# taz.de -- Besuch Nancy Pelosis: Militärmanöver um Taiwan
       
       > Chinas Armee reagiert auf den Besuch der Vorsitzenden des
       > US-Repräsentantenhauses mit sechs Militärübungen. Das könnte erst der
       > Auftakt sein.
       
 (IMG) Bild: Begrüßung in Taipeh: Nancy Pelosi (l.) und Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen
       
       SEOUL taz | Angesichts der fähnchenschwenkenden Menschenmengen in Taipehs
       Innenstadt und dem zuweilen hysterischen Medienspektakel mutet Nancy
       Pelosis Taiwan-Besuch mitunter wie eine Politshow an. Doch zweifellos
       gekonnt inszeniert: In ihrer pathetischen Rede sagte die 82-jährige
       Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, dass die Welt derzeit vor der
       „Wahl zwischen Demokratie und Autokratie“ stehe und dass die USA „immer auf
       der Seite Taiwans stehen“ werden.
       
       Dessen eher nüchterne Präsidentin Tsai Ing-wen richtete eine ernste
       Botschaft an China: „Taiwan wird nicht klein beigeben. Wir werden tun, was
       immer notwendig ist, um unsere Selbstverteidigungsfähigkeiten zu stärken.“
       Die Fotos der beiden Frauen zeigen zwei Spitzenpolitikerinnen, die der
       [1][massiven Drohkulisse der Volksrepublik] trotzen.
       
       Pelosi besuchte die sogenannte Jing-Mei-Gedenkstätte, wo der Opfer von
       Taiwans einstiger Militärdiktatur gedacht wird. Dort traf die US-Demokratin
       drei prominenten Menschenrechtsaktivisten, darunter Wuer Kaixi, einen
       Führer der Pekinger Studentenbewegung vom Tiananmen-Platz 1989. Mit ihm
       habe sie diskutiert, wie die Situation der Menschenrechte in China – vor
       allem in der muslimisch geprägten Region Xinjiang – verbessert werden
       könne.
       
       Die Regierung in Peking reagierte erzürnt und ließ erste Taten folgen. Die
       Volksbefreiungsarmee kündigte sechs Militärmanöver an, die bis Sonntag
       dauern sollen. Die Truppen werden entsprechen der von Xinhua verbreitete
       Koordinaten (siehe Karte) Taiwan nicht nur umzingeln, sondern sich dessen
       Küste auf fast 16 Kilometern nähern und damit dessen territoriale Gewässer
       verletzen. Die Manöver sind auch deshalb eine Eskalation, weil sie eine
       Blockade der Insel simulieren – eines der möglichen Szenarien, wie Chinas
       Streitkräfte Taiwan einnehmen könnten.
       
       Am Mittwoch ging auch [2][Chinas wirtschaftliche Vergeltung] weiter: Die
       Einfuhr von Zitrusfrüchten aus Taiwan wurde verboten, weil sie in der
       Vergangenheit angeblich Schädlingsrückstände aufgewiesen hätten. Zudem
       wurden Importe zweier taiwanischer Fischsorten gesperrt, weil auf deren
       Verpackungen angeblich Coronaviren nachgewiesen worden seien.
       
       ## Muskeln spielen lassen
       
       Glaubwürdig sind diese Begründungen nicht, vielmehr will Peking seine
       ökonomischen Muskeln spielen lassen. Dass die wirtschaftliche Vergeltung
       bisher eher zahm ausfällt, hat vor allem damit zu tun, dass Taiwan als
       führende Halbleiternation mit dem globalen Marktführer TSMC einen Trumpf in
       der Hand hat: Sollte nämlich TSMC keine Chips mehr an China liefern, würde
       dies die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt empfindlich zu spüren
       bekommen.
       
       Ohnehin könnte sich Chinas Strategie der lauten Drohungen als
       kontraproduktiv erweisen. Denn erst die große Drohkulisse hat Pelosis Reise
       ihre historische Dimension verliehen. Kommentatoren im chinesischen Netz
       merkten ironisch an: Hätten beide Seiten weniger Lärm gemacht, hätte der
       Delegationsbesuch der US-Kongressführerin in Taiwan wohl nur ein Bruchteil
       des öffentlichen Interesses bekommen. „Nehmt nächstes Mal den Mund nicht so
       voll“, lautet ein viel geteiltes Posting auf der Online-Plattform Weibo.
       
       Auch Hu Xijin, Ex-Chefredakteur des Parteiblatts Global Times, der zuvor
       noch über einen [3][möglichen Abschuss von Pelosis Flugzeug spekuliert
       hatte], schrieb nun kleinlaut: „Dass Pelosi tatsächlich gelandet ist, zeigt
       natürlich, dass unsere Abschreckung nicht genug war. Aber es wäre
       übertrieben zu denken, dass wir eine Niederlage oder gar nationale Schande
       erlitten hätten.“ Tatsächlich habe die Auseinandersetzung mit den USA erst
       begonnen und sei dazu verdammt, „lang und ausdauernd“ zu werden.
       
       Pelosi ist inzwischen nach Südkorea geflogen. Dort trifft sie einen engen
       US-Verbündeten, der aber wirtschaftlich von China abhängig ist und sich nur
       sehr diplomatisch geäußert hat.
       
       3 Aug 2022
       
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