# taz.de -- Schwere Vorwürfe gegen Paris St. Germain: Virtuelle Blutgrätschen
       
       > Paris St. Germain soll mit gefakten Accounts Stimmungsmache betrieben
       > haben. Ein Feld ganz neuer Möglichkeiten eröffnet sich.
       
 (IMG) Bild: Opfer einer Social-Media-Kampagne seines Klubs? Kylian Mbappé freut sich hier über ein Tor
       
       Ob Hertha-Investor Lars Windhorst nun aufgrund der jüngsten Nachrichten von
       diesem anderen Big City Club in Europa so etwas wie Genugtuung verspürt?
       Eine „digitale Armee“ soll der Pariser Hauptklub, der in der Hand eines
       katarischen Investmentfonds ist, auf Geheiß des Kommunikationschefs
       Jean-Martial Ribes rekrutiert haben, um die Stimmung auf den
       Social-Media-Kanälen im Interesse der Geldgeber aus Katar zu formen.
       
       [1][Mehr oder minder der gleiche Tatbestand wird auch Windhorst derzeit
       vorgeworfen.] Mit Hilfe eines israelischen Dienstleisters soll er auf
       Social-Media-Kanälen negative Stimmung im Wahlkampf gegen den amtierenden
       Präsidenten geschaffen haben. Eine Investition im siebenstelligen Bereich
       soll ihm das wert gewesen sein, um sich und Hertha mehr Freiheit zu
       verschaffen. Der Fußball scheint eine neue Spielwiese für sich entdeckt zu
       haben. Agiert Hertha in der modernen Wettkampfführung also schon auf
       Champions-League-Niveau, auf Augenhöhe mit dem luxuriösesten Projekt des
       internationalen Fußballs?
       
       Im World Wide Web, dort, wo sich Emotionen am schnellsten und intensivsten
       schüren lassen, sollen abwanderungswillige Spieler von PSG samt ihrem
       Umfeld Mobbingattacken ausgesetzt gewesen sein. Eine Brasilianerin, die
       ihren Ex-Freund Neymar der Vergewaltigung bezichtigt hat, wurde als
       geisteskrank gebrandmarkt.
       
       Und selbst der Stürmerstar Kylian Mbappé, der vom Klub offiziell in den
       Stand der Unantastbarkeit gehoben wurde, soll von eigens massenhaft
       geschaffenen Fakeaccounts wegen vereinsschädigendem Verhalten gemaßregelt
       worden sein. Das Nachrichtenportal [2][mediapart.fr] sieht seine Vorwürfe
       durch einen 50-seitigen Tätigkeitsbericht, den eine Digitalagentur in der
       Saison 2018/19 verfasst hat, bestätigt.
       
       ## Profitable Grauzone
       
       Paris St. Germain streitet die Vorwürfe freilich ab. So hat auch Windhorst
       reagiert. Gefühlsballungen im Internet wirken so gewöhnlich und
       naturgewaltig, dass deren Inszenierung nur schwer nachzuweisen ist. Stimmt
       das nun oder nicht? Aus dieser Grauzone lässt sich für die Profiklubs noch
       viel mehr herausholen.
       
       Bislang schaut man bei der Social-Media-Arbeit der Vereine
       langweiligerweise völlig linear auf deren wachsende Reichweite. Und
       natürlich feiert auch hier in Deutschland der FC Bayern mit seinen über 100
       Millionen Followern Jahr für Jahr die Social-Media-Meisterschaft. Die
       Gerüchte in Berlin und Paris legen aber nahe, dass sich den
       Digitalabteilungen der Klubs bald ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
       
       Hätte man Lars Windhorst für seine guten Absichten gerüchtehalber nicht so
       schnell kriminalisiert, hätte er diese Woche vielleicht einen Auftrag
       herausgegeben, mit ein paar tausend Fake Accounts die Unruhe beim 1. FC
       Union Berlin zu verstärken. Hatte der Tabellenführer doch schon innerhalb
       der eigenen Fanszene für reichlich Irritationen gesorgt, weil man [3][den
       fremdenfeindlichen ungarischen Regierungschef Viktór Orban so
       gastfreundlich in der Alten Försterei wegen einer Privatangelegenheit
       empfing.] Und ist dem Serienmeister FC Bayern vielleicht doch noch
       beizukommen, wenn die Konkurrenz verstärkt auf Social-Media-Angriffe aus
       dem Nichts setzt?
       
       Wie empfindlich man den FC Bayern auf dieser Ebene treffen kann, konnte man
       vergangenen Mai lesen. Als Robert Lewandowski ein Bayern-Foto aus seinem
       Twitterprofil löschte, meldete der Boulevard: die Lage spitzt sich zu. Die
       Idee stammte bestimmt von den Social-Media-Profis des FC Barcelona. Und
       schon ist die Bundesliga spannender geworden.
       
       14 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Hertha-Investor-unter-boesem-Verdacht/!5880469
 (DIR) [2] https://www.mediapart.fr/
 (DIR) [3] /Ungarns-Premier-beim-1-FC-Union/!5883960
       
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 (DIR) Johannes Kopp
       
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