# taz.de -- Deutsche Waffendebatte: Leopard, Kubicki und andere Panzer
       
       > Gutes Gerät, schlechtes Gerät: Die Berliner CDU will alte Sowjet-Panzer
       > loswerden. Gleichzeitig hat das Waffen-Bescheidwisser:innentum
       > Konjunktur.
       
 (IMG) Bild: Kampfpanzer Leopard 2
       
       Panzer oder keine Panzer – und wenn ja welche? Die öffentliche Debatte geht
       munter weiter, obwohl sich der Krieg gegen die Ukraine gerade eher in der
       Luft abspielt und das erstaunlich schnell vom Hause Lambrecht gelieferte
       Luftabwehrsystem Iris-T dort (hoffentlich) gute Dienste verrichtet – auf
       jeden Fall bessere als nicht gelieferte Leopard-Kampfpanzer.
       
       Doch unsere schönen Panzerdiskussionen lassen wir Deutschen uns so leicht
       nicht nehmen – wo wir uns in den vergangenen Monaten doch erst mühsam, von
       Talkshow zu Talkshow, vom Pazifistenvolk zu [1][kriegswaffenkundigen
       Bescheidwisser:innen] gemausert haben. Ich zum Beispiel habe erst
       kürzlich kapiert, dass mein Sohn, wenn er von Leopard, Marder und Büffel
       spricht, sich nicht auf den Bio-Unterricht bezieht, sondern
       Waffenkunde-Smalltalk betreibt.
       
       Der Krieg ist, zum Glück nur in Form von Quartettkarten-Wissen, im
       Kinderzimmer angekommen. Vorbei die Zeiten, als es noch um den Kleinen
       Maulwurf ging, später dann um den Weißen Hai. Jetzt werden am
       Frühstückstisch Frontlinien-News erörtert – quasi synchron mit den
       Kriegsmeldungen aus dem Radio.
       
       Aber zurück zu den Panzern: Jetzt hat selbst die Ukraine ihr schwerstes
       Gerät, den Panzerdiplomaten Andrij Melnyk, aus Berlin abgezogen: „Erhobenen
       Hauptes mit reinem Gewissen“, wie er auf Twitter schreibt, kehrt dieser nun
       nach Kiew zurück und wird künftig aus dem Außenministerium rhetorische
       Geschütze nach Berlin abfeuern.
       
       ## Panzerwrack für Berlin-Mitte
       
       Er hinterlässt ein paar beleidigte Leberwürste, dafür bekommt Berlin nun
       ein 40 Tonnen schweres, zerbeultes russisches Panzerwrack. Das darf laut
       Gerichtsbeschluss jetzt doch für zwei Wochen als Mahnmal in Nähe der
       russischen Botschaft aufgestellt werden, wie von einem privaten Museum
       beantragt. Die Pietätsbedenken des Bezirks, schließlich seien in dem
       Fahrzeug „wahrscheinlich Menschen gestorben“, [2][fand das Gericht weniger
       gewichtig als die Meinungsfreiheit]. Das zerbeulte Ding soll bald in der
       Schadowstraße stehen, einer Seitenstraße von Unter den Linden.
       
       Künftig werde ich also auf dem Weg zur Arbeit an drei russischen Panzern
       vorbeiradeln. Denn an der Straße des 17. Juni stehen ja noch sehr prominent
       zwei sowjetische Exemplare, in Erinnerung an die bei der Befreiung Berlins
       gestorbenen Soldaten der Roten Armee. Seit Februar wird das Sowjetische
       Ehrenmal von der Polizei bewacht, und, ja, ich hatte auch schon wenig
       pazifistische Gedanken beim Vorbeifahren. Vor allem immer dann, wenn ich
       gerade ein Grüppchen umfahren hatte, das in Sichtweite zur russischen
       Botschaft Plakate gegen die „Nato-Kriegstreiber“ hochhält. Ob diesen Leuten
       durch den Anblick eines kaputten Panzers irgendein Licht aufgeht, wage ich
       zu bezweifeln.
       
       Die Berliner CDU hat nun eine andere Idee: Die Panzer am 17. Juni müssen
       weg – angesichts des russischen Angriffskriegs sei die Grundlage für diese
       Form des Mahnmals zerstört, verlautete aus ihrer Fraktion im
       Abgeordnetenhaus. Wie bitte? Ach so, in Berlin ist ja wieder Wahlkampf:
       Gerade streitet man sich darüber, ob die Bundestagswahl nächstes Jahr in
       300 oder 400 Wahllokalen wiederholt werden muss. Vorher feuert die in
       Berlin traditionell zerbeulte CDU schon mal ein paar Blindgänger ab.
       
       ## Kubicki und Koch-Mehrins Gatte
       
       Männlich-schussbereit und zielstrebig: Wie ein Panzer veralteter Bauart
       präsentierte sich diese Woche dagegen die FDP in Gestalt von [3][Parteivize
       Wolfgang Kubicki] bei „Maischberger“: Er und Christian Lindner hätten der
       sexistischen Kultur in der Partei ein Ende bereitet, tönte Kubicki. Und
       erzählte dann, wie er seine Parteikollegin Silvana Koch-Mehrin in Brüssel
       mit einem Jobangebot „angebaggert“ habe. Als deren durchtrainierter Ehemann
       erschien, habe er sich verzogen.
       
       Ich finde: Auch Kubicki hat, als einer der hoffentlich Letzten seiner Art
       in der Politik, ein Denkmal verdient. Er könnte etwa, Weinflasche in der
       Hand, auf einem Stück Gaspipeline reiten, einem davoneilenden Damenbein
       nachschauend. Die FDP-Parteizentrale liegt übrigens auch auf meinem Weg zur
       Arbeit.
       
       16 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Debatte-um-deutsche-Waffenlieferungen/!5877958
 (DIR) [2] /Urteil-des-Berliner-Verwaltungsgerichts/!5888073
 (DIR) [3] /Neues-Buch-von-Alice-Schwarzer/!5068885
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nina Apin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Der rote Faden
 (DIR) Schwere Waffen
 (DIR) Wochenkommentar
 (DIR) Leopard-Panzer
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts: Panzer darf vor russische Botschaft
       
       Eine Stadträtin sperrte sich dagegen, dass Unter den Linden ein Panzerwrack
       aufgestellt wird. Ein Gericht lehrt sie nun, was Meinungsfreiheit ist.
       
 (DIR) Debatte um Panzerlieferungen nach Kiew: Deutsche Irrtümer
       
       Die deutsche Debatte um Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine wird
       mit vielen Emotionen geführt. Doch es fehlt strategischer Weitblick.
       
 (DIR) Waffen für die Ukraine: Berlin erlaubt Panzerlieferung
       
       Tschechische Firma darf ausgemusterte frühere NVA-Schützenpanzer in die
       Ukraine exportieren. Es handelt sich um sowjetische Produkte.