# taz.de -- Ethereum-Blockchain spart Strom: Grüner Umbruch in Krypto-Branche
       
       > Die nach Bitcoin wichtigste Blockchain Ethereum hat auf ein
       > stromsparendes Verfahren umgestellt. Das erhöht den Druck auf Bitcoin.
       
 (IMG) Bild: Die Logos von Ethereum und Bitcoin auf einem Geschäft für den Tausch von Kryptowährungen
       
       Sogar Google kam irgendwann nicht mehr vorbei an der Aufregung. In seine
       Suchmaschine baute der Konzern vor ein paar Tagen einen Countdown ein: Wer
       etwa nach „Ethereum Merge“ googelte, bekam vor der üblichen Ergebnisliste
       angezeigt, wie viele Tage, Stunden und Minuten es noch dauern würde, bis
       die Blockchain Ethereum [1][ihre Umstellung auf einen stromsparenden
       Mechanismus] abgeschlossen haben würde. Ein Countdown zum Stromsparen. Denn
       auch wenn erst mal alles technisch klingt – es ist längst nicht nur ein
       Tech-Ding, um das es hier geht.
       
       Für alle, an denen die Aufregung vorbeigegangen ist: Ethereum ist die nach
       Bitcoin wichtigste Blockchain. Auf den ersten Blick haben beide
       unterschiedliche Spezialitäten: Bitcoin [2][ist mit seiner Kryptowährung
       populär], Ethereum hat sich vor allem mit Smart Contracts einen Namen
       gemacht. Dabei handelt es sich um automatisiert abgeschlossene Verträge.
       
       Momentan werden sie beispielsweise genutzt, um aus einer beliebig
       kopierbaren Datei – zum Beispiel einem selbst aufgenommenen Foto – ein
       Unikat zu machen, das sich dann verkaufen lässt. Perspektivisch sollen die
       Anwendungen deutlich breiter werden: So könnte eines Tages ein voll
       geladenes Solarauto einem mit leerem Akku gestranden Fahrzeug etwas Strom
       verkaufen. Die Ökobilanz der Blockchain dahinter ist also durchaus
       relevant.
       
       Doch beide Blockchains hatten bislang auch etwas gemeinsam: So baute
       Ethereum in der Vergangenheit und Bitcoin immer noch auf einem sehr
       stromintensiven Rechenmechanismus auf. Der heißt Proof of Work und soll
       sicherstellen, dass niemand etwas an der Blockchain herummanipulieren kann
       und sich alle Teilnehmer:innen auch ohne zentrale Instanz vertrauen
       dürfen. Man spricht daher von einem Konsensmechanismus.
       
       ## Aus der Zeit gefallen
       
       Technisch gesehen ist der Proof of Work durchaus eine sichere und sinnvolle
       Architektur. Wenn es aber angesichts der Klimakrise darum geht, fossile
       Energien massiv herunterzufahren und die verfügbaren Erneuerbaren möglichst
       sinnvoll zu verteilen, dann ist das stromintensive Verfahren vor allem
       eines: ziemlich aus der Zeit gefallen.
       
       Kryptowährungen und Smart-Contract-Blockchains, die so viel Strom
       verbrauchen wie ganze Nationen, [3][geraten also unter
       Rechtfertigungsdruck]. Zumal es längst stromsparende Mechanismen gibt.
       Ethereum konnte mit diesem Druck immer gut umgehen: Der Schöpfer der
       Blockchain, Vitalik Buterin, hat schon vor Jahren dafür geworben, auf das
       stromsparende Proof-of-Stake-Verfahren umzustellen. Statt mit
       energieintensiven Rechenoperationen arbeitet dieses unter anderem mit einem
       Zufallsalgorithmus. Weil aber eine Blaupause für einen solchen Umstieg
       fehlte, zog und zog sich das Ganze – so dass es mittlerweile fast zum
       Running Gag wurde. Wann räumst du endlich dein Zimmer auf? Wenn Ethereum
       auf Proof of Stake umgestellt hat. Sorry, Nerd-Humor.
       
       ## Energiebedarf um 99 Prozent reduziert
       
       Dass das Ganze Merge heißt, was eher Verschmelzung bedeutet, liegt an einem
       Detail: Technisch gesehen wurde nicht ein Schalter von „Friss Strom“ auf
       „Spare Strom“ umgelegt. Sondern es geht um die Verschmelzung zweier
       Blockchains, die lange vorbereitet und getestet wurde.
       
       Seit Donnerstagfrüh ist jedenfalls klar: Es hat geklappt. Expert:innen
       gehen davon aus, dass der Energiebedarf damit in einer Größenordnung von 99
       Prozent reduziert wird. „Die Verschmelzung wird den weltweiten
       Stromverbrauch um 0,2 Prozent reduzieren“, [4][twitterte Buterin nach dem
       Abschluss].
       
       Mit Spannung war vorher erwartet worden, wie viele
       Ethereum-Teilnehmer:innen nicht mit umstellen – Schätzungen gingen davon
       aus, dass der Anteil um die 15 Prozent des gehandelten Wertes ausmachen
       wird. Nun sind es aber nur 1,5 Prozent. Das macht es für Einzelne
       unattraktiver, weiter an der abgesplitteten Blockchain mit dem alten
       Verfahren festzuhalten.
       
       ## Ungemütlich für Bitcoin
       
       Für Bitcoin heißt das: Es wird ungemütlich. Denn wenn ein Umstieg technisch
       machbar und ökologisch überfällig, aber von der Community nicht gewollt
       ist, rückt eine Frage in den Mittelpunkt: Warum sollte das stromintensive
       Verfahren noch erlaubt bleiben? Produzenten kleiner Elektronikgeräte werden
       schließlich auch zu einheitlichen Ladekabeln verpflichtet.
       Smartphone-Hersteller sollen perspektivisch einen Reparatur-Index ausweisen
       müssen und Glühlampen sind in der EU ja schon seit Jahren nicht mehr im
       Verkauf. Verschiedene Cloud-Anbieter setzen von selbst auf erneuerbare
       Energien und Apple hat zumindest mitbekommen, dass Verbraucher:innen
       das Thema Reparierbarkeit wichtig ist. In Teilen der Tech-Branche ist also
       zumindest ein Bewusstsein für die Klimakrise da – und ein paar Ideen, wie
       man damit umgeht. Dass die Umsetzung häufig weniger überzeugt, liegt auch
       daran, dass Klimaschutz sich nicht unbedingt finanziell lohnt. Was auch ein
       Problem ist.
       
       In der EU ist [5][das Thema Bitcoin-Stromverbrauch] jedenfalls präsent,
       inklusive seiner möglichen Regulierungsoptionen: Das Mining verbieten? Dann
       würde sich der ohnehin kleine Teil an Bitcoin-Erzeugung, der noch in Europa
       stattfindet, in andere Länder verlagern. Den Handel mit Bitcoins
       untersagen? Das wäre ein sehr invasiver Eingriff. Darauf setzen, dass sich
       mit der Zeit Öko-Bitcoins etablieren, die etwa mit der Solaranlage vom
       eigenen Dach erzeugt wurden? Könnte kniffelig werden, das in jedem Fall
       sauber nachzuweisen.
       
       Ob am Ende die Bitcoin-Miner:innen oder die Politik schneller sind?
       Vielleicht wäre ein Countdown gut.
       
       15 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Energieverbrauch-von-Kryptowaehrungen/!5876147
 (DIR) [2] /Kryptowaehrung-als-Zahlungsmittel/!5847835
 (DIR) [3] /!5832286/
 (DIR) [4] https://twitter.com/VitalikButerin/status/1570299062800510976
 (DIR) [5] /Emissionen-durch-Bitcoin-Nutzung/!5773789
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Blockchain
 (DIR) GNS
 (DIR) Sparen
 (DIR) Strompreis
 (DIR) Bitcoin
 (DIR) Stromverbrauch
 (DIR) Geld
 (DIR) Kryptowährung
 (DIR) Kryptowährung
 (DIR) Kryptowährung
 (DIR) Bitcoin
 (DIR) Kryptowährung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Digitaler Euro: Überflüssiges Geld
       
       Die EZB will einen digitalen Euro einführen. Eine PR-Aktion, in der
       Hoffnung, damit den Hype um Kryptowährungen zu beenden.
       
 (DIR) Zentralbank kritisiert Kryptowährung: EZB sieht Bitcoin vor dem Ende
       
       Experten der Europäischen Zentralbank erkennen ein Ende des Booms für
       Kryptowährungen. Sie sehen ihre alten Zweifel bestätigt.
       
 (DIR) Kryptobörse FTX droht Insolvenz: Vermögen eingefroren
       
       Noch am Dienstag versicherte der CEO der Kryptobörse FTX, man sei liquide.
       Nun droht die Abwicklung. Viele Kunden der Plattform fürchten um ihr Geld.
       
 (DIR) Kryptowährung als Zahlungsmittel: Bitcoins Vormarsch
       
       Die Zentralafrikanische Republik führt die Kryptowährung als offizielles
       Zahlungsmittel ein – wie schon El Salvador. Was steckt dahinter?
       
 (DIR) Studie zu Ressourcenverbrauch: Bitcoin vergrößert Müllberg
       
       Forscher haben ausgerechnet, wie viel Elektronikschrott durch Mining der
       Kryptowährung Bitcoin entsteht. Doch Bitcoin ist nur die Spitze des
       Eisbergs.
       
 (DIR) Krypto-Experten über Verschlüsselung: „Auch Bitcoin wird angreifbar“
       
       Das Zeitalter der Rechner, die heutige Verschlüsselung knacken können,
       rückt näher. Ein Gespräch mit zwei Krypto-Experten über neue Standards.