auch dann fröstelt, wenn in Berlin das Thermometer
       mal wieder über 30 Grad Celsius anzeigt.
       
       Was geht hier eigentlich ab? Was ist die “Zone“ überhaupt? Wer oder was hat
       sie so zugerichtet? War es ein Atomschlag? Außerirdische? Und kann man sich
       hier wirklich Wünsche erfüllen lassen oder ist die unwegsame Gegend, die
       teilweise an Tschernobyl oder Bilder aus Butscha erinnert, doch einfach nur
       ein höllisch gefährlicher Ort, an dem der nächste falsche Schritt tödliche
       Folgen haben kann?
       
       Tarkowski, dem das Lichtblick-Kino noch bis zum 28. August [1][ein kleines
       “Sommer-Special“ widmet], hat mit “Stalker“ (1979) ein echtes Monster von
       einem Film geschaffen, ein herausragendes Werk des sowjetischen Kinos,
       einen Science-Fiction-Klassiker.
       
       Existenzielle Fragen aller Art werden in diesem aufgeworfen und meist nicht
       beantwortet. Mit jedem Schritt durch die “Zone“ geht es tiefer hinab in
       menschliche Abgründe, in die man vielleicht nie blicken wollte.
       
       Dann hat der Film auch noch Überlänge und ist sowas von dunkel und
       gespenstisch, dass sich nicht umsonst Legionen von Darkwave-Bands schonmal
       auf ihn bezogen haben. Und trotzdem möchte man ihn immer und immer wieder
       sehen, um ihn irgendwann vielleicht doch noch vollends zu verstehen.
       
       Das Lichtblick-Kino zeigt in seiner kleinen Reihe drei Filme von Tarkowski,
       immerhin fast die Hälfte des schon im Alter von 54 Jahren gestorbenen
       Regisseurs, der schon früh in der Sowjetunion mit seiner Kunst aneckte und
       verfemt wurde. Neben “Stalker“ (1972) werden “Nostalghia“ (1983) und
       “Solaris“ gezeigt, allesamt Filmkunstklassiker, die dankenswerter Weise bis
       heute regelmäßig in Programmkinos zu sehen sind.
       
       Legendär ist neben “Stalker“ vor allem “Solaris“, der auf dem berühmten
       gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Stanislaw Lem basiert. Das
       Rätselhafte, auf das man permanent in “Stalker“ stößt, wird hier
       gewissermaßen ins Weltall übertragen. Auf den Planeten Solaris, wo ein paar
       Wissenschaftler auf einer Raumstation herausfinden sollen, was es mit dem
       riesigen Ozean auf sich hat, der große Teile des Planeten bedeckt.
       
       Die Wissenschaftler denken natürlich: lasst uns mal ein wenig den Ozean
       untersuchen, wir werden schon rational erklären können, um was für eine
       Materie es sich handelt, wir sind ja Wissenschaftler. Bald werden sie
       freilich von ihren Erinnerungen heimgesucht. Oder haben sie etwa
       Halluzinationen? Fangen sie langsam an zu spinnen? Und so langsam keimt der
       Verdacht, dass die flüssige Materie der Auslöser für ihren Wahnsinn sein
       könnte, die eine Art Intelligenz besitzt, die ihre Vorstellungskraft
       eindeutig übersteigt.
       
       Auch “Solaris“ ist so ein Film mit Überlänge, an dem man sich nicht
       sattsehen kann. Dem man endlich auf den Grund kommen möchte, wie die
       Bewohner der Raumstation dem Ozean um sie herum. Später hat Steven
       Soderbergh ein Remake des Films gedreht, von dem allerdings nur der in die
       Kamera gehaltene nackte Po von George Clooney in Erinnerung bleibt. Gesehen
       haben muss man nur das Original.
       
       17 Aug 2022
       
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