# taz.de -- Klimaschutz-Plan der Umweltministerin: Kein Torf mehr fürs eigene Beet
       
       > Moorboden als Gartenerde? Geht es nach Umweltministerin Steffi Lemke,
       > soll damit bald Schluss sein. Dabei setzt die Grüne auf Freiwilligkeit.
       
 (IMG) Bild: Nicht gut fürs Klima: Torfabbau im Goldenstedter Moor in Niedersachsen
       
       POTSDAM taz | [1][Klimakrise] und Artensterben zugleich will
       Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mit ihrem „Aktionsprogramm
       Natürlicher Klimaschutz“ bekämpfen. Am Mittwoch hat sie [2][den Entwurf für
       das Programm vorgestellt]. Er enthält zahlreiche Projekte, die die Natur in
       die Lage versetzen sollen, Kohlendioxid zu speichern sowie Tieren und
       Pflanzen Lebensräume zu bieten. „Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere
       und Gewässer, naturnahe Grünflächen in der Stadt und auf dem Land: Sie alle
       können Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern“,
       so Lemke.
       
       Unter anderem will sie die hierzulande beinahe gänzlich trocken gefallenen
       Moore wieder vernässen. 92 Prozent der Moorböden in Deutschland sind
       entwässert und werden meist als Acker-, Weideland oder zum Torfabbau
       genutzt. Statt ein wichtiger CO2-Speicher zu sein, sind die Flächen so laut
       Umweltministerium zu Emissionsquellen geworden: Sie setzen jährlich rund 53
       Millionen Tonnen CO2 frei, [3][etwa 6,7 Prozent der gesamten nationalen
       Treibhausgas-Emissionen].
       
       Außerdem bieten Moore einen Lebensraum für hochspezialisierte Pflanzen und
       Tiere. Um die Flächen wieder herzustellen, soll die vorhandene
       Moorschutzstrategie „ambitioniert umgesetzt“ werden; die öffentliche Hand
       soll ein Vorkaufsrecht für Moorböden erhalten und Paludikulturen – also die
       landwirtschaftliche Nutzung von nassen Böden – gefördert werden. Zudem
       strebt das Umweltministerium ein Ende der Torfnutzung an. Bis 2026 sollen
       zunächst Hobbygärtner auf Torf verzichten, bis 2030 auch
       Erwerbsgärtnereien. Erreichen sollen dies Vereinbarungen auf freiwilliger
       Basis.
       
       Für die Hersteller von Gartenerde ist das schwer vorstellbar. „Es gibt
       Alternativen zum Torf, etwa Kompost, Kokosfasern oder Rindenmulch“, sagt
       Anna Hackstein, Geschäftsführerin des Industrieverbands Garten, „aber nicht
       in den Mengen und in der Qualität, wie wir sie benötigen“. Die Erden- und
       Substrathersteller haben sich verpflichtet, [4][den Torfanteil in
       Gartenerde] bis 2025 von jetzt 52 Prozent auf 50 Prozent zu senken, bis
       2030 auf 30 Prozent. Diese Zeit brauche man auch, sagt Hackstein.
       
       Um auch trockene Böden stärker als Lebensraum und CO2-Speicher zu nutzen,
       sollen zu den vorhandenen etwa 795.000 Hektar Grünland, Heiden und
       Gewässerrandstreifen in den nächsten acht Jahren 503.000 Hektar
       hinzukommen. Ihre Pflege soll finanziell gefördert werden.
       
       Klima- und Biodiversitätsschutz in Städten und Gemeinden soll unter anderem
       mit mehr Bäumen erreicht werden. „Wir werden Kommunen bei der Erstellung
       von Straßenbaumkonzepten und der Pflanzung von insgesamt 150.000
       zusätzlichen Bäumen bis 2030 unterstützen“, heißt es. Außerdem ist eine
       Beratungsagentur vorgesehen, die Kommunen bei der Bauleitplanung
       unterstützt. „Schätzungen zufolge sind rund zehn Prozent der gesamten
       Treibhausgas-Emissionen in Deutschland auf die Landnutzung und
       Landnutzungsänderungen zurückzuführen“, schreibt Lemkes Ministerium – unter
       anderem durch Neubauten.
       
       Zwar sei der natürliche Klimaschutz ein wesentlicher Baustein für die
       Erreichung der Klimaziele, sagte die umweltpolitische Sprecherin der
       Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU), der Deutschen Presse-Agentur. Lemkes
       Entwurf entschärfe aber nicht den Zielkonflikt zwischen immer mehr
       Flächenschutz einerseits und Flächen zur Nahrungsmittelproduktion
       andererseits.
       
       Von den Umweltverbänden erhielt Lemke für ihren Vorstoß Lob, allerdings
       mahnten sie seine Umsetzung an. „Messen werden wir das Programm an seiner
       tatsächlichen Wirksamkeit. Hierfür muss der Entwurf noch nachgeschärft und
       konkretisiert werden“, teilte der Nabu mit. Das Aktionsprogramm will Lemke
       im nächsten Frühjahr ins Kabinett einbringen und erste Maßnahmen noch im
       Laufe dieser Legislaturperiode umsetzen.
       
       31 Aug 2022
       
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